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High Tech- Meeresbiologie und Artenschutz  
  Überfischung, Misswirtschaft in der Großfischeri und fehlende Schutzbestimmungen führen dazu, dass viele Fischarten in den Weltmeeren in ihren Beständen bedroht sind. Neue Methoden der Meeresbiologie zur Erkundung ihrer Lebensräume sollen auch einen praktischen Beitrag zum Artenschutz leisten.  
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Fische für unsere Nachkommen
Der Österreicher Andreas Walli forscht am 'Tuna Research and Conservation Center' der Standford University. In einem dreiteiligen Gastbeitrag für science orf.at stellt er die neuen technischen Lösungen der Meeresbiologie vor.
Nach einer Analyse der Problematik der Großfischerei wurde im zweiten Teil die Entwicklung von Sendern und Sensoren geschildert, mit deren Hilfe die Bewegungen der Fische über lange Strecken verfolgt werden können. Zum Abschluss dieser Serie stehen heute Sensoren im Mittelpunkt, die mit Sendeeinrichtungen für die Satellitenkommunikation ausgestattet sind und ganz neue Einblicke in das Meer als Lebensraum erlauben.
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->   Teil 1 der Serie
->   Teil 2 der Serie
Gastbeitrag von Andreas Walli
Zum arbeitsintensivsten Teil der Datenanalysierung gehört das Schätzen der Geopositionen, d. h. das Errechnen der Position für einen jeweiligen Tag. Durch die aufgenommene Lichtkurve lässt sich die Zeit für Sonnenaufgang und Sonnenuntergang bestimmen.

Da die Sensorzeit auf Weltzeit geeicht wurde, kann nun die Abweichung für einen bestimmten Tag festgestellt werden und daraus der Längengrad des Koordinationssytemes berechnet werden. Durch vorherige Kalibrierungsexperimente ist festgestellt worden, dass diese Art der Längengrad Berechnung auf 10 nautische Meilen genau ist.
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Methoden zur Positionsbestimmung
Zur Schätzung des Breitengrades ist eine weitaus komplexere Methode von unserem Team enwickelt worden. Für einen jeweiligen Tag werden die Temperaturen die der Sensor für die Zeit die der Fisch an der Meeresoberfläche verbracht hat, herausgefiltert und mit NASA Satelliten Temperaturmappen der Meeresoberfläche verglichen. Aufgrund der Berechnung des Längengrades kann nun nach dem Standort der 'Oberflächentemperaturunterschrift' der Sensordaten gesucht werden und dessen Breitengrad festgestellt werden.

Dies ist speziell für Thunfische, die dazu neigen sich an Grenzen von zwei sehr unterschiedlich warmen Wasserkörpern aufzuhalten, etwas leichter.
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Geographisches Informations-System
Manche dieser Fische werden erst nach vier oder fünf Jahren gefangen, so dass die Quantität der Datenmengen (2 Minuten Datenpunkte für vier verschieden Parameter) überwältigend sein kann und es für eine einzelne Person schlicht unmöglich ist, diese auszuwerten. Aus diesem Grund wurde ein Geographisches Informations System entwickelt das auf dreidimensionalen Parametern beruht. In diesem System sind beschriebene Analysationsverfahren automatisiert.
Detaillierte Studien sind möglich
Durch dieses System ist ein einzelner Wissenschaftler in der Lage, komplexe Beziehungen und Muster zu identifizieren. Das heisst, Laichplätze, jahreszeitliche Wanderrouten, zeitliche Ansammlungen an Futterplätzen, sowie ökologische Beziehungen zu anderen physikalischen, sowie auch biologischen Eigenschaften können identifiziert werden.

Die so beschriebene Verwendung von Elektronik und Analysationsverfahren machen die sehr detailierte Studien, speziell von Meerestieren, deren Lebensräume die grossen Weiten der Weltmeere sind, erstmals möglich.
Neue Sensoren
 


Archivierender Sensor (oben) und "Pop-off"-Sensor (unten)
Satellitenkommunikation
Eine Weiterentwicklung in diesem Sinne sind Archivierende Sensoren in deren Gehäuse verkleinerte Sendeeinrichtungen für Satellitenkommunikation eingebaut sind.

Dieses System ist deshalb Fischerei-unabhängig, da aufgenommene Daten über Satelliten zurückgesendet werden. Nun verhält es sich so, dass Sendeeinrichtungen nicht in der Lage sind, durch das Medium Wasser Signale an Satellitenempfänger zu senden. Ein kleiner Trick verhilft auch diesem Problem aus dem Weg zu gehen.
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Anbringung der Sensoren
Diese Satellitensensoren werden durch einen programmierbaren Lösemechanismus mit einer Nylonschlinge an der Rückenflosse eines Fische angebracht. Nach einer vorprogrammierten Zeitdauer schaltet sich die Lösemechanik ein und der Sensor dessen 'Kopf'aus Styropor besteht, schwimmt an die Meeresoberfläche.

Wenn der Drucksensor länger als zwei Minuten 0 m misst, schaltet sich die Sendeeinheit ein und schickt die gemessenen Daten in komprimierten Impulsen an das eigens dafür konziperte ARGOS Satellitensystem. Forscher haben dann 7 Tage Zeit diese Daten von dem An-Bord Speichers des Satelliten herunterzuladen.
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GPS für Fischpositionen
Ein weiterer Vorteil besteht in der Geopositionierung des Sensors und somit einer einmaligen GPS Position des Fisches zu dem Zeitpunkt der Datensendung.

Thunfische sind Schulfische, das heisst: werden viele Individuen mit solchen Satellitensensoren ausgestattet und diese zu strategischen Zeitpunkten programmiert an die Oberfläche zu 'poppen' (d.h. der Name Pop-off Sensoren), kann der Wanderweg einer Schule vefolgt werden.

 


Wanderwege einer Thunfisch-Schule, aufgezeichnet mit Pop-off Sensoren.
Satellitentechnologie
So gewonnene Daten können mit ozeanographischen Daten verglichen werden und erlauben damit einen völlig neuen Einblick in den Lebensraum Meer. Eine neue Entwicklung in diesem Sinne ist die Verwendung von Satellitentechnologie.
Vor- und Nachteile
Zugang zu Satellitensystemen für wissenschaftliche Zwecke und gleichzeitige Weiterentwicklung von speziellen Messgeräten haben es möglich gemacht, physikalische und sogar biologische Eigenschaften der Meeresoberflächen vom Weltall aus zu messen.

Dies hat Vorteile und Nachteile. Zum einen sind eine grossflächige Abdeckung und zeitlich konstante Messungen gegeben, auf der anderen Seite sind es 'nur' Messungen der obersten Schicht (bis zu zehn Meter Wassertiefe); weiters ist die Auswertung solcher Daten schwierig, deren Kosten sehr hoch und je nach Messverfahren, oft von 'Verunreinigungen' (z. B.Staub, Wolken etc.) der Atmosphäre beeinträchtigt.
Temperatur-Mappen
Trotzdem hat die Verwendung von Satellitendaten die biologische Interpretierung vieler Verhaltensmuster von Tieren erst möglich gemacht. Während Temperaturmappen, wie schon erwähnt, zur Geo-Positionierung hergenommen werden, können auch ozeanographische Phänomene durch Temperaturmappen identifiziert und die relative Positionierung von Meerestieren zu diesen interpretiert werden.
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Lebensgrundlage für verschiedene Arten
Zum Beispiel ziehen zyklonische Wirbel von grossen Meeresströmungen Nährstoffe aus den grossen Tiefen der Meere herauf und schaffen dadurch die Lebensgrundlage für planktonische Algen, was wiederum Futter für Zooplankton ist; hohe Dichtheiten von Zooplankton ziehen Schwarmfische wie Heringe oder Sardinen an, die wiederum Hauptnahrungsmittel für Thunfische sind.
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Meeresphysikalische Bedingungen
Hier wurde nur ein Organismus für eine Stufe der ökologischen Pyramide erwähnt; doch befinden sich in jeder Stufe viele verschiedene Arten und deren Dasein ist von den gleichen meeresphysikalischen Bedingungen abhängig.

Wale, Delphine, Seevoegel sowie viele andere Fischarten, um nur weitere Beispiele der Spitze dieser Pyramide zu erwähnen, ziehen mit diesen Gebieten von hoher biologischer Produktion, deren Ursache von den Eigenschaften der Wassermassen abhängen.

 


Positionen von Blauflossenthunfischen in Sommermonaten in Relation zur Chlorophyll-Produktivität.
Licht-Sensor
Wir sind nun in der Lage, nicht nur den Standort sondern auch den Zeitpunkt solcher Ereignisse festzustellen. Zur wohl wichtigsten Errungenschaft in diesem Bereich gehört der sogenannte SeaWifs Sensor.
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Dieser Licht-Sensor ist in der Lage, die relative Produktivität (Chlorophyll) des Meeres anhand der Stärke der Reflektion (grün) zu schaetzen. Die gleichen Daten werden auch verwendet um klimaveraenderte Erreignisse zu messen oder Co2 Absorptionsraten der Meere zu bestimmen.
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Meeres-Satellitendaten
Andere Techniken, um meeresphysikalische Erreignisse zu untersuchen, reichen von inaktiven Lichtsensoren welche die gesamte Licht- Bandbreite abdecken können, bis hin zu aktiven Radarsensoren. Die Einsatzbereiche dieser Meeres-Satellitendaten sind schier unendlich .
Forschung für die Zukunft
Besonders wichtig bei dieser Entwicklung ist auch, dass durch globale Datensätze wichtige Zonen identifiziert und Forschungsaktivitäten fokusiert werden können.
Daher gehören Forschungen in diesen fächerübergreifenden Gebieten zu einen der wichtigsten für die Zukunft der Menschheit.
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Wie kann ich helfen ?
Konsumenten bestimmen die Nachfage; daher liegt es in der Hand jedes Einzelnen, welche Auswirkungen Fischereiindustrien auf die Weltmeere haben.

Listen von gefährdeten Meerestieren, bzw. von Arten, deren Fangpraxis oder Aufzucht schwerwiegende Problem mit sich führt, finden sie unter:
->   http://magazine.audubon.org/seafood/guide/
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Bitte richten Sie weitere Fragen an:
awalli@stanford.edu
->   Tuna Research and Conservation Center
->   Hopkins Marine Station
 
 
 
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01.01.2010