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Ausstellung: KZ-Mörder im Liegestuhl  
  Gemütlichkeit am Rande des Grauens: Das Holocaust-Museum in Washington hat Fotos vorgestellt, die SS-Offiziere des Vernichtungslagers Auschwitz entspannt im Liegestuhl, lachend gemeinsam mit jungen Frauen und beim Bier im Garten zeigen - während zur gleichen Zeit zahllose Menschen in Gaskammern sterben.  
Die insgesamt 116 Aufnahmen stammen von Karl Höcker, der von Mai 1944 bis Jänner 1945 Adjutant des Lagerkommandanten Richard Baer war, wie das Museum am Mittwoch (Ortszeit) mitteilte. Das Fotoalbum enthält auch seltene Aufnahmen des berüchtigten Lagerarztes Josef Mengele.
Schockierende Normalität
 
Bild: EPA

"Diese einzigartigen Fotografien illustrieren die abgeschlossene Welt, die sie (die Täter) genossen, während sie eine Welt unfassbaren Leids bewachten", sagte Museumsdirektorin Sara Bloomfield. "Es ist schwer, die Leute zu ergründen, die diese Lager betrieben."

Die Fotos waren dem Museum unlängst von einem pensionierten US-Geheimdienstmitarbeiter zur Verfügung gestellt worden, der das Album 1946 in einer Wohnung in Frankfurt entdeckt hatte. Nach Angaben des Museums ist es erst die zweite bekannte Sammlung von Aufnahmen, die im Lager Auschwitz während der Judenvernichtung gemacht wurden.

Bild oben: SS-Offizier Karl Höcker und SS-Helferinnen entspannen sich auf der Terrasse der Solahütte, die KZ-Aufsehern als Erholungsheim diente. Einige Kilometer weiter, im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, wurden indessen Menschen vergast.
Erholung für KZ-Leiter
 
Bild: EPA

Bild oben: Ein Akkordeonspieler gibt einige Stücke vor SS-Offizieren in der Nähe der Solahütte zum Besten. In der ersten Reihe stehen: Karl Höcker, Otto Moll (SS-Hauptscharführer, Chef der KZ-Krematorien in Auschwitz-Birkenau), Rudolf Höß (SS-Obersturmbannführer, KZ-Kommandant), Richard Baer (SS-Sturmbannführer, KZ-Kommandant), Josef Karmer (SS-Hauptsturmführer, KZ-Kommandant), Franz Hössler (SS-Obersturmführer, KZ-Kommandant) sowie Josef Mengele (KZ-Arzt, auch als "Todesengel von Auschwitz" bekannt).
Blaubeeren und Massenmord
 
Bild: EPA

Der Krieg und der Massenmord der Nazis spielen auf den Schwarz-Weiß-Bildern Höckers keine Rolle, hieß es. Auf einem Foto ist der Adjutant zu sehen, wie er flankiert von jungen Frauen und einem Akkordeonspieler lacht.

Auf obigem Bild verteilt Höcker Blaubeeren an SS-Helferinnen, die auf einem Geländer sitzen. Am selben Tag, an dem das Foto geschossen wurde, trafen laut Holocaust-Museum 150 neue Gefangene ein. Die SS wählte 23 von ihnen für Zwangsarbeit aus und tötete die übrigen in den Gaskammern.

Höcker floh gemeinsam mit Kommandant Baer vor den heranrückenden sowjetischen Truppen im Jänner 1945 nach Deutschland. Dort fand er laut Museum zunächst eine Anstellung bei einer Bank in einer Kleinstadt, bevor er 1965 wegen der Naziverbrechen verurteilt wurde und fünf Jahre Haft absaß. Höcker starb 2000 im Alter von 88 Jahren.

[science.ORF.at/dpa, 21.9.07]
Links zur Ausstellung:
->   Auschwitz through the lens of the SS
->   United States Holocaust Memorial Museum
 
 
 
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01.01.2010