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Nachtarbeit erhöht Brustkrebsrisiko  
  Bei Frauen, die in Schichten arbeiten und mindestens drei Nachtdienste pro Monat haben, steigt das Brustkrebsrisiko im Laufe der Jahre an. Der Grund dafür könnte der durch den Nachtdienst verminderte Melatoninspiegel sein. Dieser körpereigene Botenstoff kontrolliert den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen.  
"Wir haben beobachtet, dass Frauen, die 30 oder mehr Jahre im Schichtdienst arbeiten, ein um 36 Prozent höheres Brustkrebsrisiko haben, als Frauen die eine traditionell geregelte Arbeitszeit haben", sagt die österreichische Onkologin Eva Schernhammer.

Gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern untersuchte sie den Zusammenhang zwischen Brustkrebs und Nachtarbeit am Brigham and Women's Hospital in Boston. Dort wurden in einer groß angelegten Studie 78.562 Krankenschwestern über zehn Jahre lang beobachtet.
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Brustkrebs in Österreich
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung der Frau. In Österreich ist jede 10. Frau betroffen. Tatsächlich steigt die Häufigkeit von bösartigen Mammakarzinomen jährlich um ca. 1 - 3 Prozent an. Im Moment erkranken in Österreich rund 4.400 Frauen pro Jahr, Tendenz steigend. Die Mortalitätsrate, also die Zahl der Todesfälle, ist aber glücklicherweise leicht sinkend bis stagnierend. Die eminente Bedeutung der Früherkennung von Brustkrebs kann nicht genug betont werden. Beträgt die Tumorgröße bei der Diagnose einen Zentimeter oder weniger, liegen die Heilungschancen immerhin bei über 90 Prozent.
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Nachtarbeit und die Krebsentstehung
Eine 8-prozentige Steigerung des Krebsrisikos stellten die Wissenschaftler bei Frauen fest, die 1 bis 14 Jahre Schicht gearbeitet hatten. Schon bei früheren Studien konnte festgestellt werden, dass ein geringer Melatoninspiegel, wie er durch Lichteinwirkung in der Nacht entsteht, die Tumorentstehung fördert.
Bisher nur Indizien
"Die Produktion und Freisetzung von Melatonin in unserem Körper wird durch Dunkelheit gefördert und durch Licht gestoppt. Daher haben Menschen, die in wechselnden Schichtdiensten arbeiten einen niederen Melatoninspiegel", erklärt Schernhammer.

"Da Melatonin ein potentieller Wachstumshemmer für Krebszellen ist, glauben wir, dass es wichtig ist diesen Zusammenhang zwischen Lichtkontakt, Melatoninproduktion und Krebsrisiko zu ergründen", so Schernhammer weiter.

Bisher weiß man jedoch sehr wenig über den direkten Effekt von Nachtarbeit auf das Krebsrisiko, und im Speziellen auf das Brustkrebsrisiko.
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Melatonin und Krebs
Auf Grund seiner Eigenschaft als freier Radikalenfänger, scheint Melatonin ein ideales Mittel gegen Krebs zu sein. Denn an der Entstehung von Krebstumoren sind auch freie Radikale beteiligt. Durch Melatonin wird das Immunsystem gestärkt und angeregt, die Abwehrzellen greifen vermehrt die Krebszellen an.

Ein anderer Umstand könnte Melatonin möglicherweise zu einer wichtigen Waffe im Kampf gegen den Brust- und Gebärmutterschleimhautkrebs machen: Das Wachstum dieser Krebsarten wird nämlich von dem weiblichen Sexualhormon Östrogen stimuliert und beschleunigt. Eine weitere mögliche Eigenschaft von Melatonin ist die Fähigkeit, die Bildung von Östrogen zu unterdrücken. Daraus könnte sich eine kombinierte Behandlungsmethode mit Melatonin und so genannten Anti-Hormonen ergeben. Die Anti-Hormone blockieren die Andockstellen des Östrogens am Tumor und verhindern somit sein Wachstum, während das Melatonin die Produktion des Östrogens vermindern würde.
->   Melatonin - Hormon der Zirbeldrüse
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Die gesundheitlichen Auswirkungen von Tag und Nacht
"In den letzten Jahren haben unregelmäßige Arbeitszeiten immer mehr zugenommen. Leider ist der Mensch physiologisch nicht für Nachtarbeit geschaffen", erklärt die Expertin weiter.

Daher werde das Studium des zirkadianen Rhythmus des Menschen und seine Auswirkungen auf die Gesundheit in Zukunft einen immer größeren Stellenwert einnehmen.

"Natürlich gibt es noch andere Ursachen für eine Brustkrebserkrankung, neben dem Mangel an Melatonin", meint die Onkologin.
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Ursachen des Brustkrebs
Etwa 8-9 Prozent der Frauen erkranken im Lauf ihres Lebens an Brustkrebs. Es gibt Schätzungen, dass etwa 35 Prozent ein erhöhtes Brustkrebsrisiko tragen. Das Risiko an Brustkrebs zu erkranken, hängt von verschiedenen Faktoren ab, u.a. von Ernährungs-, Homon- und Erbfaktoren. Einige Risikofaktoren im Detail:
- familiäre Belastung (Mutter, Schwester und/oder andere Blutsverwandte hatten auch Brustkrebs).
- Wenn bereits Brustkrebs aufgetreten ist und behandelt wurde, haben diese Frauen auch ein erhöhtes Risiko, dass der Krebs ein zweites Mal auftritt.
- Frauen mit einer besonderen Form von Knotenbildungen in der Milchdrüse (die so genannte atypische duktale/lobuläre Hyperplasie, auch als Mastopathie Grad III bezeichnet).
- Andere, bereits vorhandene Krebserkrankungen (v.a. Gebärmutter-, Eierstock- und Dramkrebs).
- Frauen, die keine Kinder haben und ältere Erstgebärende; ab dem 50. Lebensjahr tritt Brustkrebs statistisch gesehen häufiger auf.

Hat eine Frau 1 bis 3 der genannten Risikofaktoren, steigt die Gefahr einer Brustkrebserkrankung deutlich an. Liegen gar alle Risikofaktoren vor, so muss sie mit 50-prozentiger Wahrscheinlichkeit damit rechnen, am Mammakarzinom zu erkranken.
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The Nurses' Health Study (NHS)
Die Studie "The Nurses' Health Study", kurz NHS, wurde 1976 im Brigham and Women's Hosiptal iniziert und ist die längste ununterbrochenen Langzeitstudie über die Gesundheit der Frau.

Die Studie über den Zusammenhang von Nachtarbeit und Krebs begann 1988. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Gesamtzahl der Jahre erfragt, die eine Krankenschwester bis dahin Schicht gearbeitet hatte, mit zumindestens drei Nachtdiensten im Monat. Von Juni 1988 bis Mai 1998 wurden 2.441 neuaufgetretende Brustkrebsfälle dokumentiert.

Walter Gerischer-Landrock, science.orf.at
->   Brigham and Women's Hosiptal
->   The Nurses' Health Study
->   Krebshilfe Österreich
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Netzwerk österreichischer ForscherInnen in den USA
Das Office of Science & Technology (OST) an der österreichischen Botschaft in Washington DC arbeitet an dem Aufbau und der Betreuung eines Netzwerkes österreichischer ForscherInnen in den USA. Informationen darüber können auf der Homepage des OST abgerufen werden.
->   Netzwerk österreichischer ForscherInnen
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->   Online Community der österreichischen ForscherInnen in den USA
 
 
 
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01.01.2010