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Derrida: USA und Europa müssen ihre Politik ändern  
  Der Philosoph Jacques Derrida hat die USA und Europa eindringlich gemahnt, ihre Politik gegenüber den arabischen oder moslemischen Ländern zu ändern. Nur eine neue Politik im Nahen Osten kann einem islamistischem Terror nachhaltig den Boden entziehen.  
Es möge sein, dass es solcher Terroranschläge wie in New York und Washington einer "militärischen und polizeilichen Antwort bedarf. Aber eine solche Antwort wird nicht ausreichen, wenn nicht eine veränderte Politik dem Terror den Boden entzieht.
'Den Angreifern das Terrain entziehen'
Sonst kann man sicher sein, dass bald wieder alles von neuem beginnt", sagte Derrida, der am Samstag den Adorno-Preis erhielt, in einem Interview der "Süddeutschen Zeitung" (München/Montag).

Man müsse den Angreifern das Terrain in der öffentlichen Meinung entziehen, betonte er.
Veränderte Politik in Palästina
Insbesondere sei eine veränderte Politik in Israel und Palästina notwendig, sagte der französische Philosoph der Tageszeitung "Die Welt" (Berlin/Montag). Zur Verantwortung der USA führte er aus: "Die Beziehung zwischen den USA und Afghanistan ist sehr kompliziert. Die Amerikaner haben lange Zeit die Taliban unterstützt."

Der von den USA für die Terroranschläge verantwortlich gemachte Osama Bin Laden sei von Amerikanern ausgebildet worden. "Und dann unterstützen die USA gleichsam bedingungslos Israel, obwohl es so viele palästinensische Opfer gibt."
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Jacques Derrida
französischer Philosoph, geboren 15. 7. 1930 Algier; Professor für Philosophiegeschichte an der École Normale Supérieure in Paris; destruiert in Anknüpfung an Heidegger und Freud die Geschichte der Philosophie, soweit sie einen absoluten Anfang und ein absolutes Subjekt vertritt, und setzt dagegen eine ursprüngliche ¿Differenz¿, die sich in dem von ihm behaupteten Vorrang der Schrift vor der Rede zeigt. Arbeitete zu Husserl, Hegel und Nietzsche; Hauptwerke: "Die Schrift und die Differenz" 1967, deutsch 1972; "Randgänge der Philosophie" 1972, deutsch 1976. Adorno-Preis 2001.
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'Europa hat seine Anteil'
Europa habe an all dem seinen Anteil, meinte Derrida. "Europa hat nicht genug getan, um die Situation, insbesondere das israelisch- palästinensische Verhältnis, zu verbessern. Das vergiftet die
Beziehungen zu den arabischen Ländern."

Die Europäer müssten jetzt Israel dazu bewegen, das Verhältnis mit den Palästinensern gerecht zu gestalten. "Europa muss eine eigene Stimme, eigene intellektuelle Begriffe dafür entwickeln."
Keine Entschuldigung für Attentate
Derrida betonte in beiden Interviews, er entschuldige auf keinen Fall die Attentäter und ihre Hintermänner. "Das sind barbarische Mörder", sagte er der "Welt".

Der "Süddeutschen Zeitung" sagte er: "Ich frage mich nur, ob jemand wie Osama Bin Laden, wenn er es denn war - denn das ist ein Name, eine Metonymie (Name, der für etwas Verwandtes steht) - nicht auf derselben Seite steht wie das, was er bekämpft. Er ist Großkapitalist, er ist Teil eines Netzes von Macht- und Geldströmen."
->   Jacques Derrida erhält Adorno-Preis
 
 
 
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01.01.2010