News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Haltbare Proteine: Ein Schlüssel zu langem Leben  
  Wie man an einem Stück Apfel gut beobachten kann, verändert Sauerstoff organisches Gewebe - es oxidiert. Gewinnen solche Prozesse in lebenden Organismen die Überhand, spricht man von oxidativem Stress. Dieser ist gängigen Theorien zufolge auch für das Altern von Körperzellen verantwortlich. Laut einer aktuellen US-Studie an Nacktmullen spielen derartige Außeneinflüsse für ein langes Leben aber eine geringere Rolle als vermutet.  
Die Nagetiere verfügen nämlich über extrem robuste Proteine, denen oxidativer Stress weniger anhaben kann. Dies ist zumindest ein Grund, warum sie außergewöhnlich alt werden.
...
Die Studie "Protein stability and resistance to oxidative stress are determinants of longevity in the longest-living rodent, the naked mole-rat" von Viviana I. Perez et al. ist in der aktuellen Ausgabe der "Proceedings of the National Academy of Sciences"(17. Februar 2009, DOI: 10.1073/pnas.0809620106) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie (sobald online)
...
Ein außergewöhnliches Lebewesen
 


Der afrikanische Nacktmull gilt als eines der hässlichsten Tiere der Welt. Er ist etwa 15 Zentimeter lang, kaum beharrt und lebt gedrängt in unterirdischen stickigen Höhlen.

Dafür besitzt er einige erstaunliche Eigenschaften. Er kommt mit extrem wenig Sauerstoff aus, kann seine Körpertemperatur fast wie ein wechselwarmes Tier anpassen und besitzt einen Kalziumstoffwechsel, der völlig ohne Vitamin D auskommt. Er kennt auch keinen Schmerz - Hitze, Stiche und Säure nimmt er zwar wahr, aber es tut ihm nicht weh.

Zudem ist der Nacktmull das Nagetier mit der höchsten Lebenserwartung, im Durchschnitt sind das etwas mehr als 28 Jahre. Zum einem verdankt er das vermutlich seiner unterirdischen, sozial organisierten Lebensweise, zum anderen zeigt er auch recht wenig altersbedingte körperliche Veränderungen: Die Tiere sehen bis zur ihrem 20. Lebensjahr relativ unverändert aus und können sich fortpflanzen.
Der Nacktmull wird relativ so alt wie der Mensch
Bei der Lebensdauer verschiedener Arten gibt es zwar extreme Unterschiede, generell steigt sie aber mit der Körpergröße. Gemessen daran zählt auch der Mensch zu den langlebigen Säugetieren, er lebt etwa fünf Mal so lang als es seine Körpergröße vorhersagen würde. Beim Nacktmull ist das Verhältnis ganz ähnlich.

Für die Forscher rund um Rochelle Buffenstein von der University of Texas stellt das Nagetier daher ein ideales Vergleichsmodell für die Altersforschung dar. Die üblichen Modellorganismen wie Fruchtfliegen oder Mäuse sind aufgrund ihrer Kurzlebigkeit weit weniger geeignet.
Struktur der Proteine bleibt intakt
In ihrer aktuellen Studie haben die Biologen die Nacktmulle mit Mäusen verglichen, um herauszufinden, welche biochemischen Vorgänge ihre hohe Lebenserwartung begünstigen. Gängige Theorien des Alterns gehen von einer langsamen, aber stetigen Zerstörung der Zellen aus, hervorgerufen durch reaktive Sauerstoffverbindungen.

Die Wissenschaftler untersuchten nun mit Hilfe unterschiedlicher biochemischer Tests, wie sich der oxidative Stress auf die zwei Vergleichstiere auswirkt. Dabei zeigte sich Erstaunliches: Bei den Nacktmullen ließen sich zwar in jungen Jahren mehr Zellschäden durch oxidativen Stress nachweisen als bei den Mäusen.

Dennoch konnten sie langfristig die Struktur der körpereigenen Proteine besser regulieren und instand halten. Die Mulle haben demnach auch eine sehr hohe Toleranzschwelle gegenüber Zellveränderungen, bevor es zu echten körperlichen Schäden kommt.
Spezieller Zellschutzmechanismus
Verglichen mit den Mäusen weist das Nagetier sehr hohe Mengen von Cystin auf, einer schwefelhaltigen Aminosäure, die so genannte freie Radikale - hochreaktive Stoffe - binden kann. Laut den Forschern schützt diese hohe Dosis an Cystin die empfindlichen Bereiche von Proteinen vor Oxidation.

Ob die Nacktmulle diesem Umstand zumindest teilweise ihre außergewöhnlich hohe Lebenserwartung verdanken, müsse noch in Vergleichsstudien mit anderen langlebigen Tieren überprüft werden. Was diese Erkenntnis für die Suche nach der ewigen Jugend bringt, bleibt offen.

Eva Obermüller, science.ORF.at, 17.2.09
->   Nacktmull (Wikipedia)
->   Cystein (Wikipedia)
->   Rochelle Buffenstein
Mehr zum Thema in science.ORF.at:
->   Auch auf Zellebene: Faulheit verkürzt das Leben (30.1.08)
->   Test: Anti-Aging-Präparate wirken nicht (27.9.07)
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Leben 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010