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ORF ON Science :  News :  Umwelt und Klima 
 
Das Wasser der Urmeere  
  Winzige, in Kristalle eingeschlossene Tröpfchen des Urmeeres wurden jetzt mittels Elektronenmikroskop- und Röntgentechnik untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass die chemische Zusammensetzung des Meereswassers in den letzten 540 Millionen Jahren starken Schwankungen unterworfen war.  
"Bisher ging man davon aus, dass sich die chemische Zusammensetzung des Meerwassers in den letzten 600 Millionen Jahren nicht sehr stark verändert hat", sagt der Geochemiker Juske Horita vom Oak Ridge National Laboratory in Tennessee. "Diese eingeschlossen Tropfen des Urmeeres sind die 'ersten starken Hinweise', dass es sich anders verhalten hat".
Eingefroren und aufgeschnitten
Das Wissenschaftlerteam rund um den Geologen Tim Lowenstein von der State University of New York in Binghamton sammelte Kristalle aus Salzsteinablagerungen rund um den Erdball. Zuerst wurden die Kristalle gefroren und zerteilt, danach die chemische Zusammensetzung der mikroskopisch kleinen Wassereinschlüsse untersucht.

Die winzigen 'Wassertropfen' hatten einen Durchmesser von nur 30 Micrometern, das entspricht einem Drittel der Breite eines menschlichen Haares. Die Ergebnisse ihrer Arbeit veröffentlichten die Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift "Science".
->   Der Artikel "Oscillation in Phanerozoic seawater chemistry: evidence from fluid inclusions" in Science (Bd. 294, S 1086 - 1088/ kostenpflichtig)
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Um den Faktor Fünf
Die Wissenschaftler untersuchten Kristalle aus Australien, dem mittleren Osten und Amerika, um damit die Zusammensetzung des Meereswassers über eine Zeitspanne von 550 Millionen Jahren überblicken zu können. Die Ergebnisse zeigen, dass das Kalzium- und Magnesiumverhältnis im Laufe der Zeit um mehr als das Fünffache schwankte.
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Unterwasservulkane und Erdbeben
Welche geologischen Kräfte haben aber die Veränderung der Meerwasserzusammensetzung ausgelöst? Wenn sich der Meeresboden bewegt, wird Kalzium freigesetzt.

Lowenstein fand heraus, dass die Perioden des Ansteigens des Kalziumgehaltes im Meerwasser mit den Perioden der Meeresbodenbewegungen, durch die der mittelozeanische Rücken entstand, übereinstimmen.

Die an diesen Rücken angesiedelten Hydrothermalquellen, an denen heißes, mit verschiedenen Salzen angereichertes Wasser austritt, könnten die Ursache für die Schwankungen der Meeres-Chemie sein.
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Der Mittelozeanische Rücken
ein zusammenhängendes System von untermeerischen Rücken, das im Nordpolarmeer mit dem Arktischen Rücken beginnt, sich durch das Europäische Nordmeer als Monarücken, durch den eigentlichen Atlantik als Mittelatlantischer Rücken hindurchzieht, um Afrika herum als Atlantisch-Indischer Rücken in den Indischen Ozean weist und auf den Mittelozeanischen Rücken des Indischen Ozeans trifft.
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Zwei extreme Phasen der Meerwasserzusammensetzung
Die Wissenschaftler konnten zwei Extreme ausmachen: Hohe Werte im Verhältnis von Magnesium-2+ zu Calcium-2+-Ionen und gleichzeitig hohe Natrium-Ionenkonzentrationen. Diese Wasserzusammensetzung fanden sie während des späten Präkambriums (vor 544 bis 543 Millionen Jahren), während des Perms(258-251 MJ) und vom Tertiär bis heute (40-0 MJ).

Niedrige Werte herrschten während des Kambriums (540-520 MJ), während des Silurs (440-418 MJ) und während der Kreidezeit (124-94 MJ). Der seit der Kreidezeit bis heute kontinuierlich ansteigende Wert fällt zeitlich mit einer Abnahme der Produktionsrate neuer Ozeankruste zusammen.
->   Geologische Zeittabelle
Einige Einflüsse nicht berücksichtigt
"Diese Forschungsergebnisse müssen mit Vorsicht genossen werden", meint Robert Goldstein von der Universität von Kansas. Die Annahme, wie sich die Zusammensetzung des Meerwassers verändert haben könnte, ist seiner Meinung nach nicht komplett.

"Auch die Zusammensetzung der Atmosphäre und von Flüssen ins Meer gespülten Mineralien beeinflussen den chemischen Haushalt der Meere", so Goldstein.
Trotzdem die beste Erklärung
Auch die Entwicklung der Tiere kann den Kalziumhaushalt des Meeres beeinflussen. Schließlich ist Kalzium einer der Hauptbestandteil von Muscheln und Skeletten. Daher könnten etliche im Laufe der Evolution entstandene Meerestierarten den Kalziumhaushalt des Wassers nachhaltig verändert haben.

"Trotz dieser Einwände ist dieses neue Modell wahrscheinlich die genaueste geologische Untersuchung über die Veränderungen des Meerwasser, über die wir derzeit verfügen", erklärt der Geochemiker Horita.
->   State University of New York, Binghamton
 
 
 
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01.01.2010