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100. Geburtstag von Hitler-Attentäter Stauffenberg  
  Am Donnerstag wäre Claus Schenk Graf von Stauffenberg 100 Jahre geworden. Laut dem Historiker Hans Mommsen war es v.a. die "Ostfront", die zu seinem missglückten Attentat auf Hitler führte.  
Pro Monat seien dort ab 1941 109.000 deutsche Soldaten gestorben oder vermisst worden, sagte Mommsen am Mittwoch im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Stauffenberg habe schon vor dem Untergang der 300.000 Mann starken 6. Armee in Stalingrad (Ende Januar/Anfang Februar 1943) erkannt, dass diese Geschehnisse die deutschen Ersatzmöglichkeiten überforderten.
Mehrere Motive für Attentat
Bild: EPA
Stauffenberg
Neben der Verantwortung für seine Soldaten hätten bei Stauffenberg natürlich auch moralische Motive eine Rolle gespielt, sagte Mommsen. So habe er sich an der Behandlung der sowjetischen Kriegsgefangenen und der Juden gestört sowie an den Menschenjagden auf Ostarbeiter, die als Arbeitskräfte nach Deutschland verbracht werden sollten.

"Das ist eine Architektur der Motive", erläuterte Mommsen. "Er wollte natürlich verhindern, dass eine Situation entsteht, in der das Reich überhaupt nicht mehr handlungsfähig war."

Er habe von Anfang an erklärt, Hitler töten zu wollen. "Er wusste, dass Hitler nicht durch Beschwörungen von seinem Kurs abzubringen war", sagte Mommsen.
Armeeoberen zu feige
Unter den gegebenen Umständen habe es für Stauffenberg keine Alternative dazu gegeben, das Attentat am 20. Juli 1944 selbst auszuführen. Die Generalfeldmarschälle und die Oberkommandierenden seien zu feige gewesen. "Da sind gleichsam die Obristen an Stelle der Armeeoberen getreten", sagte der Historiker.
Schwierige Quellenlage
Neue Erkenntnisse über Stauffenberg und den 20. Juli wären nach Ansicht Mommsens zwar wünschenswert, aber schwer zu bekommen. "Das Problem ist, dass die Materiallage nicht sehr günstig ist", sagte er. Aufschlüsse über den Widerstandskämpfer könnten sowjetische Archive geben.

So habe sich Stauffenberg darum bemüht, russische Hilfswillige an der Ostfront aufzubauen. 300.000 Mann habe er schätzungsweise zur Unterstützung der deutschen Armee angeworben.

Aufklärungsbedarf sieht Mommsen unter anderem bei der Frage nach dem Schicksal dieser Hilfskräfte.
Hoffnung auf Film mit Tom Cruise
Große Hoffnungen setzt der Historiker in den Film "Valkyrie" mit Tom Cruise in der Rolle des Stauffenberg, der in diesem Jahr unter anderem im Berliner Bendlerblock gedreht wurde und 2008 ins Kino kommen soll. "Nach allem was man hört, handelt es sich um einen sehr präzisen Film."

Auch im Ausland könne dieser Film einiges bewirken: "Man kann sicher erhoffen, dass dieser Film ein breites Publikum finden wird und damit auch eine bessere Einschätzung des deutschen Widerstandes bewirken wird."

[science.ORF.at/dpa, 15.11.07]
Mehr zu dem Thema:
->   60. Jahrestag des Stauffenberg-Attentats (20.7.04)
 
 
 
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01.01.2010