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Karl der Große: Heiliger und Tyrann  
  Am 25.Dezember 800 wurde Karl der Große in Rom zum Kaiser des Heiligen Römischen Reiches gekrönt. Zweifellos war er die beherrschende Figur des frühen europäischen Mittelalters.  
Der Frankenkönig Karl I. mit dem Beinamen "der Große" schuf durch permanente Kriege, im Zeichen des Kreuzes, ein Reich von kontinentalen Ausmaßen, das von der französischen Atlantikküste bis Ungarn, vom Mittelmeer bis zur Elbe reichte.
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Ein Vater Europas?
Den einen gilt Karl der Große als "Vater Europas", andere wollen ihn aus der Geschichte streichen. Fest steht: Die spektakulären Ereignisse am Weihnachtstag des Jahres 800 in Rom haben das Gesicht Europas verändert: Papst Leo III. setzte dem Frankenkönig eine Krone aufs Haupt und beugte vor ihm das Knie. Damit war die Vorherrschaft der byzantinischen Kaiser gebrochen und die Grundlage für das mittelalterliche Kaisertum gelegt worden. Die Person Karls des Großen wurde vielfach verklärt dargestellt, er wurde 1165 heilig gesprochen, nachfolgende Regenten in Deutschland und Frankreich betrieben einen regelrechten Kult um den Kaiser.
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Kaiserkrönung als Höhepunkt
Die Kaiserkrönung war der Höhepunkt der Regierung des Frankenkönigs. Vorausgegangen war ihr ein viele Jahre dauernder Machtpoker, an dem neben Karl als Schutzherrn Roms auch Spitzen der römischen Aristokratie und die durch eine Verschwörung an die Macht gekommene byzantinische Kaiserin Irene beteiligt waren.

 


Szenen aus der Vita Caroli, der Lebensgeschichte Karls des Großen.
Karl der Reformer
Karl selbst wurde nicht nur aufgrund seiner Reformen und seiner überaus erfolgreichen Herrschaft "der Große" genannt. Auch körperlich überragte er die meisten seiner Mitmenschen. Er liebte körperliche Ertüchtigung.
Darüber hinaus legte er großen Wert auf Bildung. Bekannt war, das er erstaunliche Sprachkenntnisse besaß. Er setzte umfassende Reformprogramme in Bewegung, die zwar oft Idee blieben, doch waren allein die Pläne zu jener Zeit ein Unikum.
Starke christliche Orientierung
Um diese Ideen überhaupt ausarbeiten und durchführen zu können, brauchte Karl ein Beratungsforum. Dazu avancierte mit der Zeit sein Hof, sein Palatium. Karl erweiterte die klassischen Hofämter aus der Merowingerzeit (Seneschalk, Kämmerer, Mundschenk, Stallgraf) um das des obersten Hofkapellans, was seine starke christliche Identifikation zeigt.
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Aachen als Zentrum
Der Hof kam in Karls Anwesenheit generell nur im Winter zustande, denn im Sommer befand er sich auf Kriegszügen. Dass hier keine feste Residenz des Hofes genannt wird, liegt daran, dass die Frankenherrscher traditionell zwischen ihren verschiedenen Königsgütern umherwanderten. Lieblingsaufenthalte Karls waren beispielsweise die Königspfalzen von Quierzy, Attigny, Herstal, Diedenhofen, Nimwegen, Worms und Ingelheim. Erst in späteren Jahren, als Karl die Kriegsführung mehr und mehr seinen Söhnen überlassen konnte, residierte er länger und dann ständig in Aachen.
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Karl als Förderer der Bildung
Die Königspfalz Aachen war auch symbolisch wichtig für Karl. Die Gelehrten von Karls Hof verdrängten die fränkischen Berater durchaus nicht, vielmehr erweiterten sie das Spektrum des Palatiums.

 


Szenen aus der Vita Caroli, der Lebensgeschichte Karls des Großen.
Ihre Aufgabe war das vielfältige verfassen von grammatischen und theologischen Texten in Muster- und Lehrbüchern. Diese wurden an Klöster weitergereicht, die ihre eigenen Buchbestände zu korrigieren hatten und Unterricht gemäß den Anweisungen erteilten.
Es entstanden die mittelalterlichen Skriptorien. Es war eine fränkische "Bildungsreform", die vor allem heutigen Historikern zugute kommt, da sie eine Unzahl an Capitularien, Skripten, Büchern und Schriften hervorbrachte, eine Reform die das gesamte Hochmittelalter beeinflusste.
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Einfluss der Kirche zu Karls Zeiten
Karl stützte sich auf die Kirche und benutze sie, um sich hinzugewonnene Gebiete Untertan zu machen und um seine Aristokratie gefügig zu halten. Er vergab Bischofssitze nach eigenem Gutdünken und hielt bei Bedarf Synoden ab.
Karl war zum Anführer des christlichen westlichen Okzidents geworden und konnte auf dieser Bühne seine Ideen verwirklichen.
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Nachklänge auf Europa
Die Nachfolger Karls hatten es schwerer und mussten deshalb oft von Historikern schlechte Kritiken einstecken. Schon gegen Ende von Karls Regierung setzte eine gewisse Stagnation in seiner Herrschaft ein.
Militärische Unternehmen hatte verstärkt defensiven Charakter, viele Reformen blieben in den Ansätzen stecken. Damit hatten seine Nachfolger zu kämpfen. Unzweifelhaft steht aber fest, dass die Karolinger keinen Herrscher mehr auf den Thron brachten, der das Format Karls hatte.
Unumstritten, widersprüchlich
Karl war als leidenschaftlicher Christ tief in seiner Religion verwurzelt. Bildung und Kultur versuchte er auf der Basis einer starken Kirche durchzusetzen.
Damit förderte die Bildung geistlicher und mönchischer Kultur, als auch eine weitere Entmachtung des Hochadels. Er ist der Begründer der höfischen Kultur des Hochmittelalters. Unzweifelhaft spiegeln spätere europäische Entwicklungen Einflüsse der widersprüchlichen Figur Karls des Großen.
->   Die Zeit Karls des Großen
->   Bildergalerie zu Karl dem Großem
->   Ausführliches zu Karl und seiner Zeit
 
 
 
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01.01.2010