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Neutronensterne aus dem Labor  
  Das Schicksal eines Sternes nach seinem Verglühen muss nicht in einem Schwarzen Loch münden. Das Überbleibsel einer Supernova kann auch als so genannter Neutronenstern weiterhin ein astronomisches Dasein "fristen". Jetzt ist es Wissenschaftlern gelungen durch Konstruktion der Oberflächeneigenschaften im Labor mehr über diese mysteriösen Sternen-Überreste zu erfahren.  
Dies berichten Travis Mitchell von der University of Delaware und Kollegen in der aktuellen Ausgabe der "Physical Review Letters". Die Physiker haben im Labor die Oberflächeneigenschaften von Neutronensternen sozusagen "nachgebaut".
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Der Artikel unter dem Titel "Stick-Slip Dynamics of a Stressed Ion Crystal".ist erschienen in den "Phsycial Review Letters" (Phys. Rev. Lett. 87, 183001 (2001).
->   Artikel in den "Phsycial Review Letters" (kostenpflichtig)
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Starke Verformungen
Einige Neutronensterne senden eine spezifische Gammastrahlung aus. Den Ursprung dieser Strahlung vermuten manche Forscher in erbebenartigen Erschütterungen von Sternen. Dabei wird die Kruste eines Sternes von starken Magnetfeldern förmlich zerrissen.

Bei diesem Vorgang ist die aufgebrochene Kruste starken Verformungen unterworfen. Allerdings konnten Astrophysiker diese Hypothese bislang nicht mittels Datenmaterial untermauern. Denn eine so dichte Materie wie die eines Neutronensterns ist sehr schwer zu simulieren.
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Neutronenstern
ein Stern, der im Wesentlichen aus Neutronen besteht und bei einem Radius von etwa 5-10 km eine Dichte von rund 1013 bis 1015 g/cm3 hat. Ihre Masse beträgt etwa 1,5-3 Sonnenmassen. Die Zentraltemperatur beträgt 109 °C. Rasch rotierende Neutronensterne sind in bestimmten Fällen auch Pulsare. Neutronensterne entstehen aus dem Gravitationskollaps eines massereichen, alternden Sterns, dessen Energievorräte erschöpft sind. Ihre Existenz wurde erstmals von von J. R. Oppenheimer 1939 bzw. W. Baade und F. Zwicky 1935 vermutet. Die ersten Neutronensterne wurden 1967 von A. Hewish und J. Bell entdeckt.
->   Mehr zu Neutronensternen
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Geladene Atomscheibe im Magnetfeld
Die Wissenschaftler formten aus Tausenden geladener Beryllium-Atome eine dünne Scheibe und kühlten diese mittels Lasern auf sehr tiefe Temperaturen ab.

Anschließend schlossen sie die Scheibe aus geladenen Atomen in Magnetfeldern ein, sodass diese zunächst unbeweglich zwischen den magnetischen Polen ruhte. Danach versetzten sie die Scheibe mit einem weiteren Laser in eine Drehbewegung.
Bestätigte Prognosen
Doch eine gleichmäßige Rotation der Ionenscheibe blieb aus. Statt dessen bildeten sich immer wieder Risse, die sich allerdings auch relativ schnell wieder schlossen.

Was die Wissenschaftler erfreut feststellten, war die Tatsache, dass die Häufigkeit und die Verteilung der Risse denen entsprach, die die Wissenschaftler aufgrund der emittierten Gammastrahlung in der Oberfläche von Neutronensternen prognostiziert hatten.

Obwohl die Ionenscheibe natürlich wesentlich weniger dicht ist, lässt sich ihre Struktur durchaus mit der Oberfläche eines Neutronensterns vergleichen. Diese Ergebnisse werten die Wissenschaftler deshalb auch als direkten Beleg für ihre Theorien über das Verhalten von Neutronensternen.
Nächst gelegener Neutronenstern
Dank genauer Beobachtungen mit dem Hubble-Weltraumteleskop bestätigte sich Ende letzten Jahres, was Astronomen schon vorher vermuteten: Der Neutronenstern RX J185635-3754 ist der der Erde am nahegelegenste Neutronenstern, den man bisher entdeckt hat.

Er liegt mehrere hundert Lichtjahre entfernt und wird die Erde in rund 300.000 Jahren in einer Entfernung von etwa 170 Lichtjahren passieren.
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Wie explodieren massereiche Sterne?
Sterne mit einer Masse von mehr als zehn Sonnenmassen beenden ihr Leben in einer Supernovaexplosion. Die Trümmer des explodierenden Sterns werden mit einem Zehntel der Lichtgeschwindigkeit in den zirkumstellaren Raum geschleudert. Die ausgeworfenen Sterngase reichern das interstellare Medium mit schweren Elementen, die der Stern über Jahrmillionen "erbrütet" hat, und mit radioaktiven Atomkernen an, die während der ersten Sekunden der Explosion entstanden sind. Der Eisenkern des massereichen Sterns kollabiert zu einem Neutronenstern oder einem Schwarzen Loch, einem kompakten Überrest, der im Zentrum der auseinander rasenden Gaswolke des zerstörten Sterns übrig bleibt. Zehntausend mal mehr Energie als im Supernovalicht wird dabei über Neutrinos freigesetzt. Dies sind Elementarteilchen, die in riesiger Zahl bei den extremen Bedingungen in einem heißen Neutronenstern entstehen.
->   Mehr dazu beim Max-Planck-Institut für Astrophysik
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"Einfache Beobachtung" möglich
Dank der relativen Nähe von RX J185635-3754 stellt der Neutronenstern eine einmalige Chance für die Astronomen dar, ihre Theorien über diesen doch recht exotischen Sternentyp auch aus der Entdernung zu überprüfen.

Und der Stern hat noch einen weiteren "Vorteil": Er ist ein Einzelgänger und bietet sich, da nichts den Blick stören kann, geradezu als Beobachtungsobjekt an.

"Die wissenschaftliche Bedeutung dieses Objektes liegt in der Tatsache, das der Neutronenstern isoliert ist", unterstreicht Frederick M. Walter von der State University of New York. "Der Stern scheint recht heiß zu sein und das nicht, weil er etwa Wasserstoff ansammelt, sondern weil er jung ist und noch abkühlt. Da wir wissen, wie alt er ungefähr ist, können wir jetzt messen, wie schnell Neutronensterne abkühlen."
Weg seit 1996 verfolgt
Der Weg des Neutronensterns am Himmel wurde von Hubble 1996 und 1999 aufgenommen. Aus der charakteristischen Bewegung des Objektes konnte man die Entfernung und Geschwindigkeit des Neutronensterns berechnen.

So wandert RX J185635-3754 am Himmel in rund 5.400 Jahren etwa eine Strecke, die dem Durchmesser des Mondes entspricht. Damit ist er einer der sich am schnellsten bewegenden Sterne am Firmament. Der Neutronenstern kommt dabei auf eine beachtliche Geschwindigkeit von 389.000 Kilometern pro Stunde.
->   Hubble Telescope
Der Wiege des Doppelsternsystems entwachsen
Die Astronomen gehen davon aus, dass RX J185635-3754 aus einer Gruppe junger Sterne stammt und genau aus dieser Gruppe scheint sich auch ein anderer Stern - Zeta Ophiuchus - fortzubewegen.

Beide Sterne, so die Spekulation, könnten vor rund einer Millionen Jahren ein Doppelsternsystem gebildet haben und sind - als der Vorgänger des Neutronensterns in einer Supernova explodierte - ins All hinausgeschleudert worden.
->   Artikel im "Physical Review Focus" zu den Neutronensternen
->   Deptartment of Physics and Astronomy, University of Delaware
->   Physics Department at UC San Diego
 
 
 
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01.01.2010