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Isländer als Objekt von Gen-Fahnder Stefansson  
  Aus Island sollen wesentliche Erkenntnisse über die Genetik von komplexen Erkrankungen kommen: Seit einigen Jahren befinden sich die rund 265.000 Einwohner im "Fadenkreuz" eines nicht unumstrittenen Forschungsprojekts von Kari Stefansson.  
"Im Grunde studieren wir den genetischen Informationsfluss von Generation zu Generation", erklärte der Wissenschaftler Montag Abend beim "Life Science 2001"-Kongress an der Universität für Bodenkultur in Wien.

Er hat mit seinem Forschungsunternehmen deCode die Exklusivrechte an den genetischen Daten der gesamten Isländischen Bevölkerung und forscht nach den Ursprüngen verschiedenster Krankheiten.
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Life Science 2001
Gemeinsame Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Biochemie und Molekularbiologie (ÖGBM), der Österreichischen Gesellschaft für Biotechnologie (ÖGBT) und der Österreichischen Gesellschaft für Genetik und Gentechnik (ÖGGGT)
Zeit: 24. Bis 26. September
->   Mehr Informationen zum Kongress
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Zwar ist es vergleichsweise "einfach", auf die Spur von Erkrankungen zu kommen, die allein auf einer veränderten Erbanlage beruhen. Dazu gehören vor allem seltene und direkt vererbbare Leiden wie Chorea Huntington und andere.
Problem: "Multifaktoriell" bedingte Leiden
Doch bei so genannten multifaktoriell bedingten Leiden - vom Krebs bis zu Herz-Kreislauf-Leiden - ist das viel schwieriger.

Die beim Menschen häufig vorkommenden Leiden seien komplex, erklärte Stefansson, der mit deCode beispielsweise für den Schweizer Pharmakonzern "Roche" arbeitet. "Sie entstehen auf genetisch Basis, auch durch Interaktionen verschiedenster Gene und durch gleichzeitige Einflüsse der Umwelt."
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Island und deCode
Island verspricht sich in der boomenden Gentechnikbranche einen Wettbewerbsvorteil durch eine monopolistisch und privatwirtschaftlich betriebene Gendatenbank. So wurde am 22. Januar 2000 dem amerikanischen Unternehmen DeCode die exklusive Lizenz für 12 Jahre gewährt, die medizinischen Daten sowie genealogischen und genetischen Informationen der gesamten Bevölkerung Islands auf kommerzieller Basis auszuwerten. Vor der parlamentarischen Entscheidung über den dafür nötigen Gesetzesbeschluss hatte man sich in Island nach ausgiebiger öffentlicher Diskussion das Einverständnis der Bevölkerung geholt. Ähnliche Projekte wurden mittlerweile auch in Estland und Lettland gestartet.

Mehr dazu in science.orf.at:
Firma für Gendatenbank in Lettland gestartet
Estland: Gendatenbank für eine ganze Nation
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Möglichkeit Zwilingsforschung sehr aufwändig
Deshalb tut sich die Wissenschaft hier derzeit noch ausgesprochen schwer. Eine Möglichkeit ist die Zwillingsforschung. Doch sie brachte nicht immer die erwarteten Ergebnisse und ist - bei Bedarf an Tausenden "Probanden" - schwierig durchzuführen.

Laut Stefansson, der ehemals in Chicago und an der Harvard Universität tätig war, hat sein daher einen "genealogischen Zugang entwickelt".
Abstammungsdaten der Isländer als Basis
Dies erfolgt unter Zuhilfenahme der Abstammungsdaten der Isländer, die zu 75 Prozent auf die Einwanderung von aus Westnorwegen stammenden (männlichen) Wikingern vor 1.100 Jahren zurückverfolgbar sind.

Die Wikinger nahmen allerdings auch - zu 75 Prozent - keltische Frauen (vor allem aus Schottland) mit. Insgesamt sind die Isländer
aber genetisch ausgesprochen uniform.
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Isländerinnen stammen aus Großbritannien
Das Wissen um die männlichen Wikingervorfahren und keltischen Urahninnen der Isländischen Bevölkerung stammt übrigens von deCode: Die Forscher untersuchten die Abstammungslinien mitochondrialer DNA (mtDNA), die ausschließlich von der Mutter vererbt wird. Die Ergebnisse wurden im März dieses Jahres veröffentlicht.
->   Mehr dazu in science.orf.at
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Vergleich von Stammbaum und medizinischen Daten
Durch die Kombination der Stammbäume von Familien und dem Vergleich mit den medizinischen Daten lässt sich deshalb das Auftreten von Erkrankungen bis zum "Ahnherrn" verfolgen.
Vergleich Gesunder und Kranker gibt Aufschlüsse
Der Vergleich Gesunder und Kranker gibt die Möglichkeit, genetische Prädispositionen auch für komplexe Leiden aus dem Datenwust herauszufiltern.

Das gehe bis zu dem Punkt, dass man sogar die Interaktion der wichtigsten an einer Erkrankung beteiligten Gene bestimmen könne, zitiert die APA Stefansson.
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Beispiel Schlaganfall und Arthrose
Was das Team von deCode beispielsweise geschafft hat: Die "Veranlagung" zu Schlaganfällen dürfte - egal welche Form solcher Erkrankungen vorliegt - mit ganz bestimmten Gen-Formen (Allele) in Verbindung stehen. Ein anderes Beispiel: Je nachdem, welche Gen-Varianten zusammenspielen, erkranken Menschen beispielsweise eher an Hüftgelenks-, Knie- oder Handgelenks-Arthrosen.
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Gültigkeit für alle Menschen?
Dem Gegenargument, dass Entdeckungen an den Isländern - natürlich unter strikter Verschlüsselung der Daten - nicht für die ganze Menschheit gelten könnten, widersprach Stefansson.

Die Isländer - der deCode-Chef stammt von der Insel - seien ganz sicher "repräsentative Beispiele" von Homo sapiens.
Fortschritte bei Parkinson, Fettsucht, Schizophrenie ...
Morbus Parkinson, Fettsucht, "Altersdiabetes", Schizophrenie - auf allen diesen Gebieten will Stefansson mit seinem Unternehmen beim Aufdecken der genetischen Ursachen Fortschritte gemacht haben.

Freilich, ins Detail bezüglich der entdeckten Gene ging der Gen-Fahnder nicht: Immerhin gibt es da ja die Exklusivverträge von deCode als Privatunternehmen mit den Nutzern.
->   deCode
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Ö1 - Zukunftssymposion Life Sciences
Am 28. und 29. 11. 2001 findet im RadioKulturhaus das
" Zukunftsymposion Life Sciences" statt, veranstaltet von Österreich 1- Wissenschaftsredaktion in Kooperation mit der Industriellenvereinigung Wien, der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich, ÖGB/AK, dem "Kurier" und der Österreichischen Gesellschaft für Biotechnologie.

Life Sciences in Österreich, der Forschungsstandort Europa und die forschungspolitischen Voraussetzungen und Möglichkeiten, Grundlagenforschung in Technologie umsetzen, werden am ersten Tag dieses Symposions diskutiert.

Am zweiten Tag wird ein aktueller Überblick über die neuesten Ansätze der Biotechnologie mit der Fragestellung verknüpft, wie Risikoforschung, Expertenwissen, Politikberatung, politische Öffentlichkeit und Medien in demokratischen Systemen mit diesen neuen Fragestellungen umgehen sollen.

Auskünfte: symposien@orf.at
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01.01.2010