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Sex macht Pilze attraktiver für Biosprit  
  Forscher der TU Wien haben einen Fadenpilz dazu gebracht, sich sexuell und genetisch variabler zu vermehren. Das könnte zum Durchbruch bei der Produktion von Biosprit führen.  
Das Arbeitspferd der Biotechnologie
Die wachsende Aufmerksamkeit, die Biosprit zukommt, hat auch bei Forschern zu verstärkten Bemühungen geführt, die Herstellung einfacher, effizienter und günstiger zu gestalten. Wissenschaftlern der Technischen Universität Wien um Monika Schmoll dürfte ein großer Schritt in diese Richtung gelungen sein.

Fadenpilze sind ein wichtiges biotechnologisches Werkzeug, um organische Chemikalien, Enzyme und Antibiotika herzustellen. Die meisten der Pilzstämme, die in der Industrie Anwendung finden, wurden und werden noch heute durch Mutationstechniken ausgesiebt und verbessert. Ansätze, die mit sexueller Vermehrung arbeiten, würden Vorteile für die Erforschung und industrielle Produktion bringen.
Der Pilz von der Insel
 


Doch bis heute nahm man an, dass die meisten der Pilze, die in der Industrie verwendet werden, asexuell sind. So auch von Trichoderma reesei, einem überaus eifrigen Produzenten von Cellulase (Bild oben). Cellulasen sind Enzyme, die in der Lage sind, Cellulose in Glukose abzubauen. Glukose vergärt zu Ethanol, welches dann zur Biospritproduktion verwendet wird.

Entdeckt wurde der Schimmelpilz im zweiten Weltkrieg auf den salomonischen Inseln. Die Amerikaner führten ihn zu Forschungszwecken aus, nachdem er die Uniformen rasant zersetzt hatte.
Sexualpartner gesucht
Die Forscher der TU wollten es nun genau wissen und haben sich eingehend mit der Frage beschäftigt, ob Trichoderma reesei tatsächlich asexuell ist. Die Antwort lautet: Unter gewissen Bedingungen lässt sich auch der geschlechtslose Pilz zum Sex motivieren.

Wie Schmoll und ihre Kollegen im Fachblatt "PNAS" berichten, kreuzten sie den Vorläuferstamm aller industriell verwendeten Produktionsstämme, QM6a, mit einem geeigneten Naturisolat. Was hier recht einfach klingt: Dem gingen eingehende Recherchen in den Datenbanken des T. reesei-Genoms voraus, um einen kompatiblen Sexualpartner zu finden. Schon mehrmals waren Forscher an dieser Hürde gescheitert.

Für die Biotechnologie ist die nun mögliche sexuelle Vermehrung und Kreuzung von T. reesei extrem interessant. Die Unfähigkeit zur sexuellen Reproduktion war nämlich bis dato eine der wichtigsten Einschränkungen in der industriellen Herstellung von Stammkulturen. Durch Kreuzung könnte man Stammkulturen, die immun gegen Antibiotika sind, erneuern und neue Stämme mit anderen Eigenschaften erzeugen.

Das könnte wiederum zum Durchbruch bei der Produktion von Biosprit führen. Denn statt wie bisher Treibstoff aus wertvollem Getreide oder anderen Nahrungsmitteln herzustellen, könnte man mit verbesserten Enzymen auch Abfallstoffe kostengünstig verarbeiten.

Benedikt Baumgartner,science.ORF.at, 10.08.09
->   Monika Schmoll
->   Cellulasen (Wikipedia)
 
 
 
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01.01.2010