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Mathematiker im NS-Regime  
  Nach dem "Anschluss" Österreichs im März 1938 wurden an den österreichischen Universitäten jüdische Professoren und Studenten vertrieben. Eine Ausstellung widmet sich nun den von den Nazis vertriebenen und ermordeten Mathematikern.  
Auch Franz Alt musste 1938 fliehen, derzeit ist er zu Besuch in Wien. Gestern hielt er eine Rede anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "Kühler Abschied von Europa, Wien 1938 und der Exodus der Mathematik".
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Ausstellung
"Kühler Abschied von Europa, Wien 1938 und der Exodus der Mathematik" ist noch bis Donnerstag im Arkadenhof der Universität Wien zu sehen.
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'Botschaft' an die Wiener
Mit 91 Jahren hat sich Franz Alt die Strapazen der Reise von New York nach Wien zugemutet. Der internationale Flugverkehr läuft nach den Attentaten in den USA erst langsam wieder an.

Bis zuletzt war unklar, ob Franz Alt kommen kann, absagen wollte er nicht: Er habe seinen Vortrag schon ausgearbeitet gehabt und hielt es für wert ihn zu halten ¿ es sei eine Botschaft an die Wiener.
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Schüler von Karl Menger...
Franz Alt studierte bei Karl Menger Mathematik. Menger entwickelte die Grundlagen der Spieltheorie. In seinem "Mathematischen Kolloquium" scharte er herausragende Mathematiker um sich, wie Kurt Gödel und Franz Alt. Zu den Kolloquien durften laut Alt nur geladene Studenten und ausländische Besucher - vorrangig aus den USA, Polen, Japan und nur wenige aus Deutschland, erzählte Alt in seinem Vortrag in Wien.
->   Karl Menger
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...'Lehrer' von Oskar Morgenstern
Alt gab dem Nationalökonom Morgenstern "Nachhilfe" in Mathematik. Sie besprachen von Morgenstern ausgewählte Bücher: "Ich weiß nicht, ob er viel Mathematik von mir gelernt hat, aber ich habe viel Nationalökonomie von ihm gelernt." Und die half ihm später bei seinen Publikationen in den USA, so Alt.
->   Oskar Morgenstern
Emigration
Franz Alt bekam schon in der Zeit des Ständestaates keine feste Anstellung als Mathematiker, der Antisemitismus war bereits vor dem Einmarsch der Nationalsozialisten allgegenwärtig. Am siebten Mai 1938, mit 28 Jahren, wanderten Alt und seine erste Frau in die USA aus.

Drei Monate lang habe er keinen Job gefunden, von 60 Bewerbungen seien 58 ablehnende Schreiben zurückgekommen. Dann endlich: zwei Zusagen aus Kansas und New York.
Programmieren für ENIAC
In den USA war Franz Alt an der Entwicklung des ersten elektronischen Großrechners beteiligt. ENIAC ("Electronic Numerical Integrator and Calculator") wurde zum Stammvater der heutigen Computer. 1946 spuckte ENIAC seine ersten Rechenergebnisse aus.

Vorausgegangen war die Idee eines programmgesteuerten elektronischen Rechners des aus Österreich stammenden US-Mathematikers John von Neumann, der auch an der Konstruktion von ENIAC mitwirkte.
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ENIAC
ENIAC, damals auch als "Elektronisches Gehirn" bezeichnet, sollte Raketenflugbahnen berechnen. Der erste vollständig mit Elektronenröhren bestückte Computer wog rund 30 Tonnen. Er benötigte für die Multiplikation zweier zehnstelliger Zahlen 2,8 Millisekunden. Brannte eine der 18.000 Röhren durch, war ENIAC nicht mehr betriebsbereit. Der mehr als 25 Meter lange erste Computer füllte einen kleinen Saal. Heute ist ein Computer von der Größe einer Zehn-Schilling-Münze so leistungsfähig wie ENIAC damals war.
->   Mehr zu Eniac
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->   Mehr zu Eniac2
Heimat USA
Zurück nach Österreich wollte er nicht mehr, sagt Franz Alt heute. Erst in den vergangenen Jahren habe er das Gefühl, dass es hier genügend Leute gäbe, die die Vertreibung 1938 bedauern. Man könne die Vorgänge nicht verzeihen und nicht entschuldigen, man müsse sich deshalb daran erinnern.

Barbara Daser, Ö1-Wissenschaft
->   Schicksale Wiener Mathematiker im NS-Regime
 
 
 
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01.01.2010