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Strange Quarks: Flüchtige Bestandteile der Materie  
  Auf der Jagd nach den kleinsten und flüchtigsten Bestandteilen der Materie gelang einem internationalen Physikerteam nun ein weiterer Schritt: Erstmals konnten die bislang nur hyptothetisch angenommenen "strange-quarks" direkt nachgewiesen werden.  
Dies berichtet ein Team aus 50 Forschern von 15 Instituten in der neuesten Ausgabe des "Physical Review Letters".

Diese bislang nur hypothetisch prognostizierten Teilchen wurden von den Wissenschaftlern aus sechs Ländern nun mit großem Aufwand gleich in zweifacher Ausführung in einem Atomkern "gesichtet".
Hypothetische Modelle
Neutronen, Protonen und Elektronen sind uns bekannte Bausteine der Materie. Die Physiker Murray Gell-Mann und George Zweig entwickelten aber in den sechziger Jahren ein Theorie-Modell, in dem Neutronen und Protonen aus noch kleineren Bestandteilen zusammen gesetzt sind - den so genannten "Quarks".

Dieses ursprünglich hypothetische Modell konnte nach und nach verifiziert werden, und alle sechs prognostizierten Quarkfamilien ließen sich experimentell bestätigen. Quarks kommen aber im Gegensatz zu Neutronen oder Protonen nie einzeln in der Natur vor.
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Quarks
Name für 1964 von M. Gell-Mann und G. Zweig eingeführte hypothetische Teilchen, Bestandteile von Protonen und Neutronen. Das Quarkmodell fordert heute sechs Quarks und sechs Antiquarks. Die Ladung der Quarks beträgt 1/3 bzw. 2/3 der elektrischen Elementarladung. Protonen und Neutronen setzen sich aus jeweils drei Quarks zusammen. Zunächst unterschied man nur drei Quarks: up-, down- und strange-quarks. Erweitert wurde das Modell später durch charm- und bottom-quarks (b). Das sechste, aus Symmetriegründen geforderte top-quark wurde 1994 mit dem Tevatron-Beschleuniger am Fermilab bei Chicago nachgewiesen. Freie Quarks sind bis heute nicht beobachtet worden; der Nachweis der Quarks geschieht experimentell durch Beobachtung verschiedener Elementarteilchen in großen Elektron-Positron-Speicherringen, deren Forschungsergebnisse ständig tiefer gehende Erkenntnisse über den Aufbau der Materie liefern.
->   Mehr zu Quarks
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Hinweise aus den letzten 40 Jahren
In den vergangenen 40 Jahren fanden etliche Wissenschaftler in ihren Experimenten 'Hinweise' auf jene flüchtigen Elementarteilchen. Doch es mangelte jenen 'Hinweisen' stets an direkter Nachvollziehbarkeit.

Die jetzigen Experimente wurden am Brookhaven National Laboratory in den USA durchgeführt. Bei den Versuchen zielte ein intensiver Protonenstrahl aus dem 'Alternating Gradient Synchrotron' auf eine Wolfram-hältige Probe.
Reaktion mit Protonen
Aus den zahllosen gemessenen 'Ereignissen', die beim Zusammenprall der Protonen mit der Wolframprobe festgestellt wurden, identifizierten die Forscher einen intensiven Strahl negativ geladener 'Kaonen'.

Dabei handelt es sich um Partikel, die aus einem Strange-Quark und einem Up-Antiquark bestehen. Mit diesen 'Kaonen' beschossen die Teilchenphysiker wiederum ein Berylliumhältiges Ziel. Bei der Kollision reagierten die 'Kaonen' mit den Protonen des Berylliums.
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Entstehung eines Atomkerns
Ein Teil der Energie, die beim Teilchenbeschuss des Berylliums entstand, wurde für die Bildung eines Paares aus Strange-Quark und Strange-Antiquark verbraucht. Die Quarks ordneten sich neu an, brachten eine Reihe von Teilchen und manchmal auch einen Atomkern hervor, der aus einem Neutron, einem Proton und zwei Lambda-Teilchen besteht, wobei letztere je aus einem Up-, einem Down- und eben einem Strange-Quark aufgebaut sind. Diese Lambda-Struktur konnten die Forscher allerdings nicht direkt beobachten. Also fahndeten sie nach Signalen, die auf einen Zerfall jener Lambdateilchen hinwiesen.
->   Alternating Gradient Synchrotron (AGS)
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30 interessante aus Millionen Ereignissen
Aus den Millionen aufgezeichneten Ereignissen während des Teilchenbeschusses konnten die Physiker 30 bis 40 heraus filtern, bei denen tatsächlich zwei 'strange-quarks' zeitgleich für einen kurzen Augenblick innerhalb des selben Atomkerns existierten.

Die neuen Entdeckungen könnten Aufschluss über die so genannte 'strange matter' geben. Diese Form der Materie kommt in stabiler Form wahrscheinlich nur noch in Neutronensternen vor.

Dadurch wäre ein besseres Verständnis jener Sternenreste möglich. Darüber hinaus vermuten Wissenschaftler einen großen Mengenanteil an 'strange matter' im frühen Universum. So könnten die neuen Erkenntnisse hilfreich bei der Klärung sein, was in den ersten Momenten des Universums passierte.

(red)
->   Brookhaven National Laboratory
->   Physical Review Letters (kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010