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Maßgeschneiderte Schmerzmittel  
  Weltweit leiden zehn bis 20 Prozent der Bevölkerung unter schweren, dauerhaften Schmerzen. Innsbrucker Wissenschafter haben nun neue Schmerzmittel entwickelt, die direkt am Ort des Schmerzgeschehens wirken sollen.  
Wie Helmut Schmidhammer, Leiter der Abteilung Pharmazeutische Chemie am Institut für Pharmazie der Universität Innsbruck, der APA erklärte, könnten derzeit eingesetzte starke Analgetika eine Reihe von unerwünschten Nebenwirkungen verursachen.

Bei dauerhafter Einnahme bestehe zudem die Gefahr einer Abhängigkeit. Der Grund dafür sei, dass diese Therapeutika vorwiegend über das zentrale Nervensystem wirken. Die möglichen Nebenwirkungen werden dadurch großteils über das Gehirn ausgelöst.

Schmidhammer beschäftigt sich seit 20 Jahren intensiv mit Schmerzforschung.
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Was sind Schmerzen?
Schmerz ist eine eigene Sinnesqualität mit psychischer Komponente. Persönlichkeitsstruktur und Gefühlslage bestimmen die subjektive Empfindung von Schmerz mit. Akuter Schmerz warnt vor Bedrohung des Organismus. Der so genannte Oberflächenschmerz wird als stechend empfunden und klingt meist schnell ab. Der als dumpf empfundene Tiefenschmerz leitet sich aus Rezeptoren an Knochen und Gelenken. Beim Eingeweideschmerz führen Dehnungen oder Krämpfe von Hohlorganen im Körperinneren zur Schmerzwahrnehmung. Insbesondere Tiefen- und Eingeweideschmerz können zu einem wiederkehrenden oder chronischen Schmerz werden, der durch sensomotorische und vegetative Reflexkreise aufrecht erhalten wird. Dieser Reflexkreis kann durch lokale Gabe von Schmerzmitteln oder gezielte Muskelentspannung unterbrochen werden.
->   Mehr zu Schmerz
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"Der Kopf bleibt frei"
"Wir haben nun Analgetika entwickelt, die nicht auf das zentrale Nervensystem wirken und von denen weniger Nebenwirkungen erwartet werden. Der Kopf bleibt frei. Es kommt zu keiner Sedierung und keiner Benommenheit. Dies erhöht natürlich die Lebensqualität dieser Patienten stark", erklärte der Wissenschaftler.

Die neuen Schmerzmittel wirken direkt dort, wo der Schmerz auftritt, an den Schmerzrezeptoren außerhalb des zentralen Nervensystems.

Entwickelt wurden die Medikamente in enger Kooperation mit Johannes Schütz an der Abteilung für Pharmazeutische Chemie am Institut für Pharmazie der Universität Innsbruck.
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Wie Schmerz ausgelöst wird
Ausgelöst wird Schmerz durch das körpereigene Hormon Histamin, Temperaturen über 45 Grad Celsius, von außen einwirkende chemische Stoffe, eine Unterversorgung mit Nährstoffen, physikalische Reizung eines Nerven und durch Entzündungsvorgänge, bei denen die Erregungsschwelle der Schmerzrezeptoren herabgesetzt wird. Die Erregungsleitung des Oberflächenschmerzes besorgen markhaltige Nervenfasern. Die Leitung des inneren Schmerzes erfolgt durch markarme Nervenfasern. Nach einer Umschaltung im Rückenmark wird das Schmerzsignal in verschiedenen Regionen des Gehirns (Thalamus, Limbisches System) weiterverarbeitet.
->   Wie entsteht Schmerz?
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Vor allem gegen chronische Schmerzen
Die neuen Schmerzmittel könnten besonders für Menschen, die an schweren, chronischen Schmerzen leiden, wie Krebspatienten sowie bei Arthritis und Arthrose Erleichterung bringen.

Sie könnten auch bei Operationen, zum Beispiel bei der Schlupfloch-Chirurgie (Arthroskopie) eingesetzt werden.

Die Forschungen des achtköpfigen Innsbrucker Teams sind derzeit Gegenstand eines laufenden EU-Projektes, welches gemeinsam mit Wissenschaftlern aus Schweden, Deutschland und Ungarn durchgeführt wird.
->   Institut für Pharmazie der Universität Innsbruck
 
 
 
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01.01.2010