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Bienenwachs und Harz hielten Mumien frisch  
  Vorwiegend tierische und pflanzliche Fette, wie Bienenwachs oder pflanzliche Öle, wurden von den alten Ägyptern für die Mumifizierung Verstorbener verwendet. Erdölprodukte wurden anscheinend, im Gegensatz zur herkömmlichen Meinung, nicht verwendet.  
Der griechische Geschichtsschreiber Herodot führt als wichtigste Zutaten des Mumienbalsams Myrrhe, Palmwein, Zedernöl und "Gummi" an. Stephen Buckley und Richard Evershed von der University of Bristol können diese Angaben jetzt teilweise bestätigen. Die Wissenschaftler fanden bei der chemischen Analyse von 13 Mumien eine überraschende Vielfalt an, für die Balsamierung, verwendeten Stoffen.

Die Analysen ergaben das neben Natron, Wacholderöl, Kampferöl und Myrrhe auch Bienenwachs und das Harz von Nadelbäumen eine wichtige Rolle spielten. Die genaue Zusammensetzung der Substanz scheint eine Frage der Kosten und der Mode gewesen zu sein, schreiben die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe von 'Nature'.
->   Der Artikel in der Fachzeitschrift 'Nature' (Bd. 413, S. 837 bis 841 / kostenpflichtig)
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Mumifizierung
Unter dem Begriff Mumie versteht man eine vor dem Zerfall geschützte Leiche. Für das Einbalsamieren waren die Ägypter "berühmt", die Sitte ist seit dem 3. Jahrtausend vor Christus bekannt: Die Organe des Körpers wurden entfernt. Danach wurde der Körper mehrere Monate in Salz bzw. Natron eingelegt und dadurch getrocknet. Schließlich wurde die Mumie mit Ölen und Kräutern oder Gewürzen behandelt, um die Oberfläche gegen Feuchtigkeit zu versiegeln. Zum Abschluss umwickelte man den Körper mit öl- oder harzgetränkten Streifen, um ihn zusätzlich vor Verwitterung zu schützen. Entstanden ist dieser Brauch wohl aus der Vorstellung von der Fortdauer des Lebens im toten Körper. Eine weitere Möglichkeit ist das Konservieren durch Lufttrocknen, Hitze und Rauch. Beispiele dafür fanden sich in Peru und Chile.
->   Mehr Information über die Mumifizierung
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Pflanzliche Öle als Schutz vor Verfall
Die Ergebnisse der Untersuchungen förderten einige Substanzen zu Tage, deren Verwendung bisher unbekannt waren. "Vor allem der hohe Anteil ungesättigter pflanzlicher Öle deutet darauf hin, das diese Substanzen Hauptbestandteile des Balsams waren", sagen Evershed und Buckley.

"Wahrscheinlich wurden die pflanzlichen Bestandteile als preisgünstige Basis für die Mischung mit exotischeren und teureren Ingredienzien verwendet", meint Buckley.

Außerdem haben ungesättigte Fette die Eigenschaft, spontan zu polymerisieren, sich also zu langen Kettenmolekülen zusammenschließen. Dadurch bilden sie eine Barriere für Mikroorganismen und behindern die Zersetzung der Leiche.
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Einblicke in 1955 Jahren Geschichte
Die Wissenschaftler untersuchten 13 Mumien unterschiedlichen Alters. Damit konnte erstmals ein Überblick über die Entwicklung der Mumifizierungstechniken im Laufe der Jahrhunderte gezeigt werden. Die ältesten Mumien stammten aus der Zeit der
12. ägyptischen Dynastie, also 1985 v. Chr., die jüngsten aus der Römerzeit, 30 v. Chr., zu einer Zeit, als das Einbalsamieren langsam aus der Mode kam.
->   Mumien und Ägypten
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Baumharz und Bienenwachs
Neben den ungesättigten pflanzlichen Ölen fanden die Wissenschaftler auch Spuren von Baumharzen. Diese wurden zu Anfang wahrscheinlich aus religiösen oder kulturellen Gründen verwendet, später jedoch wegen ihrer antibakteriellen Wirkung, erläutert Evershed. Möglicherweise spielte auch Pistazienharz eine wichtige Rolle.

Immer größer werdende Mengen von Bienenwachs werden erst in jüngeren Mumien gefunden. "Nachdem die Ägypter auch die antibakterielle Wirkung von Bienenwachs entdeckt hatten, nahm auch der Anteil dieser Substanz im Balsam zu", meint Buckley

Bitumen oder andere Erdölprodukte, die oft als Zutaten erwähnt werden, waren in den von Buckley und Evershed untersuchten Mumien dagegen nicht enthalten.
Schwierigkeiten abseits der Wissenschaft
"Die Studienergebnisse werden vielen Archäologen und Ägyptologen die Augen öffnen", sagt der Chemiker Jaap Boon vom Institute for Atomic and Molecular Physics in Amsterdam. Denn bisher war das Wissen über die Einbalsamierungstechniken der alten Ägypter eher gering.

Und das aus zwei Gründen: Einerseits gibt es keine schriftlichen Überlieferungen der Techniken. Nur Informationen aus zweiter Hand von griechischen und römischen Historikern. Andererseits werden die einzigen seriösen Informationsquellen, die gefunden Mumien, vor groß angelegten Untersuchungen vom Gesetz geschützt.

Denn neben der Bedeutung als historische Artefakte handelt es sich bei Mumien immer noch um die sterblichen Überreste von Menschen. So erlaubte das Ägyptische Museum in Kairo lange Zeit nur eine oberflächliche Untersuchung der Leichname in seiner reichhaltigen Sammlung. Erst ab 1966 durften Wissenschaftler die Mumien immerhin mit Röntgenstrahlen durchleuchten.
Ingredienzien als Hinweise auf antike Handelsrouten
Erst mit Hilfe neuer chemischer Verfahren die nur kleine Proben brauchen, und dadurch die Mumien kaum beschädigen, wurden neue Untersuchungen möglich.

Die im Laufe der Zeit durchgeführten Variationen der einzelnen Bestandteile des Balsamierungsbalsams können aber auch einen ganz guten Überblick über die Entwicklung der Handelsrouten der antiken Welt geben, sagt Evershed. Und vielleicht ist es kein Zufall das im Koptischen, eine vom alten Ägyptisch abgeleitete Sprache das Wort für Wachs "mum" lautet.
->   Universität Bristol
Mehr Information über Mumien und Balsamierungstechniken finden sie in science.orf.at. unter:
->   Ägypten: Grabkammer mit elf Mumien entdeckt
->   Geheimnis der Mumien gelüftet
->   Spektakulärer Fund im 'Tal der goldenen Mumien'
->   Virtuelle Reisen in das Innere altägyptischer Mumien
 
 
 
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01.01.2010