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"Bürgerjournalisten" keine Konkurrenz für Medien  
  Der "citizen journalism" stellt laut einer US-Studie keine direkte Konkurrenz für die klassischen Medien dar - die Themenschwerpunkte weichen offenbar zu stark voneinander ab.  
Während Massenmedien eher Politik thematisieren, bieten Bürgerjournalisten mehr Nachrichten aus Technologie und Wissenschaft. Amateurjournalisten gewinnen ihre Geschichten zu siebzig Prozent aus Blogs oder Websites wie "YouTube". Klassische Journalisten aus dem Print- oder TV-Bereich greifen lieber auf Agenturmeldungen oder Eigenrecherche zurück.
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Das "Project for Excellence in Journalism" (PEJ) verglich im Juni 2007 drei US-amerikanische Websites, deren Nachrichtenauswahl den Usern überlassen wird, mit 48 etablierten Medien.
->   Die Ergebnisse (pdf-File)
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Kontrolle der "Vierten Gewalt"
In einer demokratischen Gesellschaft erfüllen Massenmedien die Aufgabe der "Vierten Gewalt", einer Kontrollinstanz für die drei Säulen Exekutive, Legislative und Judikative. Ohne investigativen Journalismus wären politische Brennpunkte wie die "Watergate Affäre" in den USA oder der "Fall Lucona" in Österreich nie in die Öffentlichkeit gerückt.

Kontrolliert werden die Kontrolleure seit einiger Zeit von Amateur-Journalisten, die das Konzept des "citizen journalism" verinnerlicht haben und das Vermitteln von "unabhängigen, verlässlichen, genauen, ausführlichen und relevanten Informationen, die eine Demokratie benötigt", als ihr Ziel ansehen, wie es in "Wikipedia" heißt.
Kaum thematische Übereinstimmung
Die Forscher fanden heraus, dass in Bezug auf die Themenauswahl kaum Übereinstimmung bestand. Das Hauptaugenmerk der Websites "Reddit", "Digg" und "Del.icio.us" wurde laut Studie eher auf Technologie und Populärwissenschaft gelegt, also auf "news you can use".

Etwa 40 Prozent der Meldungen befassten sich mit Technik. 20 Prozent fielen der Rubrik Lifestyle zu - in den untersuchten Massenmedien waren nur rund drei Prozent der Nachrichten auf diesen Schwerpunkt ausgerichtet. Denn dort hatten vor allem politische Themen wie der Irak-Krieg oder Migration einen hohen Nachrichtenwert.
Die Welt ist kein Dorf
Das Internet wird dem Slogan "Die Welt ist ein Dorf" nicht gerecht, wenn man die Studienergebnisse betrachtet: Trotz Verschwinden der Distanzen und Grenzen, brachten die drei untersuchten Websites im Gegensatz zu den Massenmedien eher inländische Nachrichten und kaum Meldungen von außen.

Auch die Quellensammlung gestaltet sich bei den beiden Zugängen zum Journalismus anders: Während die Bürgerjournalisten bei sieben von zehn Nachrichten auf Blogeinträge oder Sites aus dem Schlaraffenland des Web 2.0 wie "YouTube" zurückgreifen, vertrauen Massenmedien eher Agenturmeldungen oder eigener Recherche.

Laut Studie stammen nur ein Prozent der Nachrichten von "Reddit", "Digg" und "Del.icio.us" aus Eigenrecherche.
Leserblogs und Bürgerpaparazzi
Gibt man den Begriff "citizen journalism" in die Suchmaschine "Google" ein, erhält man rund zwei Millionen Einträge. Trotz ihres hohen Bekanntheitsgrads, verbreiten die Bürgerjournalisten andere Inhalte als klassische Medien und stellen somit laut den Autoren keine ernsthafte "Bedrohung" dar.

Traditionelle Medienunternehmen versuchen aber immer mehr ihre Leserschaft in den journalistischen Prozess einzubinden. Die französische "LeMonde" etwa bietet Leserblogs an - und die deutsche "Bild"-Zeitung appelliert gar an ihre Leser, sich als "Bürgerpaparazzi" zu betätigen.

Karin Jirku, science.ORF.at, 1.10.07
->   Project for Excellence in Journalism (PEJ)
->   Citizen Journalism - Wikipedia
Mehr dazu in science.ORF.at:
->   Wertesystem des Nachrichtenjournalismus (13.5.02)
 
 
 
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01.01.2010