News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Kosmos 
 
Warum das Nordlicht nach Süden wandert  
  Das schöne Farbenspiel des Nordlichts, auch Aurora borealis genannt, ist an sich nur in Skandinavien, Kanada und Teilen Asiens zu sehen. Manchmal jedoch flackert das Polarlicht aus unerfindlichen Gründen auf und wandert in Richtung Äquator. Astronomen haben nun die Ursache für dieses seltsame Phänomen gefunden: Verantwortlich dafür sind offenbar Plasmawellen im Magnetschweif der Erde.  
Teilchenwolke mit 1,6 Millionen km/h
Im Oktober 2003 raste eine Wolke geladener Teilchen aus dem All auf die Erde zu. Ihre Größe übertraf den Durchmesser unseres Planeten um das Dutzendfache, auch ihr Tempo war mit 1,6 Millionen Kilometern pro Stunde nicht von schlechten Eltern. Auf der Erde löste die Partikelwolke großräumige Stromausfälle aus, am Himmel leuchteten spektakuläre Nordlichter, die sogar in den Tropen zu sehen waren.
Energiestöße vom Sonnenwind
Phänomene wie diese, so genannte magnetische Stürme bzw. Teilstürme, kennt man bereits seit Alexander von Humboldts Zeiten. Sie entstehen, wenn der Sonnenwind auf die Magnetosphäre trifft und seine Energie auf diese überträgt. Dieser Zustand ist jedoch nicht von langer Dauer. Irgendwann gibt die Magnetschicht der Erde die überschüssige Energie wieder ab - und zwar in Form gewaltsamer Eruptionen.

Wie das im Detail vor sich geht, versucht man bereits seit 30 Jahren zu klären. Ein Team um Vassilis Angelopoulos von der University of California in L.A. präsentiert nun auf der Website des Fachjournals "Science" die lang ersehnte Antwort (doi: 10.1126/science.1160495).
Zwei Szenarien: Ladungsausbrüche ...
Im Prinzip standen bis jetzt zwei Szenarien bei der Entstehung von magnetischen Teilstürmen zur Debatte: Eine Ursache könnte der Aufbau starker Ladungen im Raum durch hochenergetische Ionen oder Elektronen - d.h. Plasma - sein, die plötzlich in Form einer gewaltsamen Instabilität frei werden. Das passiert laut Beobachtungen von Astronomen etwa in einer Distanz von zehn Erddurchmessern.
... und Verbindung von Feldlinien
 
Bild: NASA

Etwas weiter weg, nämlich 20 bis 30 Erddurchmesser, spielt sich ein anderes, nicht minder eindrucksvolles Schauspiel ab. Es hat mit der Tatsache zu tun, dass der Sonnenwind den Durchmesser des Erdmagnetfeldes auf der Sonnenseite zu lediglich 60.000 Kilometern staucht, auf der Nachtseite hingegen zu einem rund zehn Mal so langen Magnetschweif auseinanderzieht (Bild oben).

Dieser Schweif ändert genauso wie die gestauchte Seite - je nach Großwetterlage im All - Form und Größe. Mitunter kann es vorkommen, dass sich die Feldlinien auf der Leeseite neu anordnen - sogenannte Rekonnexionen - und Plus- und Minus- Pole aufeinander treffen. Durch die folgende Auslöschung lokaler Felder wird Energie frei, die wiederum das Plasma in diesem Raumbereich aufheizt und es in Richtung Erde schleudert.
Rekonnexionen als Plasmaschleudern
Beide Phänomene, Ladungsausbrüche und Rekonnexionen, passieren während der magnetischen Teilstürme. Welches von beiden nun die eigentliche Sturmursache ist, konnte man in Ermangelung eindeutiger Daten nicht entscheiden.

Messungen der NASA-Mission THEMIS ("Time History of Events and Macroscale Interactions during Substorms") zeigen nun: "Unsere Daten weisen klar darauf hin, dass die magnetischen Rekonnexionen die Auslöser sind", sagt Vassilis Angelopoulos. "Sie führen zu einer Beschleunigung von Plasmawellen entlang magnetischer Feldlinien und lassen die Aurora aufleuchten."

Im Rahmen der Mission THEMIS wurden fünf Satelliten in die Erdumlaufbahn geschossen, ihre Detektoren können neben elektrischen und magnetischen Signalen auch Ionen und Elektronen nachweisen. Das Bild vervollständigt haben Lichtmessungen der Aurora borealis, die von der Erde aus vorgenommen wurden:

"Mit diesem Wissen bewaffnet können wir nicht nur die alte Frage nach den Ausbrüchen der Nordlichter beantworten", sagt Angelopoulos. "Wir werden auch Statistiken zur Entwicklung von Teilstürmen machen. Damit können wir auch besser vorhersagen, welchen Effekt sie auf das Raumwetter haben."

[science.ORF.at, 25.7.08]
->   Vassilis Angelopoulos
->   THEMIS - Wikipedia
Mehr zu diesem Thema in science.ORF.at:
->   Teleskop Chandra beobachtet Nordlichter der Erde
->   Polarlichter erstmals auf dem Mars gesichtet
->   Neu entdeckte Polarlichter verblüffen Geophysiker
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Kosmos 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010