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Nach dem Anschlag: Überleben unter Trümmern  
  Gestern um kurz vor 15.00 Uhr MESZ krachte das erste Flugzeug in das New Yorker World Trade Center. Eine Stunde später stürzte der erste Wolkenkratzer ein, bald darauf der zweite. Fast 24 Stunden sind seitdem vergangen, offenbar gibt es Überlebende unter den Trümmern. Wie groß sind deren Überlebenschancen?  
Lebensnotwendiger Sauerstoff
Bild: APA
Entscheidend ist, ob die Verschütteten Sauerstoff bekommen, ob es Hohlräume gibt oder von außen Frischluft unter die Trümmer zieht.

Beim Einsturz der Gebäude gab es riesige Staubwolken, das erschwert die Atmung zusätzlich, sagt der Spezialist für Intensivmedizin Heinz Steltzer gegenüber Ö1.
Dämmerzustand
Nehmen die Sauerstoffreserven ab und beginnt der Patient schwächer zu atmen, begibt er sich in einen Dämmerzustand, so Steltzer ("Co2-Narkose"). Es gibt aber Berichte, dass Verschüttete nach draußen telefonieren. Daraus schließt Steltzer, dass einige noch bei gutem Bewusstsein sind.
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Kinder besonders gefährdet
Bild: APA
Drei Tage ohne Flüssigkeit, sechs bis sieben Tage ohne Nahrung kann ein gesunder und unverletzter Mensch überleben. Kinder haben geringere Chancen, trainierte oder sportliche Menschen größere, sagt Steltzer.

Kinder haben deshalb eine geringere Chance, weil sie mehr von Flüssigkeit abhängig sind als Erwachsene. Bei trainierten Menschen kann der Kreislauf besser auf die Notsituation reagieren, so Steltzer. Dazu kommt, dass der Körper den Stress besser bewältigen kann.
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Tod ab 20 Prozent Wasserverlust
In gemäßigten Breiten nimmt ein Erwachsener pro Tag etwa 1,8 Liter Flüssigkeit durch Getränke und Nahrung zu sich. Sinkt der Wassergehalt des Organismus um fünf bis zwölf Prozent des Körpergewichts, leidet der Betroffene unter quälendem Durst, die Schleimhäute trocknen aus und schließlich versiegen Schweißfluss und Harnproduktion. Bei einem Wasserverlust von 15 bis 20 Prozent des Körpergewichts tritt der Tod durch Verdursten ein.
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Wundersame Rettungen
Wie durch ein Wunder sind in der Vergangenheit immer wieder verschüttete Menschen - auch Tage nach dem Unglück - gerettet worden.

Spektakulärstes Beispiel in Österreichs jüngster Geschichte war der Bergmann Georg Hainzl, der das Grubenunglück von Lassing im Sommer 1998 überlebte. Neuneinhalb Tage lang blieb er - ohne zu essen oder zu trinken - verschüttet, ehe seine Rettung gelang.

Mediziner machten die kühle Umgebungstemperatur und daraus folgernd einen verlangsamten Stoffwechsel sowie den hohen Wassergehalt der Atemluft dafür verantwortlich.
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Internationale Beispiele
1999 ernährten sich zwei Brüder nach einem Beben in Taiwan nahezu sechs Tage von ihrem Urin, herabtropfendem Wasser und Äpfeln, bevor sie aus den Trümmern befreit wurden. 2.400 anderen Menschen brachte das Beben den Tod.

1992 wurde in der Osttürkei eine 22-jährige Krankenschwester neun Tage nach einem Beben (über 500 Opfer) aus den Trümmern eines Krankenhauses gerettet. Die junge Frau stand bereits auf der Liste der Toten.

1986 wurde in Kalamata in Südgriechenland zehn Tage nach einem Beben (20 Tote) eine 75-jährige Frau unter ihrem eingestürzten Haus hervorgeholt.
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Blutersatz?
Bild: APA
In allen Bundesstaaten der USA spenden Menschen Blut für Verletzte und Überlebende. Eine andere Möglichkeit sei ein Sauerstoff tragender, künstlicher Blutersatz, regt Steltzer an.

Neben all den körperlichen Komplikationen sei die psychische Belastung für Überlebende enorm, so der Intensivmediziner.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft/red
 
 
 
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01.01.2010