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Glaube an Sterne steigt  
  Die Zahl der Astrologie-Gläubigen steigt. Neuere Untersuchungen, die in 50 Ländern gemacht wurden, ergaben: 50 Prozent der Menschen halten es für möglich, dass es einen Einfluss der Gestirne auf ihr Schicksal gibt. Die Hälfte davon ist sogar überzeugt, dass es diesen Einfluss gibt.  
Noch drastischer sind die Zahlen der jüngsten Umfrage des Linzer Market-Instituts über den Glauben der Österreicher: für 29 Prozent besteht ein Zusammenhang zwischen den menschlichen Schicksalen und den Sternen.
Jugendliche in der Krise
Diese Zahlen werden auch von Entwicklungspsychologin Brigitte Rollett von der Universität Wien bestätigt. Sie hat eine Studie unter 1.000 Jugendlichen über die Astro-Gläubigkeit durchgeführt.

"Ein Drittel der Jugendlichen war für Astrologie und andere Geheimlehren sehr empfänglich. Sie haben versucht, auf diese Weise ihre Probleme zu lösen. Das waren oft Jugendliche, die in einer Krise waren, die sich ihrer Rolle nicht sicher waren."
Ordnung im Himmel
Die Religionspsychologin Susanne Heine sieht bei Erwachsenen noch einen anderen Grund: ihnen fehlt in unserer Gesellschaft eine Ordnungsstruktur - und da bietet sich der Himmel als übergeordnete Schicksalsmacht an.

Wenn man nicht mehr an Gott glaubt, hat die Macht der Sterne ihre große Stunde. Deshalb sind auch die wahrsagerisch orientierten Astrologen so gefragt, sagt Peter Niehenke vom Freiburger Ausbildungszentrum des Deutschen Astrologen-Verbandes.
Wann werde ich sterben?
Das abergläubische Klientel will konkrete Antworten, einen Fahrplan für das Schicksal, sagt Niehenke, der das Standardwerk "Astrologie- eine Einführung" im Reclam Verlag geschrieben hat.

Die zweite Gruppe der Klienten hingegen will mehr über sich selbst erfahren: Was ist der Kern meines Wesens? Bin ich im Einklang mit meinem Innersten? Fragen der Selbstreflexion stellt dieses Klientel.
Vulgärastrologie in Tageszeitungen
Kerstin Fischer hat an der Universität Graz eine Studie zu Horoskopen in Tageszeitungen gemacht. Sie hat am Institut für Germanistik die sprachsuggestiven Elemente untersucht. Meist sind es keine Voraussagen, sondern Warnungen, Ratschläge, Feststellungen, die im Zeitungshoroskop stehen. Dazu kommen Schmeicheleien, die jeder gerne hört, sagt Fischer.

Eine astrologische Fachsprache soll den Anschein von Wissenschaftlichkeit erwecken. Viele Phrasen, viele Bilder machen das Horoskop dann wieder lesbar. Im Sommer wird der Urlaub angesprochen, im Winter die Einkaufshektik - da ist dann immer etwas Treffendes dabei.
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Barnum-Effekt
Ein Amerikaner wies schon 1974 diesen Pseudo-Individualisierungseffekt in einem Experiment nach. Versuchspersonen bekamen ein Horoskop - und alle fanden sich darin wieder, waren sogar von der Treffsicherheit der Aussagen beeindruckt. Nur, was sie nicht wussten, sie hatten alle denselben Text. In der Wissenschaft heißt dieses Phänomen der "Barnum-Effekt". Das sind Formulierungen, die jedem etwas bieten.
->   Mehr über den Barnum-Effekt
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Beruf nicht geschützt
Etwas psychologisches Geschick reicht meist schon, um das Interesse der Astro-Gläubigen zu wecken. In der persönlichen Beratung werden die Astrologen oft mit Psychotherapeuten verglichen. In der Psychotherapie gibt es allerdings ein Sicherheitsnetz. Nicht jeder kann Analytiker sein, weil er sich selbst dazu berufen fühlt.

Der Astrologenberuf ist überhaupt nicht geschützt. Seit kurzem gibt es in Österreich zumindest eine Prüfung für anerkannte Astrologen der Österreichischen Astrologischen Gesellschaft. Das Grundgerüst eines Horoskops ist schnell erlernbar, sagt Wolfgang Frey von der Österreichischen Astrologischen Gesellschaft.

Wichtig wäre, dass die Astrologen zumindest in der Ausbildung dafür sensibilisiert werden, wo ihre eigene Kompetenzgrenze liegt, meint auch sein deutscher Verbandskollege Peter Niehenke.
Psychotherapie der Zukunft?
Frey selbst hat eine Analytiker-Ausbildung. In der Psychologie gibt es den Lehranalytiker und Begleiter, der während einer langen Ausbildung durch die Therapie führt. Das fehlt den Astrologen völlig, meint Frey.

Dabei könnte unter seriösen Bedingungen die Astrologie sehr hilfreich bei der Selbsterkenntnis sein. Fritz Riemann geht in seinem Buch "Lebenshilfe Astrologie" sogar soweit, dass er die Astrologie als die Psychotherapie der Zukunft bezeichnet.

Sie ist im positivsten Fall eine Handlungsanleitung, die nicht schadet, meint hingegen Psychologin Rollett.

Ein Beitrag von Ulrike Schmitzer für die Ö1-Dimensionen vom 18. September 2001
->   Österreich 1
 
 
 
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01.01.2010