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Wie wählen wir unsere Lieblingsmusik aus?  
  Mit Musik geht alles leichter - so will es das alte Sprichwort. Und tatsächlich: Musik hebt die Stimmung, drückt Emotionen aus, kann nachdenklich, aggressiv, aber auch ruhig und entspannt machen. Doch nach welchen Kriterien wählen wir unsere Musik aus?  
Dieser und einer Reihe anderer Fragen geht die Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Musikpsychologie nach, die vom 21. bis 23. September an der Universität in Hildesheim stattfindet.
->   Deutsche Gesellschaft für Musikpsychologie
Wer nutzt wann warum welche Musik?
Peter Vorderer und Holger Schramm von der Hochschule für Musik und Theater Hannover wollen bei der Tagung auf Basis einer repräsentativen Umfrage die Frage "Wer nutzt wann warum welche Musik?" beantworten.
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Repräsentative Studie
Für die Studie wurden 150 computerunterstützte Telefoninterviews durchgeführt. Die Stichprobe wurde per Zufallsverfahren anhand des Telefonbuches für den Bereich Hannover ermittelt. Neben soziodemographischen Variablen (Alter, Geschlecht ...) wurden Musikpräferenzen, Hördauer, Tonträgerbesitz, musikalische Fähigkeiten und der Stellenwert von Musik erhoben.
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Musikauswahl nach Stimmungen und Situationen
Den Befragten wurden u. a. acht prototypische Situationen vorgegeben, die sich entweder durch eine bestimmte Stimmung (Freude, Trauer, Wut ...) oder eine Aktivität (monotone Hausarbeit, romantisches Essen zu zweit ...) auszeichneten. Zu jeder Situation wurde jeweils die erwünschte Musik, der Stimmungsausdruck der erwünschten Musik und der Zweck der Musikauswahl erfragt.
Positive Gefühle verlangen nach "positiver" Musik
Die Ergebnisse belegen, so Vorderer und Schramm, dass in positiven Kontexten wie Freude, Spaß, Romantik und Ruhe stimmungskongruente Musik, in negativen Kontexten wie Monotonie dagegen kompensatorische Musik ausgewählt wird.

Bei Gefühlen wier Trauer/Melancholie und Wut/Ärger wird nach beiden Prinzipien ausgewählt.
Frauen gerne auch melancholisch
Die Varianz der Musikauswahl in diesen beiden Situationen ist nach Angaben der Forscher zu einem großen Teil auf personenspezifische Merkmale zurückzuführen.

So bevorzugen z. B. Frauen in Situationen der Melancholie und Trauer im Vergleich zu den Männern eher stimmungskongruente Musik, und ältere Menschen in Situationen der Wut und des Ärgers im Vergleich zu jüngeren Menschen eher kompensatorische Musik.

Auch bezüglich der formalen Bildung und musikbezogener Persönlichkeitsmerkmale lassen sich Unterschiede in der Musikselektion erkennen.
Musik-Vorlieben und Aggression bei Kindern
Gunter Kreutz von der Johann Wolfgang von Goethe-Universität Frankfurt gehen auf der Tagung in Hildesheim einem anderen Aspekt von Musik-Präferenz und Gefühlen nach. Sie untersuchen den Zusammenhang von Musik und Aggressionen bei Kindern.

Schon frühere Befunde legten nahe, dass es diesen Zusammenhang gibt. Die Untersuchung von Kreutz klärt, dass dies bereits bei jüngeren Kindern im Alter von neun bis zehn Jahren gilt.
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Hitparade sehr beliebt
Die Ergebnisse zeigten zunächst eine prinzipielle Vorliebe der Kinder für Popmusik aus den Hitparaden, zugleich jedoch relativ breit streuende Urteile für eine Reihe von Genres.
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Buben aggressiver, schneller Pop bevorzugt
Die Aggressionsdiagnostik lieferte signifikant höhere Werte bei den Buben, aufgrund ihrer Daten wurden die Kinder als "niedrig", "mittel", "hoch" aggressiv sowie "gefährdet" klassifiziert. (Als "gefährdet" galten jene Kinder, denen eine psychologische Intervention empfohlen wurde).

In der weiteren Analyse zeigte es sich, dass die "gefährdeten" Kinder schnellen Pop hoch signifikant bevorzugen.
Tanzen hilft gegen Aggression
Des weiteren wirkte sich das Tanzen offenbar positiv auf die Aggressionswerte aus, und zwar bei beiden Geschlechtern. Buben und Mädchen, die angaben, mindestens einmal wöchentlich zu tanzen, ungefähr zwei Drittel der Stichprobe, hatten geringere Aggressionswerte als die anderen Kinder.
Fan-Star-Beziehung in der Volksmusik
Mit Emotionen anderer Art beschäftigen sich Hans Neuhoff und Silke Borgstedt von der Technischen Universität Berlin. Sie interessieren sich für die Beziehungen zwischen Fans und Stars der volkstümliche Musik.

Auf der Grundlage von Interviews mit Fans der Volkssängerin Stefanie Hertel, der Sängerin selbst sowie Komponist, Texterin, Manager und Bühnenautor, werden die Beziehungen untersucht.
Stütze in Krisensituationen
Die Aktivitäten der Fans stützen die Musiker - v. a. in Krisensituationen (öffentliche Kritik) - und stärken deren Rollenbewusstsein. Notwendig mangelnde Begegnungen mit den Stars werden dabei durch die Ausführung indirekter, familiär-persönlicher Gesten (Geburtstagsgruß, Weihnachtsgeschenk) "virtuell" normalisiert.
Quasi-religiöse Begegnungen
Die Überreichung eines Geschenkes andererseits beim Konzert auf der Bühne entspricht, als seltener Höhepunkt, einem "religiös-rituellen Handlungstypus".

Der Widerspruch zwischen Außergewöhnlichkeit und Normalität wird so imaginär überwunden und der Alltag nachhaltig illuminiert, meinen Neuhoff und Borgstedt.

(red)
->   Mehr über die Jahrestagung
 
 
 
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01.01.2010