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300 Jahre Preußen  
  Am 18. Jänner 1701 setzte sich der Kurfürst von Brandenburg, Friedrich III., in Königsberg mit Billigung des Kaisers die Krone auf den Kopf. Damit machte er seine weit verstreuten Länder zum Königreich und krönte sich zu Friedrich I., König in Preußen.  
Doch nicht einmal 250 Jahre sollte es Preußen geben. Während andere Großstaaten wie Frankreich, Großbritannien oder Russland heute noch existieren.
Und doch bleibt Preußen im Bewusstsein seltsam lebendig. Zahlreiche Vorurteile und Verteufelungen werden mit seinem Namen verbunden. Dass allerdings nicht nur stramme Ordnung und Militarismus mit Preußen in Verbindung gebracht werden müssen, beweisen seine zahlreichen sozialen und kulturellen Errungenschaften.
1. 1.1701: Tauftag und nicht Geburtstag

Der 1. Jänner 1701 ist nicht eigentlich der Geburtstag Preußens, viel eher sein Tauftag. Denn was nun Königreich Preußen hieß, waren ehedem geographisch weit verstreute kleinerer Territorien zwischen Rhein und Memel gewesen. Das einzige, was sie verband, war, dass sie seit Jahrhunderten unter der Herrschaft der brandenburgischen Kurfürsten gestanden waren.
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Preußen
"Preußen" ist der Oberbegriff für zusammenhanglose Provinzen. Ost- und Westpreußen sind die größten. Sie liegen westlich und östlich der Weichsel. Nach dem Dreißigjährigen Krieg gewinnt Preußen mit den Westfälischen Frieden im Osten Hinterpommern und Cammin und im
Westen Minden, Halberstadt und Magdeburg hinzu. Der Effekt ist, dass es fortan aus fünf geographisch getrennten Landmassen bestand. Will ein Landesherr
eines seiner Länder besuchen, muss er notgedrungen durch fremdes
Gebiet reisen. Darüber hinaus beansprucht jedes der
Fürstentümer eine gewisse Eigenständigkeit und stemmt sich gegen
die landesherrliche Gewalt. Die Mark Brandenburg, vom
Dreißigjährigen Krieg stark versehrt, ist zu Beginn der preußischen Geschichte im Vergleich zu den Ostländern eher unbedeutend.
->   Der Weg Preußens
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Seltsamer Krönungsort
Seltsam am neuen Staat waren Krönungsort und Namensgebung. Das hing mit den Verhältnissen im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation zusammen. Der Kaiser in Wien hatte die Lehenshoheit, und Könige konnte es unter ihm nicht geben. Das damalige Herzogtum Preußen allerdings, das später zu Ostpreußen wurde, lag außerhalb der Reichsgrenzen. Dieser Besitz bot sich demzufolge als rechtliche Grundlage für die Königswürde an.

Kronprinz Friedrich Wilhelm als Teilnehmer des Krönungszuges seines Vaters Friedrich I. in Preußen
Mit 300 Karossen und Packwagen zog der brandenburgische Kurfürst in einer strapaziösen Winterreise zu seiner Krönung ins ferne Königsberg. Aus Rücksicht auf Polen, dem der westliche Teil Preußens gehörte, nannte er sich auch nicht König "von" Preußen, sonder König "in" Preußen. Erst sein Enkel, Friedrich II., der Große, änderte das.
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Friedrich I., Freund und Förderer der Künste
Friedrich I. war ein bedeutender, wenn auch verschwenderischer Freund und Förderer der Künste. Während seiner Regentschaft entstanden das Berliner Zeughaus und Schloss Charlottenburg. Er gründete die Akademie der Künste und die Akademie (zunächst "Sozietät") der Wissenschaften. Schlüter und Leibniz wurden von ihm gefördert. Und ihm verdankt die Hauptstadt den (zunächst ironischen) Namen "Spree-Athen".
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Das klassische Preußen
Im Zeitalter der Aufklärung und des Absolutismus entstand das klassische Preußen. Der Herrscher vereinte alle Macht in sich und verhalf einem vorurteilsfreien Nützlichkeitsdenken mit humanen Zügen (das nannte man Vernunft) zum Sieg. Armut, Bevölkerungsmangel und die Zerrissenheit des Landes zwangen um des reinen Überlebens willen zu vernünftigen Entscheidungen.
So holte Friedrich I. 20.000 Hugenotten aus Frankreich ins Land. Berlin hatte damals gerade so viele Einwohner.
Preußens zu rühmende Toleranz gegenüber Andersgläubigen beruht auf Indifferenz und vernünftigen Überlegungen. Denn genauso wie die Glaubensflüchtlinge aus Salzburg, Böhmen, und den Niederlanden eine neue Heimat brauchten, brauchte der von Pest und Krieg zerstörte Staat Menschen, die die leeren Höfe wieder bewirtschafteten und Handel und Handwerk in den Städten wieder in Gang brachten. Solange die Leute taten, was von ihnen verlangt wurde, war dem Staat egal, in welche Kirche sie gingen.
Der kulturelle Aufschwung

Karl Friedrich Schinkel, Berliner Baumeister (1781-1841)
Preußen, insbesondere seine Hauptstadt Berlin wurde in den Jahren nach 1800 zum wichtigsten geistig-kulturellen Zentrum in Deutschland. Schinkel und Schadow, Fichte, Kant und Hegel, Kleist und Heine, die Brüder Humboldt, die Familie Mendelssohn und der Salon Rahel Varnhagens stehen für diese Blüteperiode, die man in der Literatur die Berliner Romantik nennt.
Ende in Etappen
Innerhalb dreier Generationen entwickelte sich der neue Staat zu einer Großmacht. Doch kaum 170 Jahre nach der "Taufe" beginnt sein Ende in Etappen: 1871, wieder am 18. Januar, wurde aus Preußen das kleindeutsche Kaiserreich - es verlor damit seine Selbständigkeit.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurde Preußen Freistaat und als Teil Deutschlands republikanisch. Als 1933 die preußische Regierung mit der des Reiches gleichgeschaltet wird, hört damit der Staat praktisch auf zu existieren. 1947 dann wird er durch einen Beschluss des Alliierten Kontrollrates formell aufgelöst - ein später Triumph der Goebbelschen Propaganda.
->   Dossier Preußen Jahr in der Tageszeitung
->   Preussen 2001
 
 
 
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01.01.2010