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Ungeliebte Mathematik  
  "In Mathematik war ich schon immer schlecht." Mit einem Augenzwinkern bestätigen das die meisten Menschen. Bei Leseschwäche oder der vollständiger Unkenntnis, wer Mozart war, wäre man mit solchen Eingeständnissen wohl etwas weniger schnell. Die Disziplin leidet an einem schlechten Image und das wirkt sich auch negativ auf die mathematische Schulausbildung aus. Ist sie wirklich nur unnötig und lästig?  
Mathematik Note 5
TIMSS lautete der kryptische Titel einer internationalen Studie, die viel Aufsehen erregt hat. Sie konfrontierte nämlich erstmals die ideologisch gefärbte Debatte zum Thema "was soll die Schule bewirken" damit, was die Schule tatsächlich bewirkt.

Und - Österreich hat schlecht abgeschnitten. Obwohl heimische Volksschüler noch sehr gute Ergebnisse hatten , scheint sich auf dem langen Weg durch die Schule die Begeisterung für Mathematik zu verflüchtigen: Letzter Platz unter 24 Ländern in denen Gymnasiasten getestet wurden. Der einzige Trost: In Deutschland sieht es auch nicht viel besser aus.
->   TIMSS-Projekt
Frühe Abneigung
Für Prof. Taschner von der TU Wien ist das kein Wunder. Ihm erscheint der Unterricht in Naturwissenschaften wie ein "skurriler Musikunterricht, bei dem Lehrer die Schüler ohne Erklärung vor die Tasten eines Klaviers setzen, und von ihnen fordern, doch das Spielen zu lernen". Denn obwohl die Welt von Mathematik durchdrungen ist, beschränkt sich die Ausbildung auf das Auswendiglernen und Abspulen einiger vorgerechneter Beispiele. Keineswegs wird eigenes Interesse geweckt oder die Kreativität der Kinder gefördert.

Das soll sich jetzt ändern. IMST (Innovations in Mathematics and Science Teaching) ist ein Projekt, das vom Bundesministerium daraufhin in Auftrag gegeben wurde. Hier soll die aktuelle Situation in Österreich analysiert und Verbesserungsvorschläge erarbeitet werden.
->   Arbeitsgruppe Moderner Mathematikunterricht
Früherziehung
Eine Methode, das Interesse für Mathematik zu wecken, ist, bereits Vorschulkinder behutsam mit dem Thema vertraut zu machen. Wie in Österreich durchaus üblich werden schon kleine Kinder an die Musik herangeführt. Das soll auch mit einer sogenannten mathematischen Früherziehung erreicht werden.

Dabei geht es nicht um das Lernen von Formeln oder Inhalten, sondern um die Offenheit zu bewahren die Kinder wahrscheinlich für alle kreativen Bereiche des Lebens haben, und im Laufe ihrer Schulkarriere nur allzuoft verlieren.

Zählen, Zuordnen oder die Orientierung im Raum sind Dinge, mit denen sich die Kinder beschäftigen und ihre Umwelt schon von Anfang an auch als etwas auch ¿mathematisches¿ wahrnehmen und deshalb dem Thema, wenn es als Schulfach wiederkehrt, gegenüber positiver eingestellt sind.
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Zugbrücke außer Betrieb
Auch der deutsche Schriftsteller Hans Magnus Enzensberger hat sich dem Thema verschrieben, ein Kinderbuch geschrieben und einen beachteten Artikel anlässlich einer Mathematiker Tagung, der auch innerhalb der Mathematik Leben in die Diskussion gebracht hat. Für Enzensberger ist es ein Paradoxon, dass in wohl keiner Disziplin die im letzten Jahrhundert so viel erreicht hat, so wenig akzeptiert ist. und zwar nicht als Mittel zum Zweck sondern als eigene Ausprägung unserer Kultur.
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MQ: Mathematik Quartier
Diesem Thema widmet sich auch ein geplantes Mathematik Museum. Beantragt ist es schon, ob sich ein Platz im neuen Museumsquartier findet wird sich erst entscheiden. Die Mathematik als zweck-lose Wissenschaft, im dem Sinn, daß man sie nicht als Notwendiges Übel zum ausrechnen von , sondern als schön .
Im Museum Mathematik begreifen
Mitorganisator Emil Simeonov: "Im Museum soll man Mathematik begreifen können, ein bisschen herumschnuppern. Wenn man in einem Restaurant in die Küche schaut, kann man auch nicht gleich kochen, aber man weiß zumindest wie gut es riecht." Das schwierige ist, dass sich Mathematik trotz aller Hilfsmittel, die es gibt, im Kopf abspielt, und bekanntlich ist das, was im eigenen Kopf ist, anderen oft schwer näher zu bringen.

Besonders die Zusammenarbeit mit Kunstuniversitäten und Künstlern soll gepflegt werden. Denn beide Seiten könnten voneinander profitieren. Seien es nun die altbekannten Fraktale, der goldener Schnitt ¿ von dem Künstler schon Jahrhunderte profitieren - oder der heurige Pulitzer Preisträger in der Kategorie Theater David Auburn. Immerhin handelt sein Stück ¿Proof¿ vom Nervenzusammenbruch eines Mathematikers.

Ist die Mathematik also ein Fall für das Museum, oder soll das Quartier ein hipper Ort für die Begegnung in unserer mathematischen Welt werden?
Nicht Gesellschaftsfähig
Was das un-coole Image betrifft, müsste man also als Lösungsschritt die Mathematik in eine Art Taxi Orange Design kleiden.

Denn bei einer Experten-Tagung, die vergangene Woche in Bristol stattfand, hat ein bekannter Mathematiker aus seiner Jugend erzählt und endlich den wirklich relevanten Aspekt der Diskussion angesprochen: "Chemiker und Physiker können es krachen lassen, da dampft, brodelt und knallt es. Und deshalb haben die immer die hübschen Mädels bekommen". Bleibt nur zu hoffen, dass es den Mathematikerinnen da besser geht.

Niki Popper, ZIB-Wissenschaft
->   Das mathematische Kabinett
 
 
 
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01.01.2010