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Konrad Lorenz: "Ich war immer Nationalsozialist"  
  Zwei österreichische Wissenschaftsjournalisten belegen, wie sehr Konrad Lorenz dem Gedankengut des NS-Regime verbunden war. Neue Dokumente zeigen den Nobelpreisträger als willfährigen Wissenschaftler.  
Konrad Lorenz wurde immer wieder vorgehalten, mit dem NS-Regime sympathisiert zu haben. Sowohl er selbst als auch seine Biografen taten das als Zugeständnis an den damaligen Zeitgeist ab.

Benedikt Föger und Klaus Taschwer belegen jetzt erstmals anhand von bislang unbekannten Briefen, Akten und Aufsätzen, wie nahe Lorenz den Machthabern wirklich stand.
Euphorie nach dem Anschluss

"Ich war als Deutschdenkender und Naturwissenschaftler natürlich immer Nationalsozialist" - so begründet Lorenz seinen Antrag zur Aufnahme in die NSDAP am 28. Juni 1938. "... Schließlich darf ich sagen, dass meine ganze wissenschaftliche Lebensarbeit ... im Dienste nationalsozialistischen Denkens steht."

Dem Naturforscher war mit seinen evolutionsbiologischen Studien im Ständestaat der akademische Erfolg versagt geblieben. Im deutschen Reich kamen dagegen seine Vergleiche von tierischem und menschlichen Verhalten gut an.

Zahlreiche Briefe zeugen davon, wie begeistert Lorenz vom Anschluss Österreichs war, denn er erhoffte sich bessere Chancen für seine Studien.
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"Die andere Seite des Spiegel - Konrad Lorenz und der Nationalsozialismus" von Benedikt Föger und Klaus Taschwer erscheint im Czernin-Verlag und ist ab sofort erhältlich: 323,- ATS ISBN 3-7076-0124-2
->   Czernin-Verlag
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Passt zur NS-Rassenideologie
Er schätzte die Lage richtig ein: bereits 1938 finanziert die deutsche Forschungsgemeinschaft dem frischgebackenen NSDAP-Mitglied ein Stipendium, 1940 bekommt er ein Ordinariat für Psychologie an der Universität Königsberg. Lorenz fällt es nicht schwer, unter dem NS-Regime Erfolg zu haben. Seine wissenschaftliche Anschauung ist mit der Rassenideologie des Regimes in hohem Maß vereinbar.
Karriere mit Rassenwahn ...
Lorenz hält seit 1939 eine Vielzahl von Vorträgen. Er führt darin aus, wie die Erkenntnisse aus dem Tierreich auf die menschliche Zivilisation anzuwenden sind.

Sein Lieblingsthema: genauso wie man bei Tieren durch Zuchtwahl darauf achtet, dass die Starken überleben, so soll auch beim Menschen der "Rassenpfleger" die Degeneration verhindern.
... und Ideologie der "Volksschädlinge"
Lorenz schreibt, dass "ein sozial minderwertiges Menschenmaterial gerade durch diese Minderwertigkeit instand gesetzt wird, den gesunden Volkskörper zu durchdringen und schließlich zu vernichten".

Das passt in die gängige Herrenrassen-Ideologie. Wer nicht stark, gesund und leistungsfähig ist, wird als "Volksschädling" , "Unnützer Esser", als "unwertes Leben" geächtet. Kranke, Alte, Behinderte, Hilfsschüler, Alkoholiker, Prostituierte auch Kriegsinvalide werden durch viele Propagandafilme zum öffentlichen Feindbild gemacht.
"Minderwertige müssen ausgemerzt werden"
Lorenz befindet sich mit seinen Vorträgen und Aufsätzen ideologisch auf Linie. Er ist Mitarbeiter des rassenpolitischen Amtes, der federführenden ideologischen Behörde des Dritten Reichs.

Lorenz fordert, dass "die Rassenpflege auf eine noch schärfere Ausmerzung ethisch Minderwertiger bedacht sein müsste, als sie es heute schon ist". Und meint weiter: "Der rassische Gedanke als Grundlage unserer Staatsform hat schon unendlich viel in dieser Richtung geleistet."

Das ist 1940. Zu diesem Zeitpunkt sind im Dritten Reich bereits Erbgesundheitsgesetze in Kraft. Anstaltsinsassen und Psychiatriepatienten werden zwangssterilisiert. In diesem Jahr läuft auch die "Ausmerzung" der "Minderwertigen" voll an. Mehrere hunderttausend werden in Anstalten zu Tode gehungert, zu Tode gespritzt oder massenweise vergast.
Gutgläubiger Lorenz?
Lorenz behauptete später: "dass die Leute 'Mord' meinten, wenn sie "Ausmerzen" oder "Selektion" sagten, habe ich damals wirklich nicht gewusst. So naiv, so blöd, so gutgläubig - nennen Sie es, wie Sie wollen - war ich damals."

Fakt ist: NS-Ideologen umschrieben mit den Begriffen "Ausmerzen" und "Selektieren" von Beginn an die medizinische Vernichtung sogenannten "unwerten Lebens".
Biologie als Stichwortgeber für die Politik
Wieviel der Wissenschaftler von den Morden im Namen der Rassenreinheit, die von der Kanzlei des Führers als geheime Reichssache durchgeführt wurden, wusste, ist aber auch heute noch unklar.

Sicher ist nach den Arbeiten von Föger und Taschwer, dass Lorenz mitgeholfen hat, das rassenpolitische Programm der Nationalsozialisten wissenschaftlich zu legitimieren.
Und das zeigt die andere Seite von Konrad Lorenz erstmals außergewöhnlich deutlich.

Tom Matzek, Redaktion "Im Brennpunkt"
Lesen Sie dazu auch in science.orf.at:
->   Neue Diskussion um Konfrad Lorenz
->   Kurt Kotrschal: Konrad Lorenz - Ein Bild ohne Illusionen
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Konrad Lorenz: "Ein Mitläufer, kein Vordenker"
In einer Stellungnahme zu dem heute erschienenen Buch "Die andere Seite des Spiegels. Konrad Lorenz und der Nationalsozialismus" wendet sich Kurt Kotrschal, Direktor der Konrad-Lorenz-Forschungsstelle, gegen eine Gleichsetzung von Lorenz' wissenschaftlichem Werk und seiner "pseudowissenschaftlichen Überzeugung". Lorenz, so Kotrschal, sei ein Mitläufer gewesen, aber kein Vordenker der Nazi-Ideologie.
->   Mehr dazu in science.orf.at
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01.01.2010