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Artenschutz in den Weltmeeren  
  Die Meeresbiologie hat neue High-Tech-Lösungen entwickelt, die für den Artenschutz vielversprechend sind. Dadurch wird es möglich, Meerestiere wie Thunfische und Wale über einen langen Zeitraum hinweg zu beobachten. Sind ihre Lebensgewohnheiten besser bekannt, lassen sie sich auch besser schützen.  
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Der Österreicher Andreas Walli forscht am 'Tuna Reserach and Conservation Center' der Standford University. In einem dreiteiligen Gastbeitrag für science orf.at stellt er die neuen technischen Lösungen der Meeresbiologie vor.

Im ersten Teil wurde die Problematik der Großfischerei analysiert, die mit falsch festgesetzten Fangquoten, Mißwirtschaft und fehlenden Regulierungen zusammenhängt. Heute schildert Andreas Walli die Entwicklung von Sendern und Sensoren, mit deren Hilfe die Bewegungen der Fische über lange Strecken verfolgt werden können.
->   Teil 1: Fische für unsere Nachkommen
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Gastbeitrag von Adreas Walli
Regionales Wissen über das Verhalten von Meerestieren in Küstengewässer ist oft vorhanden, wo direkte Beobachtungen möglich waren. Fischer zum Beispiel überliefern Wissen über die Zeit des Vorhandenseins, die Tiefe und die Futterpreferenz einer Fischart an die nächste Generation weiter.

Ökologische Daten dagegen, die erst seit dem Beginn des letzten Jahrhunderts durch die Naturwissenschaften gesammelt worden sind, bilden seither die Grundlage für einen Grossteil unseres heutigen meeresbiologischen Wissens. Sobald sich Meerestiere aber von den Küstengewässer entfernen, ist das Wissen über deren Weiterweg meist unbekannt.
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Bedingungen des Wanderverhaltens
Durch historische, internationale Fischereidaten bzw. Beobachtungen war es möglich, Wanderverhalten festzustellen; es wurde vermutet dass der Zweck dieser Wanderschaften mit der Suche nach reichen Futtergründen oder besseren jahreszeitlichen Bedingungen zusammenhängt. Doch bei diesem Wissen ist es auch meist schon geblieben. Erst vor kurzem hat die Wissenschaft Methoden entwickelt, die diese Rätsel aufzudecken vermögen.
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Erste Entwicklungen
Anfang der achziger Jahre wurden zum ersten mal wasserdichte Radio-Telemetriesender, die ursprünglich für Wildbeobachtungen gebaut wurden, an Robben und Walen befestigt, um deren regionales Wanderverhalten zu erforschen.

Leider konnten diese nur für Tiere verwendet werden, die eine geraume Zeit an der Meeresoberfläche verbringen, weil Radiowellen sehr schlecht durch Salzwasser übertragen werden.
Schall-Sender
Auf der gleichen Idee beruhend, wurden Miniatur Schall-Sender gebaut, die auf hohen Wellenfrequenzen als Kommunkationsmedium beruhen, und an Walen wie auch Fischen befestigt bzw. implantiert wurden.

Diese Technik erfordert ein Boot, ausgerüstet mit den notwendigen Empfängern, in dauernder, konstanter Entfernung um die Position, Tiefe und sonstige Daten die von dem Sensor gesammelt werden, aufzunehmen.
Enormes Tauchverhalten
Dies ist auf einem offenen Meer kein leichtes Unterfangen und daher dauerten beobachtete Wanderverhalten mit dieser Methode im Durchschnitt nie länger als 1 bis 3 Tage. Obwohl sie sich nur über einen kurzen Zeitraum erstrecken, erlaubten die so gewonnenen Daten einen direkten Einblick in das tägliche Verhalten von Meerestieren.

Thunfische und Schwertfische z.B. zeigten enormes Tauchverhalten, das sich mit der Nachtzeit änderte. Ebenso konnten zum ersten mal Tauchfähigkeiten von Säugetieren wie Robben oder Walen vermessen werden.
Neue Speichermedien
Die nächste grosse Entwicklung kam mit dem ansteigenden Potential von Computerchips als Speichermedium. Diese wurden in den Sensorplattformen und auch Empfängermodulen eingebaut, um die über einen Zeitraum gesammelten Daten zu speichern.

Viele Individuen werden mit derartigen Sensoren ausgestattet. Anschliessend werden Bojen, in denen Empfänger mit Speichermedien integriert wurden, auf strategischen Plätzen auf den Meeresgrund mit einem Rückholsystem versenkt.
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Bojen sammeln Daten
Wenn ein Tier nun in den Empfängerradius einer Boje gelangt, schaltet sich ein Sendermodus automatisch ein und sämtliche Daten, die bisher gesammelt wurden, sowie die Identifikationsnummer des jeweiligen Sensors, werden im Bojensystem gespeichert. Die Bojen können in regelmäsigen Abständen geborgen und die Daten heruntergeladen werden.
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Voraussetzung für Regulierungen
Mit dieser Methode können z.B. Therorien von Laichplätzen geprüft werden, wie lange sich Individuen in gewissen Gebieten aufhalten und ob sie überhaupt wieder zurückkehren.

All dies sind sehr wichtige Informationen, um funktionierende Regulierungen in Fischereiwirtschaften implementieren zu können.
Derartige Experimente ließen vor allem auf das Potential solcher Techniken schliessen.
Moderne Lösungen
Fortschritte in der Elektronik und Zugang zu Satellitensystemen für wissenschaftliche Zwecke haben es neuerdings ermöglicht weitaus raffiniertere Systeme zu entwickeln.
Beispiel Blauflossenthunfisch (Thunnus thynnus)
Wie die meisten Thunfischarten ist diese Species durch ihren Lebensstil gezwungen, in kurzer Zeit weite Strecken zu durchschwimmen, um den hohen Futterbedarf zu decken. Dabei werden ganze Weltmeere durchschwommen und viele verschiedene Hoheitsgewässer mit verschiedenen Stufen von Fangquoten durchkreuzt.
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Fischbestände sind bedroht
Der Fischfang dieser Art gehört zu einen der ältesten (seit der griech.Antike) in der Welt und ist speziell im Mittelmeerraum fest in die Kultur verankert. Der Druck von seiten der Fischerei auf diesen bis zu drei Meter grossen Fisch hat in den letzten Jahren seinen Höhenpunkt erreicht und die Population scheint im letzten Jahr kolabiert zu sein. Erst seitdem der Nachschub des pazifischen Artverwandten nicht mehr ausreichend war, ist der Preis für den, als besten Sushi-fisch bekannten, Thunfisch ins astronomische gestiegen. So wurde zum Beispiel am 5. Januar 2001 ein 202 kg schwerer Blauflossenthunfisch am Fischmarkt in Tokio für
175. 000 US Dollar verkauft.
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Luxusware
Solch eine wirtschaftliche Bedeutung endet meist fatal für eine Art wenn nicht effektive Gesetze, die den internationalen Fang regulieren, in Kraft treten.

Solche Gesetze können, wie bereits erwähnt, aber eben nur dann etabliert werden, wenn genaue Daten über das Lebensverhalten dieser Art bekannt sind. Da ein gewisser wirtschaftliche Druck dahintersteht, war es möglich einen grossen Beitrag an Forschungsgeldern für die Erforschung dieser Art aufzutreiben und modernste Mittel konnten verwendet werden.
Neue Sensoren
Speziell für die Art des Blauflossenthunfisches wurden zwei verschiede Typen von elektronischen Sensoren entwickelt, die seither auch zur Erforschung vieler anderer Meerestiere erfolgreich verwendet wurden .
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Archivierende Sensoren
Diese 2 x 5 cm grossen Sensoren haben einen eingebauten ¿Memory Chip¿ der nach einer programmierten Abfolge Daten speichert (z.b. alle 2 Minuten). Die Daten kommen von vier Sensoren; ein Temperatursensor im Inneren des Gehäuses ¿ zuständig um Körpertemperatur zu messen; ein Temperatursensor für Wassertemperatur, ein Drucksensor für Tiefen und einen Lichtsensor ausserhalb des Gehäuses. Diese befinden sich an dem Ende eines flexiblen Glasfaserkabel, welches nach Implantierung des Sensorgehäuses unter die Bauchwand eines Fisches, aus diesem herausragt. Dieser Lichtsensor ist so in der Lage , Eigenschaften der Umwelt in welcher sich ein Fisch gerade befindet, zu messen. Die Batteriedauer sowie die Speicherkapazität des Chips reichen für ungefähr sechs Jahre aus.
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Rücksendung der Sensoren
Dieses System basiert darauf, dass der Fisch irgenwann von Fischern gefangen wird und der Sensor an eines der internationalen Fischereiinstitute zurückgeschickt wird.
Internationale Aufklärung durch diese, sowie eine Belohnung von 1000 US-Dollar(ca.15.000 ATS; 1093 EURO) für den zurückgeschickten Sensor führte zu einer Rücksenderate von 18 Prozent (49 von 279 implantierten Sensoren).

Die so gewonnen Daten werden von den Sensoren heruntergeladen und zur Analysierung aufbereitet. Um eine dauerhafte Aufzeichnung zu bekommen, werden als erstes Tauchkurven silmutan zu Wassertemperaturen und innerer Bauchtemperatur produziert. Diese werden zuerst visuell analysiert anschliessend statistisch ausgewertet.
Interpretation der Daten
Während Temperaturvorzüge sowie Muster von Tauchverhalten leicht ausgewertet werden können, so wird die biologische Interpretierung der Daten schon etwas schwieriger und daher als eine Art Kunst angesehen.

So kann ein geübter Fischbiologe Ereignisse wie Fressverhalten oder Laichverhalten herauslesen, sowie von Tauchmustern auf die jeweilige Umgebung im Meer zurückschliessen.
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Im drittenTeil dieser Serie wird Andreas Walli über die Weiterentwicklung der Sensoren und die Verwendung von Satellitendaten für die Meeresbiologie berichten.

Fragen richten Sie bitte an
awalli@stanford edu
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->   Hopkins Marine Station
->   Tuna Research and Conservation Center
 
 
 
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01.01.2010