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Wasserstoff - die Kohle der Zukunft  
  Wasserstoff könnte der wichtigste Energieträger der Zukunft werden. Schon jetzt wird von Industrie und Wirtschaft das Zukunftspotential der Brennstoffzelle erkannt. Während viele Automobilhersteller die Entwicklung wasserstoffbetriebene Autos vorantreiben, will Island bis 2050 alle fossilen Brennstoffe mit Energie aus Wasserstoff ersetzen.  
"In den kommenden zwei bis fünf Jahren sollen mit Pilotprojekten das Für und Wider des Brennstoffzellen-Antriebs ausgelotet werden", sagt Jon Björn Skulason von der Firma 'Icelandic New Energy'.
Vorbild Island
Bereits jetzt stammen 67 Prozent der isländischen Energie aus Wasserkraft und Erdwärme. Für Autos und Kutter sind die 265.000 Einwohner der Insel allerdings noch auf den Import fossiler Brennstoffe angewiesen.

Mit Hilfe der Wasserstofftechnologie sollen auch die letzten großen Erdöl-Bastionen fallen: Verkehr und Fischerei. Der dafür benötigte Wasserstoff soll durch elektrolytische Spaltung von Wasser gewonnen werden. Der dafür nötige elektrische Strom werde mit Hilfe von Wasserkraft und Erdwärme erzeugt, sagt Skulason.
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Die Brennstoffzelle-Teil I
Die Brennstoffzelle erzeugt elektrischen Strom direkt aus einer chemischen Reaktion. Im einfachsten Fall reagieren dabei Wasserstoff (H) und Sauerstoff (O) zu Wasser (H2O). Diese normalerweise explosionsartige Knallgasreaktion wird von der Brennstoffzelle mit einem Trick in Teilschritte zerlegt.

Die Brennstoffzelle besteht aus zwei Elektroden und einem Ionenleiter. Einer Elektrode wird Wasserstoff zugeführt, der anderen Sauerstoff. Beide Stoffe werden in elektrisch geladene Atomteilchen (Ionen und Elektronen) zerlegt. Der Ionenleiter, beispielsweise eine dünne Membran, lässt nur die positiv geladenen Wasserstoff-Ionen passieren. Die Elektronen des Wasserstoffs müssen den Umweg über eine äußere Verbindung von einer Elektrode zur anderen nehmen - es fließt elektrischer Strom, der beispielsweise einen Elektromotor speisen kann.
->   Wasserstoff und Brennstoffzellen
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Vielseitig Einsetzbar
Im Idealfall gewinnt die Brennstoffzelle Strom und Wärme aus der Verbrennung von Wasserstoff völlig schadstofffrei. Und ist dabei so variabel einsetzbar, dass es für nahezu jedes Anwendungsgebiet bereits einen Prototyp gibt - vom Handy bis zum Heizkraftwerk.

"Im Grunde genommen ist die Brennstoffzelle genau so revolutionär wie es der Generator von Siemens war", sagt der Wasserstoff-Forscher Jochen Lehmann von der Fachhochschule Stralsund.
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Wasserstoff
farb-, geruch- und geschmackloses Gas; findet sich in freiem Zustand kaum, aber in vielen anorganischen und organischen Verbindungen; wird hauptsächlich aus Rohöl und Erdgas gewonnen. H ist brennbar, sein Verbrennungsprodukt ist Wasser; er bildet mit Sauerstoff hochexplosive Gemische. Atomarer Wasserstoff kann durch thermische Dissoziation von gewöhnlichem Wasserstoff, dessen Moleküle aus zwei Atomen bestehen, erhalten werden. Er hat dann eine viel größere Reaktionsfähigkeit. Schwere Isotope des Wasserstoffs sind das Deuterium und das Tritium.
->   Mehr über Wasserstoff
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Die Brennstoffzelle als Batterieersatz
Die Vorteile der Energiegewinnung durch Wasserstoff sind nicht nur den Isländern bekannt. So haben Wissenschaftler der Fraunhofer-Initiative 'Mikrobrennstoffzelle' beispielsweise Mini-Kraftwerke für Camcorder und Laptops entwickelt.

Als Batterieersatz für die ständig wachsende Zahl tragbarer Elektronikgeräte werden sich die Zellen als erstes auf dem Markt durchsetzen, erwartet das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB).

Das liegt unter anderem an ihrer deutlich längeren Betriebsdauer. Außerdem wird die Mini- Brennstoffzelle nicht viel teurer sein als heutige Lithium-Ionen-Akkus. Sie muss nur gelegentlich aufgefüllt werden.
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Die Brennstoffzelle-Teil II
Neben der Energiegewinnung lässt sich auch die Abwärme der Brennstoffzelle nutzen. Insgesamt erreicht die Technik damit einen derzeit nahezu unschlagbaren Wirkungsgrad von bis zu 85 Prozent. Außerdem sind Brennstoffzellen leiser als konventionelle Generatoren und arbeiten praktisch ohne schädliche Abgase. Allerdings muss der Wasserstoff zunächst erzeugt werden, was noch aufwendig ist. Zudem können dabei auch Treibhausgase entstehen. Manche Verfahren setzen auf wasserstoffhaltige fossile Energieträger wie Benzin und Erdgas andere auf Wasser. Einige Brennstoffzellen können auch mit Methanol betrieben werden.
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Die Brennstoffzelle als Wärmespender
Auch in die Heizungskeller soll die neue Technik bald einziehen. Und zwar als kombinierter Strom- und Wärmespender.

"In zwei Jahren wird es auch Geräte für die Energieversorgung von Ein- und Mehrfamilienhäusern geben", schätzt Ulrich Schmidtchen vom Deutschen Wasserstoff-Verband. Bei der Schweizer Firma Sulzer Hexis startet bereits jetzt die Produktion eines Brennstoffzellen-Heizgeräts.
Die Brennstoffzelle in der Autoindustrie
Der Brennstoffzellenantrieb von morgen soll Autos effizienter, leiser und schadstoffärmer machen - allerdings nicht so bald.

Zwar rollen bereits Test-Autos, -Busse und - Lieferwagen durch verschiedene europäische Städte. Die meisten Autokonzerne rechnen jedoch nach Angaben des Karlsruher Fraunhofer-Instituts für Systemtechnik und Innovationsforschung jedoch nicht vor 2010 mit nennenswerten Stückzahlen.
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Wasserstoffbusse in Reykjavik
Im März dieses Jahres startete das ECTOS-Projekt (Ecological City Transport System) zum Test von Wasserstoff getriebenen Stadtbussen in der Hauptstadt Islands. Ende 2002 sollen die ersten drei Brennstoffzellen-Busse in den Straßen von Reykjavik fahren.
->   Das ECTOS-Projekt
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Weltweite Nutzung des Wasserstoffes noch nicht absehbar
"Es wird länger dauern als bisher angenommen, bis man großtechnisch mit der Brennstoffzellentechnik auf den Markt kann", sagt Rudolf Henne, Abteilungsleiter am Institut für Technische Thermodynamik des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Stuttgart.
Wasserstoffproduktion noch zu teuer
Denn zum einen ist die Technik noch verhältnismäßig teuer. Zum anderen hängt die Ökobilanz der Brennstoffzelle auch entscheidend davon ab, woher der Wasserstoff stammt. Er ist zwar beispielsweise im Wasser im Übermaß vorhanden, muss daraus aber erst gewonnen werden.

Daher rechnet sich die Brennstoffzelle für die Umwelt erst, wenn die Wasserstoffproduktion aus Wasser etwa mit Hilfe von Solarenergie oder Windkraft geschieht. Anstatt aus Wasser, kann Wasserstoff auch aus Erdgas oder Benzin gewonnen werden.
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Die Geschichte der Brennstoffzelle
Der britische Physiker Sir William Grove hatte 1839 erstmals Strom auf elektrochemischen Weg aus Wasserstoff und Sauerstoff erzeugt, 27 Jahre bevor Werner von Siemens seinen Wechselstromgenerator zum Laufen brachte, und 35 Jahre vor dem Erscheinen von Vernes Roman. Doch erst das Apollo-Raumfahrtprogramm der NASA erweckte die Brennstoffzellentechnik in den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder aus einem langen Dämmerschlaf.
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Nur eine Frage der Zeit
Die Brennstoff-Zelle hat das Potenzial zum Universalkraftwerk der Zukunft, muss vor dem Schritt in den Markt also nur noch eine Hürde nehmen: Die klimafreundliche Großproduktion von Wasserstoff.

Langfristig wird sich die Wasserstoffwirtschaft nach Ansicht von Lehmann aber durchsetzen. "In der Energietechnik hat jede Änderung rund 20 Jahre gebraucht", sagt der Stralsunder Forscher. "So wird es auch mit dem Wasserstoff sein."
->   Deutscher Wasserstoff-Verband
->   Forum Brennstoffzelle
Mehr Informationen zum Thema Wasserstoff finden sie auf science.orf.at unter:
->   Zukunft für Wasserstofftechnologien
->   Die saubere Wasserstoff-Gesellschaft
->   Bakterien als Wasserstoff-Vorbilder
 
 
 
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01.01.2010