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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Kleine Umweltschützer  
  Die weltweiten Bemühungen um die Begrenzung giftiger Schadstoffe hat noch nicht alle wesentlichen Gifte erfasst. Noch immer gelangt das krebserregende Benzol aus den Auspufftöpfen in die Umwelt. Jetzt könnten winzige Bakterien aber dafür sorgen, dass Benzol abgebaut wird und so die Umweltbelastung minimiert.  
Das krebserregende Benzol kann von etlichen Mikroorganismen verdaut werden. In der Regel tun sie das nur bei Anwesenheit von Sauerstoff. Doch jetzt berichteten Forscher von der Southern Illinois University, in der aktuellen Ausgabe von "Nature" von zwei Bakterienstämmen, die Benzol unter sauerstofffreien Bedingungen abbauen können.
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Benzol als starkes Gift
Benzol ist stark giftig: Es schädigt das Knochenmark und führt damit zu einen Zusammenbruch der Blutbildung. Bereits geringe Konzentrationen können beim Menschen Krebs auslösen. Wegen seiner hohen Giftigkeit hat die Industrie Benzol inzwischen weitgehend durch andere, weniger toxische Lösungsmittel ersetzt, im Benzin ist es jedoch nach wie vor vorhanden und gelangt so in die Luft, den Boden und das Grundwasser.
->   Mehr zu Benzolvergiftung
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Bereits einige Kandidaten
Auf der Suche nach einem wirksamen Mittel gegen das Umweltgift entdeckten Mikrobiologen bereits etliche Mikroorganismen, die in der Lage sind, aromatische Kohlenwasserstoffe wie Benzol abzubauen. Sie tun das jedoch nur mit Sauerstoff. Der anaerobe Abbau unter Luftabschluss erweist sich dagegen als schwierig.

"Eines der großen Probleme belasteter Milieus ist der fehlende Sauerstoff", erklärt John Coates von der Southern Illinois University. "Ohne Sauerstoff verläuft der biologische Abbau von Benzol im Schneckentempo." Es gab zwar schon Hinweise, dass ein anaerober mikrobiologischer Abbau stattfinden kann, bisher fehlten jedoch die geeigneten Spezialisten aus der Welt der Bakterien.
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Was ist Benzol?
Formel C6H6 ist der chemische Grundbaustein der Stoffklasse der Aromaten. Stark giftige, farblose, brennbare Flüssigkeit, in Wasser wenig löslich, erst unter extremen Bedingungen zersetzbar. Gewinnung aus Erdölraffination, Steinkohle und Kokereigas. Verwendung: Zusatz in Motorkraftstoffen, Benzin, Kraftstoffzusätze; Ausgangsmaterial für viele chemische Prozesse (z.B. Kunststoff- und Farbstoffherstellung). Umweltbelastung durch Benzol-Emission, Benzolhältige industrielle Abwässer. Benzol ist krebserregend, blut- und chromosomen-schädigend. Die Wirkung erfolgt nicht durch Benzol selbst, sondern durch im Stoffwechsel entstehende Substanzen.
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Entlarvte Spezialisten
Coates suchte zusammen mit seinen Kollegen nach diesen
Spezialisten in verschiedenen Fluss- und Seesedimenten - und wurde fündig. Die Mikrobiologen konnten zwei verschiedene Bakterien-Stämme der Gattung Dechloromonas isolieren, die Benzol verarbeiten können ¿ und zwar ohne Sauerstoff.

Die beiden Bakterien-Stämme namens "RCB" und "JJ" nehmen als Sauerstoffersatz Nitrat, das sie zu molekularem Stickstoff reduzieren; ein Prozess, den Biologen als Denitrifikation oder Nitratatmung bezeichnen.
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Dentrifikation...
...die durch bestimmte Bakterien unter Abwesenheit von Sauerstoff, hervorgerufene Umwandlung von Nitraten und Nitriten in Stickoxide bzw. Stickstoff. In der Abwasserreinigung und Trinkwasseraufbereitung ist die Denitrifikation erwünscht, da die gelösten Stickstoffverbindungen in gasförmige Verbindungen umgewandelt werden und so aus dem Wasser entweichen.
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Umwandlung in ungiftiges Kohlendioxid
Bei der Dentrifiaktion oxidieren die Bakterien verschiedene organische Stoffe, unter anderem auch Benzol, das sie in ungiftiges Kohlendioxid umwandeln. Der Abbau verläuft nahezu vollständig, wie die Mikrobiologen mithilfe radioaktiv markierten Benzols nachweisen konnten.

Erfreulicherweise leben die beiden Dechloromonas-Stämme fast überall auf der Welt. Die Mikrobiologen fanden sie nicht nur vor ihrer Haustür, sondern entdeckten sie auch in Sedimenten aus der Antarktis. Jetzt hoffen sie, dass die mikrobiologischen Umweltschützer bald ihren Appetit auf Benzol im großtechnischen Maßstab befriedigen können.

(APA/wissenschaft-online/red)
->   Department of Microbiology, Southern Illinois University
Originalartikel in 'Nature' (Nature 411: 1039-1043, 2001; kostenpflichtig) unter dem Titel " Anaerobic benzene oxidation coupled to nitrate reduction in pure culture by two strains of Dechloromonas".
->   Originalartikel in 'Nature'
 
 
 
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01.01.2010