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ORF ON Science :  News :  Leben 
 
Günter Rager
Stammzellforschung und die Würde des Embryos
 
  Von verschiedenen Seiten wird der begreifliche Wunsch geäußert, Stammzellen von ¿überzähligen¿ Embryonen, die ohnehin dem Tod geweiht sind, für die Zwecke der Heilung, der Forschung und der Entwicklung neuer Methoden in der Fortpflanzungsmedizin nutzen zu dürfen.  
Beginn des menschlichen Lebens
Sofern durch die Gewinnung von embryonalen Stammzellen der Embryo, dem diese Zellen entnommen werden, zerstört wird, stehen wir jedoch vor dem Sachverhalt der Tötung. Es besteht heute weithin ein Konsens darüber, daß das individuelle menschliche Leben mit der Fertilisation beginnt und sich von diesem Ereignis an kontinuierlich bis zum Zustand des Erwachsenen entwickelt.

Wenn diese Feststellung richtig ist, dann hat auch der Embryo Würde und ist Selbstzweck. Er darf deshalb nicht als Mittel für andere Zwecke verwendet werden. Alle Formen von verbrauchender Manipulation an diesen Embryonen sind ethisch nicht vertretbar.
Status des Embryos
Nun werden immer wieder Argumente vorgebracht, die den Status des Embryos in Zweifel ziehen und zeigen sollen, daß der Beginn des Menschseins nicht mit der Fertilisation, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt. Der Embryo in den ersten Entwicklungsstadien wird als ein ¿Zellhaufen¿ bezeichnet, dem man nicht die gleiche Würde des Daseins zusprechen könne wie dem Erwachsenen.

Eine andere Argumentationslinie geht dahin, die Achsenbildung im embryonalen Körper sei von der Einnistung in den Uterus abhängig. Mit der Einnistung komme also etwas qualitativ Neues zur Entwicklung des Embryos hinzu. Deshalb seien die Präimplantationsstadien gleichsam Vorstadien des menschlichen Daseins und deshalb für Manipulationen nutzbar.
Personenwürde
Für andere Autoren ist der Anfang des individuellen Lebens erst mit der Bildung des Primitivstreifens gegeben, weil danach keine Zwillinge mehr entstehen könnten. Wieder andere Autoren behaupten, das individuelle menschliche Dasein beginne erst mit der Reifung des Gehirns.

Dieses Argument wird von einigen soweit ausgedehnt, daß nur dem vollbewußten, frei handelnden Menschen die Personwürde zuerkannt werden könne.
Wenn durch die genannten Argumente nicht widerlegt werden kann, daß der Embryo von der Fertilisation an ein individueller, wenn auch noch unvollständig entwickelter Mensch ist, dann gilt das Tötungsverbot.
Nicht Mittel zum Zweck
Der Embryo darf nicht als Mittel zum Zweck eingesetzt werden, auch dann nicht, wenn er ¿verwaist¿ oder ¿überzählig¿ ist. Es sollte deshalb strikt darauf geachtet werden, daß bei der In-vitro-Fertilisation keine überzähligen Embryonen mehr entstehen.

Für die bereits vorhandenen Embryonen sollte man die Möglichkeit der Adoption schaffen. Wird auch damit das Problem nicht vollständig gelöst, dann sollte man die Embryonen sterben lassen. Wir akzeptieren ja auch nicht, daß an todgeweihten Erwachsenen experimentiert wird.

Um den berechtigten Wünschen nach Heilung und Erkenntnisfortschritt zu dienen, sollte man sich auf solche Methoden beschränken, die nicht den Tod des Embryos zur Folge haben. Die Respektierung dieser Grenze bedeutet zugleich die Chance zu neuen kreativen Leistungen.
 
 
 
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01.01.2010