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Katastrophenmedizin: An das Unmögliche denken  
  New York und die USA wurden vergangene Woche von einer Katastrophe getroffen, die bisher unvorstellbar war. Derartige Ereignisse übersteigen akut die Möglichkeiten von Einsatzkräften. Jetzt diskutieren Experten Einsatzmöglichkeiten für das bisher Unvorstellbare.  
So lauteten Freitag Nachmittag die Kernaussagen von österreichischen Experten bei einer Podiumsdiskussion am Van Swieten-Kongress in Wien (bis 22. September). Das Thema: "Katastrophen - Wie gut sind wir geschützt?".
Keine Vorbereitung möglich?
Am eindringlichsten warnte bei der von "Standard"-Chefredakteur Gerfried Sperl moderierten Diskussion Oberst Norbert Fürstenhofer, Chef der ABC-Abwehrschule des Bundesheeres in Wien: "Kein Land konnte zum Zeitpunkt der Ereignisse und unter der Prämisse der Sicherheit in der Zivilluftfahrt auf eine solche Situation vorbereitet sein. Auch Österreich wäre einem derartigen Anschlag ausgesetzt gewesen."
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Tabubrüche
Die Terroristen hätten bei ihren mörderischen Attacken auf die Twin Towers des World Trade Center in New York darüber hinaus Tabubrüche begangen: Die Benutzung von Passagiermaschinen für Kamikaze-Angriffe und die Zahl der Opfer, die sie in Kauf genommen hätten. Bisher hätte man geglaubt, Terroristen würden solche Opferzahlen vermeiden, da sie sonst um den weiteren Rückhalt bei ihren Sympathisanten fürchten müssten. Doch das sei eben die viel zitierte "asymmetrische Kriegsführung": "Eine kleine Gruppe, ein kleines Land kann auch den 'Goliath' tödlich treffen."
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Mit dem Schlimmsten rechnen
Jedenfalls, so Fürstenhofer, sei für die Zukunft mit dem Schlimmsten zu rechnen: "Der nächste Schritt wird in dieser Logik auch der Gebrauch von Massenvernichtungswaffen sein. Es wird damit zu rechnen sein."
'Weg von Prestigeobjekten'
Für Wolfgang Kromp vom Institut für Risikoforschung der Universität Wien gibt es - gedanklich ¿ durchaus eine Strategie zur Risikominimierung: "Wir müssen von prestigeträchtigen, symbolreichen Bauten wegkommen. (...) Babylonische Türe werden auf Dauer nicht Bestand haben."

Das gelte für Kernkraftwerke genau so wie für riesige Staumauern und Wolkenkratzer. Szenarios hätten beispielsweise ergeben, dass bei Freisetzung des halben nuklearen Inventars des AKW Temelin bei einer bestimmten Wetterlage erhebliche Teile Deutschlands dauerhaft evakuiert werden müssten.
Flexibilität statt fixer Pläne
Der designierte Leiter des Wiener AKH als Teilbetrieb des Magistrats, Reinhard Krepler, betonte die Notwendigkeit der Vorbereitung auf Katastrophen, man sollte aber realistisch sein.

"Es ist besser, sich mit den Kleineren und
Bewältigbaren zu beschäftigen. Wir haben Katastrophenpläne für die Hilfe nach außen und die Hilfe nach innen."
Schon kleine Anlassfälle genügen
Ähnlich auch der Chefarzt der Wiener Rettung, Alfred Kaff: "Das 'schöne' an einer Katastrophe ist dass sie sich nicht an Pläne hält." Die Wahrscheinlichkeit eines "zivilen" Flugzeugabsturzes oder ähnlicher Schadensfälle sei im Umfeld Wiens jedenfalls größer als Anschläge nach der Art von New York.

Schon kleine Anlassfälle bei großen Menschenansammlungen würden genügen, um eine Katastrophe auszulösen. Kaff nannte ein mögliches Szenario bei Veranstaltungen wie zum Beispiel dem Donauinselfest: "Da braucht nur eine Panik ausbrechen, weil ein Würstelkocher explodiert."
Das Unmögliche für möglich halten
Für Major Fritz Lang, Leiter der Koordination beim Brandunglück von Kaprun, hat der Terror in den USA die Situation verändert: "Bis vor zehn Tagen wäre ich hier noch selbstbewusster gesessen." Bisher sei man davon ausgegangen, dass Österreich mögliche Katastrophen gut bewältigen könne.

Die Dimension der Tragödie von Manhattan müsse zu Zweifeln führen: "Es hat sich niemand gedacht, dass so etwas passiert. Dieses Szenario hat sich niemand vorgestellt. Wichtig ist, dass man auf solche Dinge mental vorbereitet ist und das Personal die notwendige Flexibilität hat."
Die Statements der Diskussionsteilnehmer sind ab
morgen, Samstag, etwa gegen 10.00 Uhr auch im Internet abrufbar unter http://www.otsweb.tv
->   Statements der Diskussionsteilnehmer
 
 
 
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01.01.2010