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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
CO2-Bindung: Bäume unterstützen Berge  
  Gebirge haben im Lauf der Erdgeschichte Unmengen von CO2 aus der Atmosphäre aufgenommen und somit das Klima gekühlt. Ein US-Geologe behauptet nun: Ohne die Kraft der Baumwurzeln wäre das so nicht passiert.  
Extreme Hitze im Eozän
0,385 Promille bzw. 385 parts per million (ppm) beträgt der CO2-Gehalt unserer Atmosphäre. Das ist zwar deutlich mehr als im vorindustriellen Zeitalter, in dem der Wert bei rund 280 ppm lag. Aber historisch betrachtet handelt es sich keineswegs um einen Höchstwert. Vor 40 Millionen Jahren, am Ende des Eozäns, betrug der CO2-Gehalt noch stolze 1.400 ppm. Nach dieser globalen Wärmeperiode kühlte die Atmosphäre Schritt für Schritt ab, mit der Temperatur fiel auch der CO2-Gehalt. Während des Miozäns (24 bis 5 Millionen Jahre vor unserer Zeit) pendelte er sich dann bei rund 200 ppm ein.
CO2 in Gestein gebunden
 
Bild: EPA

Bild oben: Das Karakorum in Pakistan

Aus geologischer Sicht gibt es für den Kohlenstoffkreislauf zwei Hauptfaktoren: Die wichtigste Quelle ist der Erdmantel, aus dem das Gas durch aktive Magma entweicht, beispielsweise bei Vulkanausbrüchen. Die wichtigste Senke ist das kontinentale Gestein, es hat die Fähigkeit CO2 chemisch zu binden und entfernt es somit wieder aus der Atmosphäre.

Wie umfangreich diese Bindung ausfällt, hängt allerdings stark vom Einfluss der Pflanzenwelt ab. Vor allem Bäume fördern die natürliche Erosion, sie lösen Gesteinsformationen schrittweise auf - entweder direkt, durch das Wurzelwachstum, oder indirekt, durch Ansäuerung des Bodens via Atmung. Nachdem fragmentiertes Gestein bedeutend mehr CO2 bindet als unbeschadetes, müssen Geologen auch die Pflanzenwelt in ihren Modellen berücksichtigen, sofern sie zu realistischen Ergebnissen kommen wollen.
Abfall abrupt gestoppt
Wie das geht, hat nun Mark Pagani der Yale University vorgezeigt. Wie er im Fachblatt "Nature" (Bd. 460, S. 85) berichtet, eignet sich der botano-geologische Ansatz etwa dazu, um folgendes Problem zu klären: Im Miozän ging die Freisetzung von CO2 durch Magma zurück, während sich auf den Kontinenten mächtige Gebirge, allen voran der Himalaya, auftürmten.

Das Ungleichgewicht dieser Faktoren hätte zu einem extremen Abfall des CO2-Gehalts führen müssen, inklusive globaler Abkühlung und der Bildung transkontinentaler Eisschilde. Doch das war nicht der Fall, wie man aus früheren Studien weiß. Vor rund 15 Millionen Jahren war das Erdklima ausgesprochen mild, von globaler Eiszeit gibt es in dieser Periode jedenfalls keine Spur. Ein mächtiger Faktor muss daher den CO2-Abschwung vor rund 24 Millionen Jahren gebremst und schließlich ganz gestoppt haben.
Botanischer Umschwung
Pagani präsentiert nun einen durchaus plausiblen Bremsmechanismus, und zwar eine negative Rückkoppelung zwischen Geo-, Bio- und Atmosphäre. Er meint, der niedrige CO2-Gehalt von 200 ppm habe speziell in warmen und humiden Gebieten die Wälder förmlich ausgehungert, sodass sie im Lauf der Zeit durch Grasländer ersetzt wurden.

Letzere haben allerdings eine weitaus weniger zersetzende Wirkung auf ihren Untergrund als Bäume, weswegen auch die Bindung von Kohlenstoff durch das Gestein drastisch abfiel. Das habe die Talfahrt des CO2 gestoppt und dessen Gehalt in der Atmosphäre schließlich stabilisiert.

Berechnungen zeigen, dass die Hypothese im Computermodell funktioniert, wenngleich die Angelegenheit noch nicht zu den Akten gelegt werden kann. Untersuchungen von Pflanzenfossilien weisen nämlich darauf hin, dass der Kohlendioxid-Gehalt im Lauf des Miozäns mitunter recht heftigen Schwankungen unterworfen war. Wie sich dieser Befund mit Paganis globalem Karbostaten verträgt, bliebe noch zu klären.

[science.ORF.at, 3.7.09]
->   Mark Pagani
->   Kohlenstoffzyklus - Wikipedia
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01.01.2010