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Energie aus Schwarzen Löchern  
  Trotz aller neuen Erkenntnisse haben Schwarze Löcher nach wie vor viele Geheimnisse. Selbst Astronomen stellen sie sich manchmal als eine Art "Monster" des Weltraums vor. Doch neue Ergebnisse zeigen, dass Energie nicht nur in diesen "Monstern" verschwindet, sondern auch ständig daraus entweicht.  
Zu diesen Schlussfolgerungen kommen Jörn Wilms, Rüdiger Staubert und Eckhard Kendziorra vom Institut für Astronomie und Astrophysik der Universität Tübingen.

Die Forschungsergebnisse sind zur Veröffentlichung in den "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" angenommen worden.

Die Tübinger Astronomen haben jetzt Daten, die der Röntgensatellit XMM-Newton im Juni 2000 von der 100 Millionen Lichtjahre entfernte Spiralgalaxie MCG-6-30-15 erhoben hat, ausgewertet.
->   Monthly Notices of the Royal Astronomical Society (kostenpflichtig)
Aufwendige Analysen
Nach aufwendiger Analyse der Daten ziehen die Forscher die Schlussfolgerung, dass in Schwarzen Löchern nicht nur Energie verschwindet, sondern auch ständig daraus entweicht.

"Mit den genauen Messungen von XMM-Newton haben wir etwas entdeckt, was bisher niemals an einem Schwarzen Loch beobachtet wurde", erklärt Wilms.

 


Das Bild des Chandra-Teleskopes zeigt das Spektrum eines Schwarzen Lochs, das dem Farbspektrum des Sonnenlichtes, durch ein Prisma gebrochen, ähnelt.
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Was ist ein Schwarzes Loch?
Schwarze Löcher sind extrem kompakte Himmelsobjekte mit so starken Gravitationsfeldern, dass nichts ihrer Anziehungskraft entfliehen kann - nicht einmal Licht. Der Radius eines Schwarzen Loches kann berechnet werden, indem man die Masse M des kollabierenden Körpers mit der doppelten Gravitationskonstante G multipliziert und das Ergebnis durch das Quadrat der Lichtgeschwindigkeit im Vakuum dividiert.

Unterschreitet ein Stern diesen Radius, beherrscht die Gravitation alle anderen Kräfte: Dieser Radius definiert die Oberfläche - auch Ereignishorizont genannt - des Schwarzen Loches. Es gibt keine untere Grenze für den Radius eines Schwarzen Loches. Schwarze Löcher können mikroskopisch klein sein.
->   Mehr zu Schwarzen Löchern
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Superschwarzes Loch im Galaxie-Zentrum
Die komplexen Mechanismen Schwarzer Löcher faszinieren die Astronomen schon lange. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die meisten Galaxien, unsere Milchstraße eingeschlossen, ein supermassives Schwarzes Loch in ihrem Kern enthalten.

In diesen Objekten ist die Masse von einer Milliarde Sonnen auf die Größe eines Sonnensystems komprimiert. Staub und Gas aus der Umgebung des Schwarzen Lochs wird durch diese geballte Gravitationskraft angezogen. Die Materie strömt dann in Form einer schnell rotierenden so genannten Akkretionsscheibe in das Schwarze Loch.

Die Reibung in der Akkretionsscheibe lässt eine starke Röntgenstrahlung entstehen. Der Forschungssatellit hat von dieser Strahlung ein Spektrum aufgezeichnet, also eine Art Fingerabdruck der darin enthaltenen chemischen Elemente. "Eines der wichtigsten Elemente ist hierbei das Eisen", so der Physiker Wilms.
Erwartungen weit übertroffen
Weitere Analysen haben ergeben, dass sich dieses Eisen im innen liegenden Bereich der Akkretionsscheibe befindet, also kurz vor dem Bereich, wo Materie im Schwarzen Loch verschwindet.

Aber die Stärke und Form der Spektrallinie, die vom Satelliten gemessen wurde, übersteigt bei weitem die Spektrallinie, die nach den gängigen Modellen von supermassiven Schwarzen Löchern erwartet wird.
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Schwarze Löcher in Entwicklung
Schwarze Löcher werden auch in den Kernen von Galaxien und Quasaren vermutet. Im Zentrum der Milchstraße fanden Astronomen 1996 eine Ansammlung von 2,5 Mio. Sonnenmassen in einem Gebiet, dessen Ausdehnung kleiner als zehn Lichttage ist. Diese Beobachtung gilt als guter Hinweis auf ein Schwarzes Loch.

Diese können auch eine Entwicklung aufweisen. So könnten sich urzeitliche Schwarze Löcher später wieder auflösen. Für sehr kleine Schwarze Löcher gewinnen quantenmechanische Effekte wie der Tunneleffekt an Bedeutung, sodass Strahlung nach außen gelangen könnte. Dieser Effekt, der zum Verdampfen des Schwarzen Lochs führen würde, wird Hawking-Strahlung genannt.
->   Mehr zur Hawking-Strahlung
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Ein selbst rotierendes Schwarzes Loch
Theoretische Berechnungen führten das Astronomenteam zu der Erkenntnis, dass das Schwarze Loch selbst rotiert. Nach der Einschätzung der Forscher passt nur ein Modell zu den Daten des Satelliten XMM-Newton.

Es entspricht einer Theorie, die zwei Astronomen der Universität Cambridge, Roger Blandford und Roman Znajek, vor 25 Jahren vorgeschlagen haben. Danach kann Rotationsenergie aus einem Schwarzen Loch entweichen, wenn es sich in einem starken magnetischen Feld befindet, das bremsend wirkt.
->   Astronomy and Astrophysics der University of Cambridge
Ein elektrischer Dynamo im All
Nach den physikalischen Gesetzen der Thermodynamik sollte die entweichende Energie vom umgebenden Gas aufgenommen werden. "Vielleicht haben wir diesen Effekt eines elektrischen Dynamos zum allerersten Mal gesehen.

Energie entweicht durch die Rotation des Schwarzen Loches und wird in den innen liegenden Bereich der Akkretionsscheibe gezogen, sie heizt die Gase auf und bewirkt eine stärkere Röntgenstrahlung", sagt Wilms.

An der Vermutung, dass Schwarze Löcher nicht nur riesige Mengen an Energie und Materie absorbieren, sondern auch Energie abgeben, haben allerdings andere Experten Zweifel angemeldet. "Wir müssen noch weitere Beobachtungen abwarten, um unsere Schlussfolgerungen abzusichern", so Wilms.
->   Institut für Astronomie und Astrophysik Tübingen
->   Mehr zum XMM-Satelliten auf der ESA-Site
->   Weiteres zum XMM bei der NASA
 
 
 
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01.01.2010