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Festländische Wal-Wurzeln  
  Rund 50 Millionen Jahre alte Fossilien werfen neues Licht auf die an Land lebenden Vorfahren der Wale. Die Fundstücke zeigen, dass Wale evolutionäre Verbindungen zu Paarhufern wie Schweinen, Rindern und Flusspferden haben und nicht wie bisher geglaubt von einer völlig anderen ausgestorbenen Tiergruppe abstammen.  
Von den etwa 50 Millionen Jahre alten Fossilien berichten zwei Forschergruppen gleichzeitig in den Fachzeitschriften "Nature" und "Science".

Während die bisher ältesten bekannten Wal-Vorfahren auf eine Lebensweise in flachen Gewässern hindeuten, weisen die neuen Funde evolutionär eindeutig auf Landtiere.
Walartige Schädel
"Hätte man die Skelette ohne die walartigen Schädel gefunden, so hätte man sie als Schweine- oder Tapir-ähnliche Tiere eingestuft", schreibt Christian de Muizon vom Naturhistorischen Museum in Paris in einem "Nature"-Kommentar.

"Diese neuen 'Missing Links' können in eine Reihe mit anderen berühmten Zwischenformen gestellt werden, wie etwa dem Urvogel Archaeopteryx." Etliche Wissenschaftler gehen davon aus, dass der Archaeopteryx ein evolutionäres Bindeglied zwischen Sauriern und Vögeln darstellt.
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Wale
Wale sind sekundär dem Wasserleben angepasste Säugetiere. Wale haben einen stromlinienförmigen Körper, an dessen Ende eine Schwanzflosse das Tier fortbewegt. Die Vordergliedmaßen sind flossenähnlich, die Hintergliedmaßen fehlen; der Beckengürtel ist verkümmert. Das Haarkleid ist bis auf Tastborsten bei den Bartenwalen rückgebildet. Auf der Rückenseite findet sich oft eine Rückenfinne. Als Wärmeschutz und für den Auftrieb dient ein Fettgewebe. Der Geruchssinn ist verloren gegangen, die Augen sind schwach, das Gehör gut, äußere Ohren fehlen. Das Gehirn der Wale ähnelt dem des Menschen, Teile der Großhirnrinde sind sogar stärker gefurcht. Nach einer Tragzeit von 10 - 13 Monaten wird ein Junges geboren. Wale leben oft gesellig. Heute unterscheidet man Barten- und Zahnwale.
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Vollständige Skelette
Die relativ vollständigen Skelette des etwa fuchsgroßen
"Ichthyolestes pinfoldi" und des wolfgroßen "Pakicetus attocki" besitzen typische bewegliche Knöchelknochen, wie sie noch heute bei den Paarhufern vorkommen. Ihr lang gestreckter Schädel hat dagegen vor allem in der Ohrregion starke Wal-Merkmale.

Damit seien die Tiere Übergangsformen gewesen, bevor die Gruppe sich dem Leben im Wasser zuwandte, erklären Hans Thewissen vom Northeastern Ohio Universities College of Medicine in Rootstown und seine Kollegen in der Zeitschrift "Nature" (Bd. 413, S. 277).
Deutliche Anpassungen
Philip Gingerich und seine Kollegen von der Universität Michigan in Ann Arbor (USA) berichten gleichzeitig in der Zeitschrift "Science" (Bd. 293, S. 2239) von zwei weiteren, etwa 47 Millionen Jahre alten Fossilien, ebenfalls aus Pakistan.

"Artiocetus clavis" und "Rodhocetus balochistanensis" zeigen bereits deutliche Anpassungen an ein Leben im Wasser - ihre kürzeren Beine besitzen aber Knöchel, die ebenfalls stark an die der Paarhufer erinnern. Daher ordnet Gingerich sie in diese Gruppe ein.
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Paarhufer
Kennzeichnend für die Artiodactyla ist der Aufbau des 'Fußes': Sie haben vier Zehen, von denen die beiden inneren das Körpergewicht tragen und wesentlich größer sind als die beiden äußeren. Paarhufer sind entweder fleisch- oder pflanzenfressend. Es gibt drei Unterordnungen: Schweineverwandte (Suiforines), Schwielensohler (Cameliformes) und Wiederkäuer (Rununantia). In Europa gibt es drei Familien von Paarhufern: die Schweine, die sich durch hohe Wurfgröße, Säugen am seitlich liegenden Muttertier und die Zahnformel 3-1-4-3/3-1-4-3 auszeichnen, sowie die Familien der Hirsche und der Rinderartigen, deren gemeinsame Merkmale das Fehlen der Schneidezähne im Oberkiefer, das Wiederkäuen der Nahrung und die Zahnformel 0 -(0 oder 1)-3-3/3-1-3-3 sind.
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Debatte über Ursprung der Meeres-Säuger
Die neuen Funde werfen ein entscheidendes Licht auf eine lang andauernde Debatte der Paläontologen über die Ursprünge der großen Meeres-Säuger.

Die Untersuchung der seltenen Skelette früher
walartiger Tiere hatten bisher auf eine völlig andere, bereits im Tertiär ausgestorbene Gruppe der Säugetiere hingewiesen.

Vergleiche der Erbsubstanz dagegen auf eine Verwandtschaft mit den Paarhufern. Alle bisher gefundenen frühen Wal-Verwandten stammen aus Pakistan und Nordindien. Damit scheint diese Region die ursprüngliche Heimat aller großen Meeres-Säuger gewesen zu sein.
->   Mehr zum Ursprung der Wale
Originalartikel in Nature unter "Skeletons of terrestrial cetaceans and the relationship of whales to artiodactyls" (Nature 413, 277 - 28; 2001)
->   Originalartikel in Nature (kostenpflichtig)
Originalartikel in Science unter "Origin of Whales from Early Artiodactyls: Hands and Feet of Eocene Protocetidae from Pakistan".
->   Originalartikel in Science (kostenpflichtig)
 
 
 
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01.01.2010