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Genforscher verteidigt Mensch-Kaninchen-Versuche  
  Der chinesische Professor Chen Xigu hat seine umstrittenen Studien verteidigt. Unter seiner Leitung war erstmals menschliches Erbgut in die Eizellen von Kaninchen gepflanzt worden, Ziel ist die Gewinnung embryonaler Stammzellen für die Forschung.  
Der Gentechniker der Zhongshan Medical Universität in Kanton räumte am Dienstag zwar ein, dass seine Arbeit gegen höchste Ansprüche ethischer Standards verstoßen könnte, hielt sie aber dennoch für vertretbar und notwendig.
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Menschliches Erbgut in Kaninchen-Eizelle gepflanzt
Seit Jänner hat das Forscherteam laut Angaben von Chen Xigu 2.000 Experimente vorgenommen, von denen mehr als 100 erfolgreich gewesen seien. Dabei wurden Kerne aus Hautzellen eines siebenjährigen Buben in entkernte Eizellen eines Kaninchens eingesetzt. Einige der Zellen entwickelten sich in das Morula-Stadium, einem Zellhaufen nach der 16. Teilung. Andere Forscher weltweit versuchen, Stammzellen erst aus dem darauf folgenden, etwas ausdifferenzierterem Blastula-Stadium zu entnehmen.
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Ziel: Gewinnung embryonaler Stammzellen
Zweck seiner Arbeit sei es, auf einfache Weise große Mengen embryonaler Stammzellen für die Forschung herzustellen, so der Forscher in einem Telefongespräch mit dpa.

Ethik verändere sich "mit der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung", sagte Chen Xigu. "Wir können nicht einfach Standards anderer Länder übernehmen."
Klonen nicht gleich Klonen
China müsse die Genforschung vorantreiben, sagte Chen Xigu: "Die ganze Welt macht es, und die Patienten warten." Die Menschen sollten nicht das Klonen zur Reproduktion mit dem Klonen für die medizinische Behandlung verwechseln.

Auch nehme er Hautzellen und nicht menschliche Eizellen für seine Versuche. Auf seine Weise könnten Stammzellen mit 99,999-prozentigen menschlichen Erbanlagen in großer
Menge produziert werden. Seine Forschung stecke ohnehin noch in den Anfängen, betonte der Forscher.
US-Forscher: Erste Versuche Ende der 90er
Bereits Ende der neunziger Jahre hatten US-Forscher aus Eizellen einer Kuh und der Haut eines erwachsenen Menschen neue Embryozellen erzeugt. Ziel ist die Entwicklung passender Gewebe aus den neuen Zellen zur Transplantation.
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Menschliche Hautzellen und Eizellen einer Kuh
Ein Team der biotechnologischen Firma "Advanced Cell Technology" (ACT) in Worcester (US-Bundesstaat Massachusetts) entkernte unbefruchtete Eizellen von Kühen und verschmolz den Rest mit menschlichen Hautzellen. Als Ergebnis entstanden embryonale Stammzellen mit überwiegend menschlichem Erbgut.
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Greenpeace gegen Patent auf Mischwesen
Die Umweltorganisation Greenpeace hat erst kürzlich beim Europäischen Patentamt in München Einspruch gegen ein Patent zur Züchtung von Mischwesen aus Mensch und Tier eingelegt. Dieser wurde jedoch im August weitgehend abgelehnt.
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Patent und Begründung des Patentamts
Nach Angaben von Greenpeace sind in dem umstrittenen Patent unter anderem Tiere erfasst, in die menschliche Zellen oder Organe verpflanzt würden. Das Patentamt hatte seine Entscheidung unter anderem mit dem möglichen medizinischen Nutzen des Patents begründet. Das Patent der amerikanischen Universität Stanford sei im wesentlichen weiterhin geschützt, lediglich einige technische Details müssten geändert werden, hieß es damals.
->   Europäisches Patentamt
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Experte: Stammzell-Gewinnung aus Mischwesen legal
Ein deutscher Experte, Jochen Taupitz von der Universität Mannheim, hält die Erzeugung von menschlichen Stammzellen aus einem Kaninchen-Mensch-Konstrukt im Übrigen für legal - auch in Deutschland.
Rechtslage sei "unsicher und lückenhaft"
Taupitz hält die Rechtslage für "unsicher und lückenhaft". "Es ist verrückt, aber in diesem Fall gibt es in Deutschland kein Gesetz, das explizit die Schaffung von embryonalen Stammzellen auf diese Art verbietet", sagte Taupitz der "Berliner Zeitung" (Mittwochausgabe, die der dpa vorab in der redaktionellen Fassung vorlag).
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Verbot der "Chimärenbildung"
Rechtswidrig wäre es nach Ansicht von Taupitz nur, wenn die so geschaffenen Embryonen in die Gebärmutter einer Frau (oder eines Tieres) übertragen würden. Das Verbot der "Chimärenbildung" beziehe sich im Wortlaut des deutschen Embryonenschutzgesetzes nur auf die Verwendung von menschlichen Keimzellen - die Chinesen hatten aber Hautzellen genommen.
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Forscher verweisen auf medizinische Risiken
Deutsche Forscher bezeichnen den Versuch laut "Berliner Zeitung" als Tabubruch und verweisen auf medizinische Risiken. Der Klonexperte Heiner Niemann aus Mariensee etwa warnt davor, dass Krankheitserreger aus den tierischen Zellen auf die Stammzellen übertragen werden könnten.
Forschung auch in China umstritten
Die Forschung des Kantoner Professors ist auch in China umstritten. Professor Ba Denian von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking sagte nach Angaben der Pekinger Zeitung Beijing Chenbao: "Als ich das hörte, war ich sehr geschockt."

Die Forschung "könnte die Grenze zwischen Menschen und Tier durchbrechen". Unausweichlich werde tierisches Erbmaterial in die menschlichen Zellkerne gelangen. Wenn dies in der Medizin eingesetzt werde, wäre das "sehr gefährlich". Professor Chen Xigu entgegnete ihm: "Er kennt meine Arbeit und mein Ziel nicht vollständig."
 
 
 
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01.01.2010