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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Klimakonferenz endet mit "Einigung"  
  Nach zähen und langwierigen Verhandlungen in der Nacht zum Montag ist auf der Klimaschutz-Konferenz der UNO in Bonn eine "Einigung" erzielt worden, wie es offiziell heißt. Im Speziellen bedeutet es, dass viele Ziele des Kyoto-Protokolls stark verwässert wurden. Um Japan doch noch mit "ins Boot" zu holen, dessen Beteiligung nach dem Ausstieg der USA essenziell für die Umsetzung des Kyoto-Protokolls war, wurden diverse Zugeständnisse gemacht.  
Gewinner und Verlierer der Klimakonferenz
Japan, Australien und Kanada sind die eigentlichen Gewinner der UN-Klimakonferenz in Bonn. Mit ihrer Verzögerungstaktik pokerten sie hoch und erhielten sogar noch weiterreichendere Zusagen, als sie im Vorfeld erhoffen konnten.

Doch die Teilnahme Japans war unbedingt nötig, da sonst die erforderliche Mehrheit für ein In-Kraft-Treten des so genannten Kyoto-Protokolls gefehlt hätte.
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Japan unerlässlich für Kyoto-Protokoll
Zum In-Kraft-Treten des Kyoto-Protokolls müssen es 55 Staaten ratifizieren. Diese müssen wiederum für mindestens 55 Prozent des weltweiten Emissionen verantwortlich sein. Nachdem die USA bereits das Kyoto-Protokoll abgelehnt hatten, war eine Beteiligung Japans unerlässlich, um die erforderlichen Zahlen zu erreichen. Ziel des Kyoto-Protokolls ist es, den Ausstoß an Kohlendioxyd durch die Industriestaaten zu verringern. Sie sollen die Emissionen bis 2010 um durchschnittlich 5,2 Prozent gegenüber dem Niveau des Jahres 1990 senken.
->   Der Text des Kyoto-Protokolls
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Kompromisspapier macht Zugeständnisse
Das Kompromisspapier des niederländischen Konferenzvorsitzenden Jan Pronk kommt diesen Staaten sehr weit entgegen.

Sie dürfen sich nun ihre Waldbewirtschaftungs-Maßnahmen auf die Klimaschutzziele anrechnen lassen, und zwar bis zu 3,5 Prozentpunkte ihrer gesamten Reduktions-Verpflichtungen. Zudem können die Länder auch mit Emissionen Handel treiben.
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Die Schlüsselpunkte im Detail
1. Anrechnung von Wäldern: Insgesamt können Wälder bis zu einem Gegenwert von 169 Megatonnen Kohlenstoff einbezogen werden. Dies bedeutet allerdings zugleich, dass sich das im Kyoto-Protokoll festgelegte Klimaschutzziel je nach Ausnutzung dieses Mechanismus reduzieren wird: Nähmen alle Staaten ihre Freibeträge wahr, ginge der Ausstoß von Kohlendioxid nach Berechnungen des WWF weltweit lediglich um 1,8
Prozent zurück - und nicht um die im Protokoll veranschlagten 5,2 Prozent gegenüber 1990. Größter Nutznießer dieser Regelung ist Japan.

2. Mechanismen: Die Staaten können ihr Klimaschutzziel auch erreichen, indem sie mit Emissionen handeln oder Umweltprojekte in ärmeren Staaten finanzieren. Es wird entgegen den Forderungen der EU aber nicht vorgeschrieben, dass ein Großteil der Emissionen durch Maßnahmen im eigenen Land zu reduzieren sind. Es ist lediglich von einem "signifikanten Anteil" die Rede. Dies kommt erneut Japan, Kanada, Australien und Russland entgegen, die sich gegen feste Grenzwerte gewehrt hatten. Durchgesetzt hat sich die EU dagegen mit der Forderung, Industrieländern die Finanzierung von Atomkraftwerken im Ausland nicht als Klimaschutzmaßnahme anzurechnen.
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Japan deckt mehr als 50% über Wald ab
Damit kann etwa Japan, das seinen CO2-Ausstoß nach dem Kyoto-Protokoll um sechs Prozent gegenüber 1990 reduzieren muss, mehr als die Hälfte seiner Verpflichtungen über Waldbestände abdecken.
Finanzielle Unterstützung für Entwicklungsländer und OPEC-Staaten
Nicht nur die ärmeren Entwicklungsländer, sondern auch die reichen OPEC-Staaten erwirkten die Zusage, von der Europäischen Union finanzielle Unterstützung beim Klimaschutz zu erhalten.

Die EU-Staaten und eine Reihe anderer Industrieländer, darunter Kanada, wollen dafür bis zu 410 Millionen Dollar (924,3 Millionen Mark/472,6 Millionen Euro) pro Jahr zur Verfügung stellen.
EU senkt als einzige Region CO2-Ausstoß nennenswert
Deutliche Abstriche von ihren Klimazielen musste die Europäische Union machen. Sie hatte gehofft, als "Vorreiter" die zögernden Länder mitzuziehen. Stattdessen ist Europa im Ergebnis die einzige Region, die sich tatsächlich zu einem nennenswertem Abbau des CO2-Ausstoßes verpflichtet.
Keine rechtlich bindenden Sanktionsmechanismen
Die EU konnte sich auch nicht mit rechtlich bindenden Sanktionsmechanismen für den Fall durchsetzten, dass einzelne Staaten ihre Abbauverpflichtungen nicht einhalten. Mangels eines Konsenses wurde die Frage vorerst ausgeklammert.
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Kontrolle und Strafen beim Klimaschutzprotokoll
Das Klimaschutzprotokoll von Kyoto sieht ein System der Kontrolle und Bestrafung vor, damit die Länder ihre Treibhausgase auch wirklich wie vereinbart reduzieren. Heftig umstritten war auf dem Klimagipfel in Bonn, wie streng und wie hoch die Strafen sein sollten. Der erste Vorschlag von Klimagipfel-Präsident Jan Pronk sah völkerrechtlich bindende Konsequenzen vor, wenn die Länder ihre Ziele nicht erfüllen. Auch die EU hatte sich für konsequente Strafen ausgesprochen.

Vor allem Japan wollte dagegen eine weichere Linie durchsetzen. Auch das Strafmaß hatte Pronk festgelegt. Für jede Tonne Kohlendioxid, die in der ersten Verpflichtungsperiode nicht erreicht wird, sollten die Länder nach 2012 zusätzlich 1,3 Tonnen einsparen. Zudem sieht der Vorschlag Zahlungen vor, um den Umweltschaden zu reparieren, der durch die Nichterfüllung des Zieles eingetreten ist.
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Es ist kaum damit zu rechnen, dass die Länder um Japan, die hier eine Einigung blockiert haben, sich auf der Nachfolgekonferenz von Marrakesch im Oktober auf bindende Sanktionsmechanismen einlassen werden.
Geschickte Taktierer: USA
Die USA stehen aus ihrer Sicht am besten da. Sie haben sich in Bonn mit ihrer strikten Position, das Kyoto-Protokoll nicht zu unterzeichnen, öffentlich sehr zurückgehalten. Gleichzeitig kommt es ihnen recht, dass die Japan-Gruppe die Vereinbarung weiter verwässern konnte.

Da die USA zudem nicht aus dem Verhandlungsprozess ausgestiegen sind, haben sie weiterhin mit das Sagen, vor allem bei allen Finanzierungsentscheidungen, die der Einstimmigkeit bedürfen.
Umweltschutzverbände reagieren verhalten
Die großen Umweltschutzverbände reagierten verhalten erleichtert, kritisierten den erzielten Kompromiss allerdings als zu weich. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) bezeichnete den Kompromiss als einen "unzureichender Schritt".
"Löchrig wie ein Schweizer Käse"
Greenpeace richtete Vorwürfe an Kanada, Japan und Australien, die bis zum Schluss versucht hätten, eine Vereinbarung für die Ratifizierung des Kyoto-Protokolls zu blockieren. Dadurch sei das Kyoto-Protokoll "löchrig geworden wie ein Schweizer Käse", sagte der Greenpeace-Klimaexperte Karsten Smid.
Molterer zeigt sich zufrieden
Österreichs Umweltminister Wilhelm Molterer (ÖVP) zeigt sich mit dem Bonner Ergebnis zufrieden und erleichtert: "Es ist vergleichbar mit einer Art Notoperation, die in Bonn gelungen ist", sagte er am Montag im Ö1-Mittagsjournal.

Es sei ein Kompromiss, wo jeder nachgeben müsse, so Molterer weiter. Aber in den Kernelementen sei jetzt ein Paket vorhanden, das es möglich mache, weitere Klimaschutzmaßnahmen weltweit zu setzen und die Umsetzung massiv voranzutreiben.

(APA/AFP/dpa/red)
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01.01.2010