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Auch Paviane können abstrakt denken  
  Dass Menschenaffen zu intelligentem Verhalten fähig sind, ist schon länger bekannt. Unsicher war man sich aber bislang, ob kognitive Fähigkeiten wie bei Schimpansen auch bei "niederen" Affen vorkommen. Jetzt konnten Wissenschaftler zeigen, dass auch Paviane abstrakt denken können.  
Dies berichten Jöel Fagot vom Center for Research in Cognitive Neuroscience in Marseille, Frankreich und Edward Wassermann von der University of Iowa, USA in der aktuellen Ausgabe des "Journal of Experimental Psychology".

Die Paviane mussten auf einem Computerbildschirm in sich widerholenden Experimenten ganz bestimmte Bilder aus einer großen Anzahl von Bildern als "ähnlich" oder "unähnlich" erkennen.

Die Ergebnissen des französisch-amerikanischen Forscherteams werfen neue Fragen in der Evolution der Primaten und ihrer Intelligenz auf, bzw. wo wirklich die kognitiven Grenzen zwischen Affen, Menschenaffen und Menschen liegen.
Originalartikel im "Journal of Experimental Psychology"
Der Originalartikel ist erschienen unter dem Titel "Discriminating the Relation between Relations: The Role of Entropy In Abstract Conceptualiziation by Baboons and Humans".
->   Originalartikel im "Journal of Experimental Psychology"
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Affen und Primaten
Affen sind eine Unterordnung der Primaten mit zahlreichen Arten in der Alten und Neuen Welt; Baumtiere, nur wenige sind Steppen- und Felsbewohner. Viele Affenarten sind gesellig lebende Herdentiere mit komplexer Kommunikation. Die meisten Affen leben in Vielehe, wobei oft ein Alpha-Männchen die Gruppe leitet. Einige leben monogam in Familiengruppen.

Die kognitiven Leistungen sind hoch entwickelt. Gemeinsamkeiten mit dem Menschen bei Behaarung, Knochenbau, Blutgruppen, Bau der Geschlechtszellen und Nervensystem. Viele Arten können sich zumindest zeitweise aufrecht bewegen.

Die gemeinsame Wurzel der Vorfahren von Affen und Menschen ist durch zahllose Beweise gestützt. Man unterscheidet die Breitnasenaffen oder Neuweltaffen (Platyrrhini) und die Schmalnasenaffen oder Altweltaffen (Catarrhini). Zu den Schmalnasen zählen auch die Menschenartigen (Hominoidea).
->   Die Ordnung der Primaten
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Die Versuchsanordnung
In mehren Experimenten trainierten die Wissenschaftler zwei ausgewachsenen Paviane, einen weiblichen und einen männlichen, sich mittels eines PCs und eines Joysticks ausgewählte Bildmuster anzusehen.

Den Affen wurde entweder ein Display aus 16 verschiedenen kleinen Bildern wie das einer Sonne oder eines Hauses gezeigt, oder ein Display, dass aus 16 Wiederholungen ein und desselben Bildes zusammengesetzt war.

Danach wurde den Pavianen ein ganze Serie von jeweils zwei Beispieldisplays vorgelegt und sie mussten erkennen, ob diese dem ursprünglichen Bildmuster ähnlich waren oder nicht, also ob diese 16 gleiche oder 16 verschiedene Symbole enthielten.
Eindeutig intelligente Leistungen
Die Paviane lernten in der Tat zu unterscheiden, ob die vorgelegten Beispielbildmuster mit dem ursprünglichen zusammenpassten oder nicht. Sie konnten nach etlichen Lerndurchgängen also "Verhältnisse innerhalb von Verhältnissen" abstrahieren, wie die Neurowissenschaftler erklären.
Der menschliche Vergleich
Um einen direkten Vergleich zu den kognitiven Leistungen der Affen zu haben, testeten die Forscher auch zwei Menschen mit einer ähnlichen Versuchsanordnung. Sowohl Paviane wie Menschen lernten die basalen Aufgaben zu lösen, allerdings war der Mensch dabei um etliches schneller.

Beide, Paviane wie Menschen, konnten die gelernten Vergleiche auf neue Bildmuster anwenden, Menschen können allerdings im Vergleich zu den Pavianen noch wesentlich subtiler die Kategorien "ähnlich" und "unähnlich" unterscheiden. Zu beobachten war dies dann, wenn die Forscher die Anzahl der Unterschiede zwischen den Bildmustern schrittweise reduzierten.
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Pavian
Gattungen von Hundskopfaffen des mittleren Afrika; mit schnauzenartig verlängertem Gesichtsteil, sehr kräftigem Gebiss, Gesäßschwielen und langem Schwanz; meist Felsbewohner, die in größeren Herden mit strenger sozialer Rangordnung leben. Zu den Pavianen gehören der Babuin, Papiocynocephalus, mit vielen Unterarten, und der Mantelpavian. Nahe verwandt sind ferner Drill, Mandrill und Dschelada (Blutbrustpavian).
->   Mehr zu Pavianen
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Die Sprache entscheidend?
Paviane und Menschen haben also offenbar unterschiedliche Differenzierungsgrade für die Kategorien "ähnlich" und "unähnlich". Dafür verantwortlich machen die Forscher die menschliche Sprache, die für die Kategorie "dasselbe" eine ziemlich strenge Definition vorsieht.

Das heißt, das Dinge nur dann als "dasselbe" wahrgenommen werden, wenn es sich tatsächlich um identische Phänomene handelt. Deshalb nehmen Menschen im Gegensatz zu Affen auch eher feine Unterschiede in einem Vergleich war.

Im Gegensatz dazu scheint die Definition der Paviane wesentlich "schwammiger" zu sein, deshalb auch die gröbere Differenzierung bei einem Vergleich.
Neue Ausblicke auf intelligente Affen
Für die Kognitionsforschung öffnet das Abstraktionsvermögen der Paviane eine Tür zum kognitiven Potenzial anderer Primatenspezies, wie die französisch-amerikanischen Forscher es beschreiben.

Fagot und seine Kollegen glauben, dass man nach "analogem Denken und seinen möglichen Vorläufern bei anderen Tierarten einfach nur suchen muss, um sie zu entdecken."
->   Department of Psychology, University of Iowa
->   Center for Research in Cognitive Neurosciences
->   Department of Primatology, Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie
 
 
 
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01.01.2010