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Kindern Katastrophen erklären  
  Auch in Österreich haben Kinder über Radio, Fernsehen, Zeitungen und durch die Gespräche der Erwachsenen die Anschläge, die Bedrohung und die Meldungen über vermutlich Tausende Tote nach den Terroranschlägen in den USA mitbekommen. Eltern und Lehrer sollten mit Kindern über solche dramatischen Ereignisse reden, raten Psychologen. Nur so könnten Kinder ihre Betroffenheit und ihre Ängste verarbeiten.  
Nicht allein lassen
Mit diesen Eindrücken sollen Kinder nicht allein bleiben, sagt Franz Sedlak, Psychotherapeut und Leiter der Abteilung Schulpsychologie-Bildungsberatung im Bildungsministerium.

Darüber reden statt Fernsehverbot, meint er: "Nicht das Verstecken und das Verbergen der Welt ist die Devise, sondern das gemeinsame Bearbeiten."
->   Hilfe der Schulpsychologie-Bildungsberatung
Nicht überfordern
Mit Erklärungen von Erwachsenen können Kindern überfordert sein. "Nicht Fragen beantworten, die das Kind nicht stellt; nicht mit Details überfahren, die nicht verarbeitet werden können, und nicht mit Ängsten belasten."

Kinder deuteten eine unklare Situation nach der Reaktion der Erwachsenen, so der Schulpsychologe. Spüren sie die Ängstlichkeit ihrer Eltern, werden sie selbst ängstlich. Eine falsch verstandene Aufklärung könnte die "No Future"-Mentalität noch verstärken, meint Sedlak.
"Keine Eindrücke ohne Ausdrücke"
Gefühle, die Bilder und Meldungen ausgelöst haben, sollten besprochen werden, so Sedlak. Werden sie unterdrückt, arbeiteten sie im Unterbewusstsein weiter.

Das Ausdrücken, das Aussprechen und Besprechen zeig dem Kind, dass es auch anderen so geht, dass auch andere so fühlen - Angst haben, trauern oder wütend sind.
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Kinder- und Jugendpsychologie
Teilgebiet der Entwicklungspsychologie, das sich in Forschung und Lehre mit den psychischen Erscheinungen des Kindesalters befasst; wird oft im weiteren Sinne auch unter Jugendpsychologie behandelt.

Seit W. Preyers bahnbrechendem Werk "Die Seele des Kindes" (1888) gab es in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts in den USA (S. Hall, J. M. Baldwin), in der Schweiz (E. Claparede, J. Piaget) und in Deutschland (K. Groos, W. Stern, Karl Bühler und Charlotte Bühler) führende Vertreter der Kinderpsychologie. Neben der Gesamterfassung wird etwa die Entwicklung der Intelligenz, der Sprache, des Gedächtnisses, der Wertgefühle erforscht und zahlreiche Testverfahren entwickelt.
->   Mehr zu Entwicklungspsychologie
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Reaktionen beobachten
Sedlak rät, die Reaktion des Kindes zu beobachten: Zeigt es Angst oder Betroffenheit? Verschließt es sich, wird es unruhig oder unkonzentriert? Das Kind solle "dort abgeholt werden, wo es sich befindet": bei den vielleicht nicht ausgesprochenen Gefühlen.

Durch die Frage "Was sagst Du dazu?" bekomme das Kind (je nach Alter) die Möglichkeit, selbst auch nach den Ereignissen zu fragen.
Hoffnung und Halt geben
Damit sich Kinder nicht hoffnungs- und hilflos fühlen, empfiehlt Sedlak, über die - wenn man so will - positiven Seiten zu sprechen: dass Menschen Blut spenden, um zu helfen, oder dass andere Staaten sich mit den USA solidarisch erklärt haben. Das kann dem Kind Halt geben.

Gegen das Gefühl der Hilflosigkeit sei es wichtig, zu besprechen, was getan wird, um solche Katastrophen künftig zu vermeiden oder wie sich die Familie/die Gruppe in Notsituationen verhalten würde.
Belastend für Erwachsene
Dass wenige Menschen eine enorme Zerstörung anrichten können, erzeuge bei nahezu jedem Menschen ein Gefühl der Angst und Hilflosigkeit, sagt der deutsche Psychologe Steffen Fliegel von der Gesellschaft für Klinische Psychologie und Beratung in Münster.

Dem Gefühlschaos folge schnell die Angst vor der Zukunft. Weil der einzelne Bürger die Zukunft nicht lenken kann, werde sich diese Angst erst dann legen, wenn künftige Schritte der Regierungen bekannt würden, sagt Fliegel.
Suche nach dem Schutzraum
"Um die Zukunftsangst zu bewältigen, sucht jeder Mensch nach einem kleinen Schutzraum", so Fliegel. Mangels Alternativen würden voraussichtlich viele Menschen ihr Auto voll tanken oder Lebensmittel einkaufen.

Zugleich wolle jeder wieder sein psychisches Gleichgewicht herstellen und suche nach Schuldigen. Auch der deutsche Psychologe rät, über die Vorfälle zu sprechen.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
->   Die Psychologie des Jugendalters
->   Deutsche Gesellschaft für Psychologie
 
 
 
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01.01.2010