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Landschaft und Ernährungsverhalten  
  Die tägliche Entscheidung, was zum Essen auf den Tisch kommt, hat meist wenig bedachte und kaum bewußte Konsequenzen für die österreichische Landschaft. Das Ernährungsverhalten bestimmt im wesentlichen Maße Aussehen, Qualität und Nutzungsformen der Landschaft.  
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Esskultur und Kulturlandschaft
In einer Diskussionsveranstaltung des Forschungsschwerpunktes Kulturlandschaftsforschung (KLF) werden am 10. Oktober neue Fakten, Trends und Zukunftsszenarien der österreichischen Land- und Lebensmittelwirtschaft präsentiert. Das interdisziplinäre Forschungsteam von "Fast Food - Slow Food" untersucht die Auswirkungen von Ernährungsverhalten und Lebensmittelwirtschaft auf unsere Kulturlandschaft. DI Helmut Hiess, Leiter der ARGE Fast Food - Slow Food stellt für "science.orf.at" das Forschungsprojekt vor.
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Landschaft wie sie isst
Von Helmut Hiess

Die "Mitbestimmung" der Konsumenten über die Kulturlandschaftsentwicklung wird in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen, denn die durch den EU-Beitritt bereits eingeleitete Liberalisierung der Märkte wird sich durch neue Welthandelsvereinbarungen weiter verstärken.
Verschärfte Konkurrenz
Die Auswahl an Produkten mit unterschiedlichen Produktionsarten, Herstellungsgeschichten, Qualitätsprofilen und "Reiseerlebnissen" (Transport, Umschlag und Lagerung) wird sich weiter vergrößern. Die Konkurrenz für österreichische Produkte aus österreichischen Landschaften wird sich verschärfen.

In den letzten dreißig Jahren hat sich das Transportaufkommen (in Tonnen) der Lebensmittelwertschöpfungskette vom landwirtschaftlichen Betrieb bis zum Konsumenten nur um 20 Prozent erhöht, während die Transportleistung (Tonnenkilometer) um 125 Prozent gewachsen ist.
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Der Weg wird länger
Wir essen nicht mehr, aber der Weg des Essens vom Feld bis auf den Teller wird immer länger. Dementsprechend hat sich die Transportleistung des LKW seit 1970 um den Faktor 2,64 erhöht, die des Hochseeschiffs sogar fast auf das Dreifache. Der Anteil des PKW am Lebensmitteleinkauf ist von ca. 30 Prozent im Jahr 1970 auf fast 50 Prozent im Jahr 2000 gestiegen. Im Beziehungsgeflecht zwischen Produktions-, Beschaffungs-, Absatz- und Verbraucherstandorten geht räumliche Nähe zunehmend verloren.
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Entwicklung der Kulturlandschaft
Dies spiegelt sich in der Kulturlandschaftsentwicklung. In den landwirtschaftlichen Gunstlagen führen Intensivierungsprozesse zu Belastungen des Bodens und des Grundwassers durch Düngung und Einsatz von Pflanzenschutzmitteln. In Ungunstlagen wird die landwirtschaftliche Nutzung aufgegeben.
Landwirtschaftliche Nutzfläche schrumpft
Jährlich schrumpft die landwirtschaftliche Nutzfläche Österreichs um 5.000 bis 10.000 ha. Dies entspricht einer Fläche von 15 bis 20 Fußballfeldern / Tag. Konzentrationsprozessen bei Betrieben stehen Dezentralisierungsprozesse bei den Verbrauchern gegenüber.
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Die Zahl der Lebensmittelgeschäfte ist seit 1970 von ca. 20.000 auf 6.600 zurückgegangen, obwohl die Verkaufsfläche um 80 Prozent zugenommen hat. Zwischen 1961 und 1991 hat sich hingegen der Bestand an Einfamilienhäusern in Österreich um 650.000 Stück erhöht.
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Dramatische Konsequenzen
In einem "Fast World"-Szenario ist eine Beschleunigung dieser Entwicklungstendenzen zu erwarten. In der österreichischen Kulturlandschaft könnten sich vor allem in den Berggebieten dramatische Konsequenzen ergeben, wenn eine großflächige Stillegung der nicht mehr konkurrenzfähigen landwirtschaftlichen Nutzung erfolgt.

Eine weitere Konzentration von Betrieben und eine Reduktion auf wenige Standorte wird das Arbeitsplatzangebot im ländlichen Raum verringern, die Möglichkeit zum Nebenerwerb einschränken, zu Abwanderung und / oder zu einem Wachstum des autoorientierten Pendelns führen.
Informationspolitik und Bewußtseinsbildung
Eine Erhaltung der österreichischen Kulturlandschaft ist daher auf eine nachhaltige Entwicklung der Lebensmittelwertschöpfungskette angewiesen. Dazu ist eine ausreichende Nachfrage nach regionalen Qualitätsprodukten erforderlich.

Diese Nachfrage bedarf aber einer gezielten Informationspolitik und Bewußtseinsbildung. Die Wertschöpfungskette muß erlebbar gemacht werden, Produkte müssen ihre Geschichten erzählen und der Weg zurück vom Tisch zum Feld muß verfolgt werden können.
Über den Tellerrand blicken
Das bedeutet aber auch, daß alle Akteure bereit sein müssen, über ihren Tellerrand zu blicken. Nur durch die Kooperation von Landwirten, Verarbeitungs- und Handelsbetrieben und Konsumenten werden wir die Vielfalt und Reichhaltigkeit der österreichischen Kulturlandschaft erhalten können.
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Projekt Fast Food - Slow Food
Fast Food - Slow Food ist ein Projekt des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kunst im Rahmen des Österreichischen Kulturlandschaftsforschungsprogramms. Das Projekt wird bearbeitet von Culinar-Institut für Ernährungskultur, dem Institut für Agrarökonomik der Universität für Bodenkultur, dem Institut für Agrarwissenschaftliche Forschung und der Rosinak & Partner ZT GmbH.
Projektlaufzeit: 2001 bis 2002
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->   Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur
->   Institut für Agrarökonomik
->   Rosinak & Partner
 
 
 
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01.01.2010