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Adam - der automatische Wissenschaftler  
  Roboter spielen in der Wissenschaft eine besondere Rolle: In der Künstlichen Intelligenz und in der Robotik wird versucht, menschliche Fähigkeiten und Funktionen nachzubilden. In zahlreichen Disziplinen unterstützen Maschinen Forscher bei der Handhabung der Datenmengen, die immer größer werden. Doch können Roboter selbst auch Wissenschaft betreiben? Bis zu einem gewissen Grad ja, meinen nun britische Forscher.  
Sie haben einen Roboter gebaut, der selbständig Hypothesen überprüft und Forschungsschritte durchführt.

"Adam", so haben ihn Ross King von der Aberystwyth University in Wales und seine Kollegen wenig subtil getauft, kann bereits einiges: Annahmen über das Erbgut eines bestimmten Strangs der Bäckerhefe formulieren, diese experimentell untersuchen und dann neue, wieder überprüfbare Annahmen aufstellen.
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Die entsprechende Studie "The Automation of Science" ist am 3. April in "Science" (Bd. 324, S. 85) erschienen.
->   Abstract der Studie
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Hypothesen und Experimente
Die Frage, ob Wissenschaft tatsächlich komplett automatisiert werden kann, gehen die Forscher grundsätzlich an. In ihrer Studie schreiben sie gleich zu Beginn: "Die Grundlage von Naturwissenschaft ist ihre hypothetisch-deduktive Methode und die Aufzeichnung von Experimenten, die so detailliert ist, dass sie wiederholt werden können."

Bei der Automatisierung von beiden Elementen sei "Adam" vorangekommen, so lautet gleich der zweite, nicht unstolze Satz der Forscher.
Identifizierung von Genen
 
Bild: Jen Rowland

Adam hat mit seinem biblischen Vorgänger vor allem den Namen gemein.

Was hat der "erste Mensch der Roboterwissenschaft" nun tatsächlich getan? Adam sollte eine genomische Aufgabe zu einem der Modellorganismen der Biologie lösen, der Bäckerhefe Saccharomyces cerevisiae. Er sollte jene Gene identifizieren, die für die Bildung bestimmter Enzyme der Hefe sorgen.

Dazu bekam er einen prallen Rucksack an Information: vom Wissen über den Stoffwechsel der Hefe bis hin zu bioinformatischer, experimenteller und analytischer Software. Die Hardware von Adam sieht aus wie eine Verknüpfung gängiger Laborgeräte, dem drei Roboterhände hinzugefügt wurden.
1.000 Experimente pro Tag
Adam ist laut Ross King und Kollegen in der Lage, mehr als 1.000 Experimente pro Tag durchzuführen. Mit ihrer Hilfe hätte er die gesteckten Aufgaben erfüllt: Er hat die Hypothesen selbständig durch Experimente überprüft, sie danach gegebenenfalls geändert und in weiteren Experimenten nach sicherer Erkenntnis gesucht.

Auf diese Weise hätte Adam einigen Genen Enzyme zuordnen können, die Forscher haben mit eigenständigen Experimenten die Richtigkeit seiner Resultate überprüft.

Wie sie betonen, kann Adam tagelang ohne menschliche Betreuung vor sich hinarbeiten - dennoch empfehle sich die Anwesenheit eines Technikers für eventuell anfallende Probleme.
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Video des Roboters
Den besten Überblick über die Arbeit von Adam gibt ein Video, das an der Aberystwyth University entstanden ist.
->   Video von Adam (10 MB, mov-Datei)
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Wirklich neues Wissen?
Bei der Frage, ob Adam tatsächlich neues Wissen geschaffen hat, geben sich die Forscher in ihrer Studie vorsichtig - während eine Presseaussendung des beteiligten britischen Forschungsrats für Biotechnologie von der "ersten Maschine" spricht, "die neues Wissenschaftswissen entdeckt."

King und Kollegen zitieren stattdessen den Computer-Pionier Alan Turing: "Die analytische Maschine gibt nicht vor etwas hervorzubringen. Sie macht, was auch immer wir ihr befehlen, das sie ausführen soll." Das neu kreierte Wissen von Adam sei bescheiden, geben die Forscher zu. Zumindest eine Enzym-Gen-Koppelung sei aber tatsächlich bisher gänzlich unbekannt gewesen.

Adam wird von den Forschern als Prototyp betrachtet, der der Verbesserung harrt. Und die soll bald in Form einer Nachfolgerin kommen, die auch schon einen Namen hat und ihm vermutlich aus der Rippe entnommen wird: Eva.

Lukas Wieselberg, science.ORF.at, 3.4.09
->   Aberystwyth University
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01.01.2010