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Freiheit der Forschung in Gefahr?  
  Die Verbindungen zwischen Industrie und Universitäten, die sogenannten Drittmittelforschungen, gefährden zunehmend die Freiheit der Forschung an den öffentlichen Hochschulen.

 
Um ihre öffentliche Verantwortung weiterhin wahrnehmen zu können, sollten beide Seiten ihre Politik überdenken. So ein Pladoyer in der neuesten Ausgabe von "Nature".

Neuer Stein des Anstoßes ist das Abkommen zwischen der amerikanischen Elite-Universität Berkeley und dem Pharmakonzern Novartis - dem Merger zwischen Sandoz und Ciba.

->   Berkeley
->   Novartis
Fünf Millionen Dollar für Berkeley
Die Firma zahlt an die Universität jährlich rund fünf Millionen US-Dollar für Industrie-Forschung. Im Austausch dafür erhält sie einen Sitz in denjenigen universitären Gremien, die über die Forschungspolitik zu bestimmen hat.

Protest gegen diese Vereinbarung kommt von Seiten der Studierenden sowie von Teilen des Lehrkörpers. Deren Sorge ist, dass der Status Berkeleys als eine öffentliche Institution ¿ d.i. eine von der Öffentlichkeit finanzierte aber dieser auch rechenschaftspflichtigen Universität - unterminiert werde.
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Vorteile der Drittmittelforschung
Was bisher hauptsächlich in den USA usus war, wird seit einiger Zeit auch in den meisten europäischen Ländern von Seiten der Regierungen unterstützt: die Drittmittelforschung. Die Vorteile für Forscher und Universitäten sind vielfältig: Zugang zu Einrichtungen und Datenbanken der Industrie, finanzielle Unterstützung, die sowohl der Universität als auch den subventionierenden Firmen zugute kommt, Gelegenheiten für Akademiker, sich auf dem freien Markt mal umzusehen. Und schließlich die langfristigen Vorteile, die Erfahrungen und Kontakte so mit sich bringen.

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Vertrauensverlust in die Glaubwürdigkeit
Doch die Nachteile der Drittmittelforschung - zumindest für die Wissenschaft - werden immer offensichtlicher. In biomedizinischen Fachzeitschriften etwa sind Anzeichen dafür zu finden, dass Forscher, die im Auftrag einer Firma arbeiten, befangen sind, wenn sie über ihre Forschungsergebnisse berichten.
Derartige Interessenskonflikte führen zu einem allgemeinen Nachlassen des Vertrauens in veröffentlichte Forschungsergebnisse. Wenn Firmen die akademischen Freiheiten zu beschneiden oder den Einfluss der Industrie zu institutionalisieren suchen, wird die Sache sehr problematisch.
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Fallbeispiel
Ein Fall ist bekannt, da eine multinationale Chemie-Firma einer angesehenen Hochschule einen Vertrag anbot, worin festgehalten wurde, dass alle Forschungsergebnisse, die auf ihrer Datenbank Eingang finden, ins Eigentum der Firma übergehen. Da die Firma in diesem Punkt nicht nachgeben wollte, zog der betroffene Forscher sein Angebot zurück.

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Wie kann das öffentliche Vertrauen in die Forschung aufrechterhalten werden?
 Wachsamkeit und der Entschluss, Missstände anzusprechen. Unter dem Schutz der Universitäts-Verfassung sollten Wissenschaftler für sich selbst einstehen.

 Transparenz in Bezug auf eingegange Verpflichtungen und Konflikte, die daraus entstehen. Beispielsweise ist es notwendig zu verhindern, dass wertvolle Forschungsergebnisse von der Wirtschaft vereinnahmt werden. Denn dann könnte es passieren, dass diese Ergebnisse mit Verspätung veröffentlicht werden. Was wiederum dazu führt, dass Entdeckungen, die mit öffentlichen Geldern finanziert wurden, in den "Besitz" nur eines kommerziellen Nutzers geraten.
 Die Zahl der Universitätsangehörigen, die für eine Firma forschen, sollte offengelegt und auch beschränkt werden.

 Auf nationaler Ebene sollten diese Probleme diskutiert und auf Gefahren aufmerksam gemacht werden. Begrüßt wird die bevorstehende Untersuchung der Verbindungen zwischen Hochschulen und Industrie durch das amerikanische "National academic's committee on science, engineering and public policy".
 Auch die Industrie sollte dazu beitragen, das Vertrauen der Öffentlichkeit zu bewahren. Einige Firmen verhalten sich wie Raubtiere in Bezug auf Universitäten und das Wissen, das dort produziert wird. Manchmal bringt das kurzfristige Erträge. Doch das öffentliche Misstrauen, das langfristig entsteht, beeinflusst die Verbraucher und die staatlichen Regulierungen.
->   Nature Magazine
 
 
 
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01.01.2010