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Studie: Deutsche Forschung in der NS-Zeit  
  Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) und die von ihr unterstützten Wissenschaftler haben sich laut einer neuen Studie nach 1933 "in hohem Maße" in den Dienst des nationalsozialistischen Regimes gestellt.  
Dies habe mit der Vertreibung jüdischer und demokratischer Wissenschaftler aus den Universitäten begonnen und seinen Höhepunkt in den Menschenversuchen von Josef Mengele in Auschwitz erreicht, die von der DFG mit Geldern und Apparaten gefördert wurden.

"Dies ist für uns eine zutiefst unbequeme Wahrheit. Sie kann uns nicht los lassen, sie muss uns beklemmen, sie muss uns schmerzen", so DFG-Präsident Matthias Kleiner in einer Presseaussendung.
Systematische Untersuchung
Seit 2001 hatte eine unabhängige Forschergruppe zur "Geschichte der Deutschen Forschungsgemeinschaft 1920-1970" unter der Leitung von Rüdiger vom Bruch, Humboldt-Universität Berlin, die Geschichte und Entwicklung der größten Forschungsförderorganisation in Deutschland erforscht - angefangen von der Gründung der DFG im Jahre 1920 bis zur Reform des Hochschul- und Wissenschaftssystems in Deutschland um 1970.

Ein weiterer Hauptaspekt der Untersuchung waren geförderte Forscher und Projekte in der Medizin, den Geistes- und Sozialwissenschaften und den Naturwissenschaften.
Verflechtung von Politik und Wissenschaft
Wissenschaft und Wissenschaftsförderung wurden im Dritten Reich von der Politik nicht in erster Linie instrumentalisiert oder gar missbraucht Wissenschaft. Laut des in Wien lehrenden Historikers Michael Ash betrachteten sich Politik und Wissenschaft im Nationalsozialismus vielmehr als "Ressourcen füreinander." Auf den verschiedenen Fachgebieten kam es durch diese Verflechtung zu unterschiedlichen Entwicklungsmustern:

In einzelnen Bereichen, wie z.B. der Krebsforschung, wurden Arbeiten gefördert, die wissenschaftlich nicht nur auf der Höhe der Zeit, sondern im internationalen Vergleich innovativ waren.

Auf anderen Feldern, wie etwa dem wissenschaftlichen Rechnen, ging der fachliche Fortschritt dagegen an der DFG und den von ihr unterstützten Wissenschaftlern vorbei.
Verpflichtung für die Zukunft
Die Untersuchungen der Nachkriegszeit zeigten, dass die 1949 wieder gegründete DFG die Annäherung der bundesdeutschen Wissenschaft an den Westen vorantrieb, zugleich aber bis in die 70er Jahre ein Sammelbecken konservativer Vorstellungen blieb.

Mit den gewonnenen Erkenntnissen werde sich die DFG intensiv auseinandersetzen. "Wir wollen uns zum Beispiel fragen, welche Schlussfolgerungen daraus für das künftige strategische Handeln der DFG gezogen werden können", meinte DFG-Präsident Kleiner.

[science.ORF.at, 4.2.08]
->   Ausführliche Informationen zur DFG-Geschichte
->   Die Homepage der Forschergruppe
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   "Nature" unter Hitler: Die Geschichte eines Verbots (22.10. 07)
->   NS-Relikte in der deutschen Sprache (18.01.05)
->   Wissenschafts-Institute im Dienst der NS-Ideologie (27.5.02)
 
 
 
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01.01.2010