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Unizugang: Beschränkung soll verlängert werden  
  Die seit dem Studienjahr 2005/06 geltende Regelung über die Zugangsbeschränkungen in acht Studienfächern soll bis Ende 2009 verlängert werden. Das sieht ein Gesetzesentwurf von Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) vor.  
Bisher bestanden Beschränkungen in den Fächern Humanmedizin, Zahnmedizin, Veterinärmedizin, Publizistik, Psychologie, Biologie, Pharmazie und Betriebswirtschaftslehre. Der Gesetzesentwurf wurde am Montag in Begutachtung geschickt.
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Beschränkungen in acht Fächern
Seit dem Studienjahr 2005/06 dürfen die österreichischen Universitäten in acht Fächern den Zugang beschränken. Einschränkung: Dabei darf die Anfängerzahl der vergangenen drei Jahre im betreffenden Fach nicht unterschritten werden.
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Hahn will "prophylaktisch" handeln
Als Begründung für die Verlängerung der Beschränkungen gilt laut Hahn der erwartete deutsche "Abiturientenberg": In den Jahren 2007 bis 2015 gibt es in zehn deutschen Bundesländern doppelte Abitur-Jahrgänge, weil dort die Gymnasialzeit von neun auf acht Jahre verkürzt wurde und - je nach Bundesland gestaffelt - in bestimmten Jahren sowohl die letzten Abiturienten-Jahrgänge aus dem alten sowie die ersten aus dem neuen System gleichzeitig mit der Schule fertig werden. Folge: Doppelt so viele Studienwerber aus dem jeweiligen Bundesland könnten nach Österreich drängen.

Weiteres "Zuckerl" für deutsche Studenten: Sie können neuerdings ihre Studienförderung mit ins Ausland nehmen. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der deutschen Studenten im Ausland daher im zweistelligen Prozentbereich angestiegen.

Angesichts dieser Herausforderungen will Hahn "prophylaktisch" handeln, "bevor ich in einem halben Jahr draufkomme, ich muss das wieder reparieren". Ob die Unis tatsächlich Beschränkungen verhängen, liege ohnehin in ihrem Ermessen - bisher seien die Hochschulen sehr verantwortungsvoll damit umgegangen.
Keine zentral verordnete Aufstockung
Eine zentral verordnete Aufstockung der Studienplätze auf Grund der Verlängerung der Platzbeschränkung wird es laut Johannes Hahn nicht geben. Die Unis müssten über zusätzliche Plätze innerhalb der derzeit geltenden Leistungsvereinbarung selbst entscheiden.

In den vergangenen Jahren hätten sie Profile definiert, in welche Richtung sie sich entwickeln wollen. Dazu komme die Frage, ob man etwa in Wien wirklich mehr als 960 Publizisten brauche (an der Uni Wien gilt eine Platzbeschränkung von 962 Studienanfängern in der Publizistik, Anm.).
Unterstützung der SPÖ notwendig ...
Für die Verlängerung der Platzbeschränkung, die über eine Änderung des Paragrafen 124b des Universitätsgesetzes (UG) erfolgen soll, braucht Hahn die Zustimmung der SPÖ, mit der er auch rechnet. So habe etwa SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser zuletzt eine Beschränkung der Plätze an den Pädagogischen Hochschulen (PH) gefordert.

Die Verlängerung der Beschränkung an den Unis erfolge aus denselben Gründen: "Das mache ich ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern als notwendige Maßnahme, weil zu viele Studienwerber auf den Markt drängen." Man könne auch nicht die Zahl der Plätze beliebig ausdehnen.
... aber nicht fix
Aus der SPÖ gibt es Kritik an Hahns Initiative: SPÖ-Wissenschaftssprecher Josef Broukal spricht von einem "unabgesprochenen Alleingang". Eine Verlängerung der Beschränkungen sei nur denkbar, wenn die Studienplätze in diesen Fächern um mindestens zehn Prozent aufgestockt werden, so Broukal in einer Aussendung.

Es gehe auch nicht an, dass die Unis dies selbst entscheiden sollten. "Universitäten sind keine unabhängigen Privatunternehmen, in deren Betriebsführung der Staat nicht eingreifen darf, sondern staatliche Einrichtungen", so Broukal gegenüber der APA. "Der Staat ist zu 90 Prozent ihr Zahler."
Entwurf nur "Beginn der Diskussion"
Den Entwurf sieht Broukal nur als "Beginn der Diskussion": "Mit dem primitiven Alarmruf 'Hilfe, die Deutschen kommen' geben wir uns nicht zufrieden." Hahn vergesse, dass er mit der Beschränkung auch österreichischen Maturanten die Möglichkeit nehme, ihr Wunschstudium zu studieren. Wenn man die Studentenzahl um zehn Prozent aufstocke, seien unter den Neuen sicher zwei Drittel Österreicher, denen man damit die Chance zu einem Studium ihrer Wahl gebe.
BZÖ: "Ändert nichts an Gesamtproblematik"
Das BZÖ sieht Hahns Entwurf als "zwar durchaus positiven Schritt, aber nur eine Fristverlängerung". Dieser ändere "nichts an der Gesamtproblematik einer finanziellen Unterdotierung der Universitäten" bzw. der zu geringen Anzahl der Ausbildungsplätze, so BZÖ-Wissenschaftssprecher Gernot Darmann in einer Aussendung. Statt eines vernünftigen Gesamtpakets werde "nur ein unsicheres Provisorium verlängert".
Rektorenkonferenz erfreut, ÖH entsetzt
Die Rektorenkonferenz (ÖRK) begrüßt den Plan, die Zugangsbeschränkungen für acht Studienrichtungen um weitere zwei Jahre zu verlängern. Allerdings verlangt die ÖRK weiter eine "grundsätzliche Regelung" des Hochschulzugangs.

Die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) zeigte sich dagegen "entsetzt über diesen Schlag ins Gesicht der Studierenden". Die Verlängerung der Beschränkungen in allen acht Fächern sei "nicht nur absolut unnötig, sondern eine regelrechte Verarschung der angehenden Studierenden", so ÖH-Chef Hartwig Brandl in einer Aussendung. Österreich brauche keine Zugangsbeschränkungen, sondern mehr Akademiker und Studienanfänger.
Grüne: "Absurde" Diskussion
In das gleiche Horn wie die ÖH stoßen die Grünen: "Geradezu absurd" ist die Diskussion für den grünen Wissenschaftssprecher Kurt Grünewald. Gerade habe die OECD Österreich empfohlen, die Zahl von Studierenden und Akademikern zu erhöhen.

Die Regierung denke dagegen über eine Deckelung von Studienplätzen auf niedrigem Niveau nach, so Grünewald in einer Aussendung. Die Regierung "reiht eine Notwehraktion an die andere und betreibt lediglich Systemkosmetik und Feuerwehraktionen".

[science.ORF.at/APA, 24.9.07]
->   Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
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01.01.2010