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Wittgensteinpreis für Biochemie und Mathematik  
  Der Grazer Biochemiker Rudolf Zechner (53) und der Wiener Mathematiker Christian Krattenthaler (49) erhalten den Wittgensteinpreis 2007. Der mit je 1,5 Mio. Euro dotierte höchste Wissenschaftspreis des Landes gilt als "Austro-Nobelpreis".  
Angesichts eines "derart tollen Angebots an Kandidaten", sei man von der üblichen Regelung der Zahl der Preisträger - ein Wittgenstein- und fünf START-Preisträger - abgewichen und habe "am Wochenende im Budget gegraben und umgeschichtet", damit heuer zwei Wittgenstein- und acht START-Preise vergeben werden können, erklärte Wissenschaftsminister Johannes Hahn (ÖVP) bei einer Pressekonferenz in Wien.

FWF-Präsident Christoph Kratky sieht diese Budgeterhöhung von 7,5 auf elf Mio. Euro als ein "Geburtstagsgeschenk" für den FWF, der am Montag sein 40-jähriges Bestehen feiert.
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Kaum Frauen, kaum Sozialwissenschaften
Der Wittgenstein-Preis wird seit 1996 jährlich vom Bildungsministerium vergeben. Die Auswahl wird vom Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) abgewickelt. Seit Beginn wurden insgesamt mehr als 100 Mio. Euro für das Wittgenstein- und START-Programm ausgegeben. Von den 21 Preisträgern seither sind nur drei Frauen, ebenfalls nur drei Auszeichnungen gingen an Vertreter der Geistes- und Sozialwissenschaften.
->   Wittgenstein-Preis (FWF)
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Arbeit zu Fettsäuren und Lipiden
Bild: APA
Rudolf Zechner
Zechner, seit 1998 Professor für Biochemie am Institut für Molekulare Biowissenschaften der Universität Graz, hat sich auf die Untersuchung des Fett-Stoffwechsels und der damit assoziierten Krankheiten konzentriert.

Zu diesem Thema wurde im Frühjahr dieses Jahres der vom FWF mit 5,5 Mio. Euro geförderte Spezialforschungsbereich (SFB) "Lipotox" genehmigt, in dem Zechner mit Wissenschaftlern der Technischen und der Medizinischen Universität Graz die toxische Funktion von Fettsäuren und Lipiden erforscht.

Für Zechner ist dies bereits der zweite SFB in Folge (nach einem SFB zum Thema "Biomembranen"), eine Leistung, die laut FWF Zechner bisher als erstem Wissenschaftler gelungen ist. Neben Wittgensteinpreis und SFB kann sich Zechner zudem seit wenigen Tagen über optimale Arbeitsbedingungen im neuen "Zentrum für Molekulare Biowissenschaften" (ZMB) in Graz freuen.
Enzym für Fettabbau entdeckt
Zechner sprach gegenüber der APA deshalb von einem "good year". Dass sich nun "einiges kumuliert" habe, liege sicher an den Forschungsergebnissen der vergangenen drei Jahre. U.a. haben Zechner und seine Mitarbeiter 2002 bestehendes Lehrbuchwissen widerlegt: Mutante Mäuse, denen das bis dahin einzig bekannte Enzym des zellulären Fettabbaus ("Hormon-sensitive Lipase") fehlte, zeigten keinerlei Anzeichen von Fettleibigkeit.

Das war ein klarer Hinweis, dass ein unbekanntes zusätzliches Enzym für die Aufspaltung der Fette existieren muss. 2004 gelang es der Gruppe, dieses Enzym ("Adipose Triglyceride-Lipase") zu entdecken und in der Folge die physiologische Funktion des entsprechenden Gens zu klären. Weiters haben sie ein Hilfsprotein entdeckt, ohne dem dieses Enzym nur wenig ausrichten kann.
Internationale Karriere von Wiener Mathematiker
Bild: APA
Christian Krattenthaler
Christian Krattenthaler ist seit 2005 Professor für diskrete Mathematik mit besonderer Berücksichtigung der Kombinatorik an der Universität Wien. Der 1958 in Wien geborene Mathematiker, der 1984 an der Uni Wien sub auspiciis praesidentis promoviert wurde, hat eine bemerkenswerte internationale Karriere hinter sich, die ihn u.a. nach San Diego, Berkeley, Strassburg und Lyon führte.

Parallel zu seinen mathematischen Studien hat Krattenthaler Klavier an der Musikhochschule Wien bis zum Konzertdiplom studiert und auch schon Konzerte gegeben. Seine Pianistenlaufbahn musste Krattenthaler aufgrund einer Erkrankung der Hand aufgeben.
"Abzählprobleme"
Wissenschaftlicher Schwerpunkt Krattenthalers sind sogenannte Abzählprobleme. Ein einfaches Abzählproblem, das längst keinen Mathematiker mehr beschäftigt, ist die Frage, wie viele Möglichkeiten es gibt, einen Lottoschein auszufüllen, erklärte Krattenthaler im Gespräch mit der APA.

Das Ganze ist aber nicht nur reine Zahlenspielerei, mit der Entwicklung von Techniken zur Lösung von solchen Abzählproblemen können die Mathematiker konkrete Probleme in anderen Wissenschaftsbereichen wie der Mathematik, Physik oder Chemie lösen.
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Die acht START-Preisträger
Mit dem mit bis zu 1,2 Mio. Euro dotierten START-Preisen wurden ausgezeichnet: Kathrin Breuker (Institut für Organische Chemie, Uni Innsbruck), Thomas Bugnyar (Department für Biologie, Uni Wien), Otfried Gühne (Institut für Quantenoptik und Quanteninformation, Akademie der Wissenschaften), Bernhard Lamel (Fakultät für Mathematik, Uni Wien), Thomas Lörting (Institut für Physikalische Chemie, Uni Innsbruck), Paul Mayrhofer (Department Metallkunde und Werkstoffprüfung, Montanuni Leoben), Sigrid Wadauer (Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Uni Wien) und Thomas Wallnig (Institut für Österreichische Geschichtsforschung, Uni Wien).
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Heuer mehr Bewerbungen möglich
FWF-Präsident Christoph Kratky wies darauf hin, dass es heuer mit 53 Bewerbern für den START-Preis und 19 Vorschlägen für den Wittgensteinpreis mehr als 50 Prozent mehr Anträge bzw. Vorschläge gegeben hat als bisher.

Ein Grund dafür sei, zumindest beim START-Preis, dass die bisher gültige Altersgrenze von 35 Jahren als EU-widrig aufgehoben und stattdessen ein akademisches Alter von zehn Jahren nach dem Doktorat herangezogen wurde.

"Das hat den Slot für Bewerbung vergrößert", sagte Kratky, vor allem Frauen hätten davon profitiert. Aus diesem Grund seien heuer auch erstmals zwei Frauen unter den START-Preisträgern.

[science.ORF.at/APA, 12.11.07]
->   Rudolf Zechner, Uni Graz
->   Christian Krattenthaler, Uni Wien
->   Club der Wittgensteinpreis-Träger
Die Wittgenstein-Preise der vergangenen Jahre:
->   2006: Physiker Jörg Schmiedmayer
->   2005: Physiker Grimm und Genetiker Dickson
->   2004: Historiker Walter Pohl
->   2003: Biochemikerin Renée Schroeder
 
 
 
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01.01.2010