News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 
Medizin-Nobelpreis 2001: Zellzyklusforscher geehrt  
  Der Nobelpreis 2001 für Medizin geht an den amerikanischen Forscher Leland Hartwell und seine beiden britischen Kollegen Timothy Hunt und Paul Nurse für ihre Entdeckungen über die Kontrolle von Zellzyklen.  
Das teilte das Karolinska-Institut am Montag in Stockholm mit. Die höchste Auszeichnung für Mediziner bzw. Physiologen ist in diesem Jahr mit zehn Millionen schwedischen Kronen (15,1 Mio. S) dotiert.
->   Die Nobelversammlung am Karolinska-Institut
Die diesjährigen Nobelpreisträger Hartwell, Hunt und Nurse haben laut der Nobelversammlung am Karolinska-Institut bahnbrechende Entdeckungen auf dem Gebiet der Steuerung des Zellzyklus gemacht.
Identifikation von Schlüsselmolekülen
Sie hätten die Schlüsselmoleküle identifiziert, die den Zellzyklus kontrollieren und die auf die gleiche Weise bei Hefepilzen, Pflanzen, Tieren und Menschen funktionieren, hieß es in der Begründung für die Preisverleihung.

Diese fundamentalen biologischen Entdeckungen hätten große Bedeutung für alles, was das Wachstum der Zellen betrifft.

So hätten die Forschungsergebnisse beispielsweise das Verständnis für die Veränderung der Erbmasse in den Krebszellen gefördert und neue Wege für die zukünftige Behandlung von Krebserkrankungen erschlossen.
...
Zellen und Zellzyklen
Alle Organismen sind auf Zellen aufgebaut, die sich durch Teilung vermehren. Ein erwachsener Mensch besteht aus ungefähr 100.000 Milliarden Zellen, die aus einer einzigen Zelle, der befruchteten Eizelle, entstanden sind. Auch beim erwachsenen Menschen teilen sich die Zellen ständig, um abgestorbene Zellen zu ersetzen. Damit sich eine Zelle teilen kann, muss sie an Größe wachsen, ihre Erbmasse kopieren und diese exakt auf die Tochterzellen verteilen. Dieser Prozess wird in dem so genannten Zellzyklus koordiniert.
...
Hartwell: Kategorie von Genen, die Zellzyklus kontrollieren

Leland Hartwell
Leland Hartwell vom "Fred Hutchinson Cancer Research Center" in Seattle, USA, wird für seine Entdeckung einer Kategorie von Genen, die den Zellzyklus kontrollieren, ausgezeichnet.

Jan-Michael Peters, Gruppenleiter am Institut für Molekulare Pathologie (IMP/Boehringer Ingelheim) in Wien, erklärte gegenüber der APA die speziellen Entdeckungen des US-Forschers.

Laut dem Experten habe Hartwell in den siebziger Jahren durch seine Studien an Mutanten der Bäckerhefe erstmals einen Zugang zur Erforschung des Zellzyklus geschaffen.

Vorher habe man zwar bereits gewusst, dass sich Zellen teilen. Doch wie diese Zellteilung funktionierte, das konnte laut Peters erst mit Hartwells Arbeiten erforscht werden.
->   Fred Hutchinson Cancer Research Center
...
Erforschung von Mutanten der Hefezellen
"Die wichtigsten Entdeckungen wurden durch die Erforschung von Mutanten von Hefezellen gemacht. Dabei konnten jene Gene identifiziert werden, die essenziell für den Zellzyklus samt der Zellteilung sind", so Peters. Die von Hartwell untersuchten Mutanten nenne man "Cell Cycle Mutants".

Eines der Gene, die der US-Forscher im Zuge seiner Arbeiten identifizieren konnte, hat eine zentrale Funktion bei Beginn eines jeden neuen Zellzyklus und wird daher "Start" genannt.

Der Wissenschaftler formulierte auch den Begriff des Zellzyklus-"Checkpoint". Im Rahmen der Entwicklung vom Ruhezustand bis zur Teilung durchläuft jede Zelle Kontrollpunkte. Entdecken dabei zellinterne Mechanismen, dass etwas schief läuft, stoppen sie zumeist den Zellzyklus. Eine Fehlfunktion kann hingegen zur falschen Verteilung der Erbsubstanz und zur Entartung von Tochterzellen führen.
...
Nurse: Schlüsselkomponente der Zellzyklus-Kontrolle
Bild: APA
Paul Nurse vom "Imperial Cancer Research Fund" in London identifizierte mit genetischen und molekularbiologischen Methoden eine der Schlüsselkomponenten der Kontrolle des Zellzyklus, der CDK (Cyclin-abhängige Kinase).

Der britische Forscher konzentrierte sich auf einen anderen einzelligen Pilz, die Spalthefe: "Er ist auf ein Gen gestoßen, das ein für die Zellteilung essenzielles Enzym kodiert, die Cyclin-abhängige Kinase 1 (Nurse nannte sie zunächst CDC2, Anm.)", erklärt Peters dazu. Dieses Enzym phosphoryliert Proteine und hat deshalb eine wichtige Funktion im Zellzyklus.
Hunt entdeckte "Cycline"
Bild: EPA
Tim Hunt
Tim Hunt, ebenfalls vom "Imperial Cancer Research Fund", wird für seine Entdeckung der Cycline belohnt, d.h. der Proteine, welche die Funktion der CDK regeln.

Er zeigte, dass die Cycline im Zusammenhang mit der Zellteilung abgebaut werden, ein Mechanismus, der sich als zentral für die Kontrolle des Zellzyklus erwiesen hat.
->   Imperial Cancer Research Fund, London
Grundlagenforschung eröffnet neue Möglichkeiten
Laut Peters arbeitet man am Wiener Institut für Molekulare Pathologie direkt an Fragen, die sich erst aus den Forschungsergebnissen der drei Preisträger ergeben haben.

Besonders im Bereich der Krebsforschung hoffe man mit dem wachsenden Verständnis über die molekularen Ursachen von Krebserkrankungen auf neue Medikamente.
Krebsmedikamente basierend auf entdeckten Enzymen
Zum Beispiel sei es denkbar, dass Hemmstoffe, die die von den drei Preisträgern entdeckten Enzyme hemmen, direkt eingesetzt werden für die Krebstherapie, erklärte der Experte gegenüber Ö1.

Bereits heute sind laut Peters etwa Hemm-Substanzen in klinischer Erprobung, die in den von Hartwell, Hunt und Nurse entdeckten Wirkmechanismus der Zellteilungsgene eingreifen.

"Es besteht also die vorsichtige Hoffnung, dass es in den nächsten zehn Jahren anwendbare Erfolge gibt, die direkt aus diesen Entdeckungen erwachsen."
Am Anfang war das Dynamit
Die Geschichte des Nobelpreises beginnt eigentlich mit der Erfindung des Dynamits durch den schwedischen Chemiker und Industriellen Alfred Nobel.

Dieser wurde ob der fatalen Wirkung nicht recht glücklich. Knapp vor seinem Tod vermachte er daher sein Vermögen einer Stiftung, mit der die Nobelpreise finanziert werden sollten.
->   Mehr zur Geschichte des Nobelpreises
100 Jahre Nobelpreis
Der Nobelpreis wird mittlerweile seit 100 Jahren verliehen. Den ersten Medizin-Nobelpreis erhielt im Jahr 1901 der deutsche Wissenschaftler und Entwickler der Impfstoffe gegen Diphtherie und Tetanus, Emil Adolph von Behring.
->   Die Nobelstiftung
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Gesellschaft .  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010