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Vögel: Mausern begrenzt die Körpergröße  
  Mit einer Spannweite von bis 240 Zentimetern und ungefähr 15 Kilogramm ist der Schwan einer der größten lebenden fliegenden Vögel. Die meisten der gefiederten Tiere sind jedoch deutlich kleiner. Ein Grund für die begrenzte Größe ist einer aktuellen Studie zufolge die Mauser.  
Laut den Forschern wachsen Federn mit zunehmender Körpergröße nicht schnell genug nach. Sie nutzen sich ab, bevor sie durch neue ersetzt werden können.
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Die Studie "Allometry of the Duration of Flight Feather Molt in Birds" von Sievert Rohwer et al. ist in "PLoS Biology" (Bd. 7, 16. Juni 2009, DOI: 10.1371/journal.pbio.1000132.s001) erschienen.
->   Zum Abstract der Studie (sobald online)
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Federkleid wird ständig erneuert
Umwelteinflüsse und ultraviolettes Licht führen zur Abnutzung des Federkleids von Vögeln, besonders gefährdet dabei sind die Federn an den Flügeln. Daher werfen die Tiere während der Mauser ihre Federn ab, damit neue nachwachsen können. Nur so behalten sie ihre Flugtüchtigkeit.

Während der Erneuerungsperiode können sie jedoch weniger gut fliegen. Daher verwenden die Tiere unterschiedliche Strategien beim Mausern, um möglichst unbeeinträchtigt durchzukommen. So erneuern etwa die wenigsten ihr Federkleid während der Brutzeit. Laut den Forschern rund um Sievert Rohwer von der University of Washington in Seattle würde das vermutlich zu viel Energie kosten und auch angreifbarer machen.
Verschiedene Mauser-Strategien
Nur bei Vögeln mit einer sehr langsamen Mauser gäbe es notwendigerweise Überschneidungen mit der Reproduktionsphase. Die Tiere mausern daher immer nur einzelne Federn, um die Flugfähigkeit nicht völlig einzubüßen. Der gesamte Vorgang kann sich über drei Jahre ziehen. Betroffen davon sind vor allem große Vögel. Manche, wie etwa der Albatros, pflanzen sich deshalb auch nicht jedes Jahr fort, vermutlich um die Energie auf Reproduktion und Mauser aufzuteilen.

Kleine Tiere mit weniger als einem Kilogramm Körpergewicht hingegen erneuern ihre Flugfedern bis zu zweimal im Jahr. Innerhalb weniger Wochen ist ihr Gefieder wieder wie neu. Vögel, die weder für die Nahrungssuche noch zur Flucht fliegen müssen, wie Enten oder Gänse, ersetzen ihre Flugfedern sogar gleichzeitig.
Größere Lebewesen sind relativ langsam
Dass große Vögel eine verzögerte Mauser haben, wissen Ornithologen seit vielen Jahren. Es gab allerdings laut den Wissenschaftlern keine sinnvolle Erklärung, warum der Ersatz der Flugfedern bei diesen solange dauert.

Laut Rowher und seinen Kollegen verändert sich das Lebenstempo ganz generell mit der Körpergröße. Man denke etwa an den Herzschlag, der sich zumindest bei Säugetieren mit der Größe verlangsamt. Das heißt, steigende Maße erzeugen auf der anderen Seite Begrenzungen bei zeitabhängigen Prozessen.
Große Größen, geringeres Wachstum
Um ihr Körpergewicht auch tragen zu können, müssen die Federn laut den Forschern bei größeren Tieren deutlich länger sein. Die Wachstumsrate der Körperteile - also die Geschwindigkeit, in der sie die neue Größe erreichen - bleibe allerdings klar dahinter zurück. Sie steigt demnach nur halb so viel. Die Zeit, bis lange Federn großer Tiere sozusagen ausgewachsen sind, ist daher unverhältnismäßig länger als bei kurzen.

Die statistische Untersuchung ergab, dass es bei einem zehnfachen Anstieg der Köpermasse etwa eineinhalbmal so lang dauert, eine einzelne Feder zu ersetzen. Bei einem Vogel mit einem Gewicht von zehn Kilogramm wären das laut den Forschern 56 Tage.

Diese Tatsache führe dazu, dass große Vögel häufig eine derartig lange Mauserperiode durchleben. Es werden immer nur so wenig Federn ausgetauscht, damit die Tiere trotz des langsamen Wachstums derselben fliegen können.
Federn wachsen nicht rechtzeitig nach
Mit zunehmender Körpergröße wird die Differenz zwischen Federlänge und der relativ gesehen immer geringeren Wachstumsrate laut den Forschern unüberbrückbar. Das heißt, auch mit langfristigen Strategien ließe sich das Federkleid nicht mehr rechtzeitig erneuern.

Damit haben die Wissenschaftler eine indirekte Erklärung für die begrenzte Körpergröße fliegender Vögel gefunden. Bis jetzt dachte man, diese hätte lediglich mit dem Energieaufwand beim Fliegen zu tun. Offenbar spielt auch die zeit- und energieaufwändige Mauser eine wesentliche Rolle.

Warum der ausgestorbene Raubvogel Argentavis magnificens dann sogar bis zu 70 Kilogramm wiegen konnte, erklären die Forscher so: Vermutlich hat dieser alle Federn während einer längeren Fastenzeit, in der er von seinen Reserven lebte, gleichzeitig gemausert, ähnlich wie die heutigen Kaiserpinguine.

Eva Obermüller, science.ORF.at, 16.6.09
->   Mauser (Wikipedia)
->   Department of Biology (University of Washington)
 
 
 
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01.01.2010