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Aids: Neue Therapie gegen die Immunschwäche  
  Eine neue Therapie schärft die Waffen gegen Aids:
Mit dem Arzneimittel "ABT-378/r" ("Kaletra") in einer
Kombinationstherapie mit anderen Anti-HIV-Mitteln steht Patienten und Ärzten jetzt die bisher wirksamste Behandlung gegen die Immunschwächekrankheit zur Verfügung.

 
Schon im ersten Quartal 2001 soll das Medikament in der EU zugelassen werden, kündigten internationale Experten Dienstag Nachmittag bei einem Fachsymposium in Rom an.

HI-Viren im Blut unter der Nachweisgrenze
"Wir haben seit Mai bzw. Juni vergangenen Jahres bereits 25
Patienten, deren HIV-Infektion schon multi-resistent war, mit dem Arzneimittel behandelt. Es waren Kranke mit einer fortgeschrittenen Immunschwäche. Die Erfahrungen sind sehr gut. Nach sieben bis acht Monaten fiel bei fast allen Patienten die Zahl der HI-Viren im Blut unter die Nachweisgrenze", fasste Oberarzt Dr. Andreas Kapper (1. Medizinische Abteilung am LK-West in Graz) seine bisherigen Erfahrungen gegenüber der APA zusammen.

Der Vorteil laut Kapper: "Das Arzneimittel ist gut verträglich. Es hat wenig Nebenwirkungen - und darüber hinaus gibt es bisher kaum Resistenzen."

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Kaletra: Ein HIV-Protease-Hemmer der zweiten Generation
Bei "Kaletra" handelt es sich um einen so genannten
HIV-Protease-Hemmer der zweiten Generation. Protease-Hemmer in Kombination mit anderen Anti-HIV-Substanzen haben in den vergangenen Jahren in allen Industrieländern dazu geführt, dass die Zahl der Aids-Erkrankungen und Aids-Todesopfer drastisch gesunken ist.

->   Infos zu 'Kaletra'
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Neue Etappe in der Aids-Behandlung
Doch das vom US-Konzern Abbott entwickelte neue Medikament dürfte ein neue Etappe in der Aids-Behandlung darstellen: Es besteht aus einer geringen Dosis des HIV-Protease-Hemmers Ritonavir (100 Milligramm) und einer neuen Substanz, dem Protease-Blocker Lopinavir.
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Protease-Blocker verhindern in HIV-infizierten Zellen, dass aus langen entstehenden Aminsäure-Ketten neue Aids-Viren zusammengesetzt werden. Diese Enzyme fungieren wie "Scheren". Sind diese "Scheren" stumpf, werden die passenden Bestandteile für neue Krankheitserreger nicht mehr gebildet. Diese Anti-HIV-Substanzen unterdrücken die Neubildung von Viren viel stärker als andere Wirkstoffe. Wichtig ist aber eine Kombinationstherapie.
->   aids.org
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Der Clou an Kaletra
Der Clou an "Kaletra": Der geringe Anteil an der älteren Protease-Blocker-Substanz Ritonavir vervielfältigt den Effekt des zweiten und neuen Hemmstoffes Lopinavir. Das geschieht, ohne die Nebenwirkungen zu erhöhen.

Bis zu 93 Prozent der Patienten sprechen an
Die Zahlen über die Wirkung einer Dreifach-Anti-HIV-Therapie unter Verwendung von ABT-378/r plus zweier Medikamente aus einer anderen Substanzklasse (d4T und 3TC) bei Immunschwächepatienten in der Erstbehandlung (d.h. bei Patienten, die noch keine anderen Medikamente gegen HIV bekommen haben) sind beeindruckend.

Eugene Sun, Chef der Abteilung für Klinische Studien mit
Anti-Virus-Medikamenten der Firma Abbott, sagte in Rom: "Bei 326 Patienten, welche in eine Studie über 48 Wochen mit der Behandlung aufgenommen wurden, sank bei 75 Prozent die Zahl der HI-Viren pro Kubikmillimeter Blut unter die Nachweisgrenze von 400 Virus-Kopien. Unter jenen Betroffenen, die wirklich die ganze Zeit die Medikamente einnahmen, war das bei gar 93 Prozent der Fall."
Mit herkömmlichen Therapien Erfolg nur bei 60 Prozent
Eine Gruppe von Patienten, welche die bisher "schärfste"
Anti-HIV-Therapie erhielt, schnitt hingegen mit 63 Prozent bzw. 82 Prozent (Gesamtgruppe/konstant behandelte Personen) deutlich schlechter ab.
Was die Sache noch besser aussehen lässt, schilderte in Rom
Mauro Moroni vom Ospedale Luigi Sacco in Mailand: "Selbst mit der herkömmlichen hoch aktiven Anti-HIV-Therapie können wir nur bei rund 60 Prozent der Betroffenen eine optimale Unterdrückung der Virus-Vermehrung erzielen. Das heißt, dass wir bei 40 Prozent der Patienten wegen Nebenwirkungen oder eines Versagens die Behandlung umstellen müssen. Mit der neuen Therapie erreichen wir immerhin noch bei knapp 60 Prozent der Patienten nach einem Versagen der Therapie dieses angestrebte Ziel."
Keine Resistenzen
Der Grund für diese Erfolge: Nach zweimaliger Einnahme am Tag bleibt das neue Arzneimittel im Blut bis zu 80 Mal höher
konzentriert, als dass resistente HI-Viren entstehen könnten. Das erschwert auch die Entstehung von unempfindlichen Krankheitserregern.
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Das ließ sich sogar durch Laboruntersuchungen der Aids-Viren von Patienten beweisen: Bei 42 Patienten, welche in der genannten Studie mit 326 Betroffenen die Therapie wegen Nebenwirkungen und/oder Versagens absetzten, wurde keine einzige Resistenz gegen "Kaletra" gefunden. In der Vergleichsgruppe war das unter 78 Studien-Abbrechern
immerhin bei 20 Betroffenen der Fall (Anteil: 31 Prozent).

->   UNAIDS
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Medikament auch für Kinder geeignet
Auch die Zahlen über die Anwendung in einem Zeitraum von zwei
Jahren sind ähnlich erfolgversprechend. Weitere Vorteile: Die
Patienten müssen dieses Medikament nur noch zwei Mal pro Tag einnehmen. Ob sie dazu essen oder nicht, ist irrelevant. Für Kinder wird es das Arzneimittel als Saft geben.

Da HIV-Patienten ihre Medikamente eigentlich lebenslang schlucken müssen, sind größere Annehmlichkeiten bei der Einnahme besonders vorteilhaft. Abbott-Kliniker Eugene Sun: "Wir müssen solchen Patienten einfach eine Chance geben, dass Fehler bei der Einnahme keine negativen Konsequenzen haben."

->   HIV InSite
->   Aids Research Information Center
 
 
 
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01.01.2010