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Gesundheitsfördernder Schweiß  
  Schweiß und Schwitzen wird gemeinhin als unangenehm empfunden. Doch jetzt muss das negative Image der menschlichen Transpiration korrigiert werden. Denn Wissenschaftler haben im Schweiß ein Eiweiß entdeckt, das als natürliches Antibiotikum dauerhaft vor Infektionen schützt.  
Das berichten Forscher vom Universitätsklinikum Tübingen der Abteilung für Dermatologische Onkologie in der aktuellen Online-Ausgabe von "Nature Immunology".

Die Forscher machten eine überraschende Entdeckung im Bereich der Hautinfektabwehr: Der menschliche Schweiß enthält ein antibiotisches Peptid, das Dermcidin, das die Keimbesiedlung der Haut reguliert.
->   Nature Immunology (kostenpflichtig)
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Peptide
bei der Hydrolyse (Spaltung eines Moleküls durch eine Reaktion mit Wasser) von Proteinen auftretende oder synthetisch hergestellte, aus Aminosäuren aufgebaute Verbindungen, Zwischenprodukte beim Abbau von Eiweißen. Nach der Anzahl der in Peptiden vorhandenen Aminosäuren unterscheidet man Di-, Tri-, Tetrapeptide (Polypeptide). Letztere leiten über zu den Proteinen (Eiweiße). Viele pflanzliche Wirkstoffe, Gifte, Hormone u. a. sind Polypeptide.
->   Struktur der Peptide und Proteine
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Die meisten Peptide erst bei Verletzungen freigesetzt
Beim Menschen wurde bereits in den letzten Jahren eine Reihe von antibiotischen Peptiden als Wirkstoffe der Immunabwehr entdeckt.

Die bisher beim Menschen bekannten, an der Haut wirksamen antibiotischen Peptide werden jedoch erst bei Verletzungen, Entzündung oder Infektionen, die bereits eingetreten sind, freigesetzt.

Bei Pflanzen, Insekten und Amphibien sind antibiotische Peptide seit längerem als Vermittler der Infektabwehr bekannt.
Breites Wirkungsspektrum
Dermcidin, das neu entdeckte antibiotische Peptid, wird ausschließlich von den Schweißdrüsenzellen der Haut produziert und gelangt mit dem Schweiß auf die Oberfläche der Haut.

Die Hauptform des Peptids besteht aus 47 Aminosäuren und zeigt ein breites Wirkspektrum gegen grampositive und gramnegative Bakterien sowie gegen Pilze.

Die Wirksamkeit bleibt auch unter den sauren pH-Bedingungen des Schweißes erhalten und wird durch die Salze des Schweißes nicht beeinträchtigt.
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Grampositive und gramnegative Bakterien
Man unterscheidet grampositive und gramnegative Bakterien. Diese Eigenschaftsbezeichnung ergibt sich aus einem Verfahren zur Anfärbung von Mikroorganismen zum Zwecke der mikroskopischen Erkennung. Bei der Gram-Färbung lassen sich die Bakterien mit einem bestimmten Farbstoff anfärben und werden dann als grampositiv bezeichnet. Erfolgt keine Anfärbung, gelten sie als gramnegativ. Diese Art der Unterteilung geht auf den dänischen Arzt und Pharmakologen Hans Gram (1853-1938) zurück, der das Verfahren der Bakterienanfärbung 1884 entwickelte.
->   Mehr zu Bakterien und Antibiotika
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Dauernder Schutz gewährleistet
Dermcidin stellt damit das erste antibiotische Peptid dar, das einen dauernden Schutz der Haut vor Infektionen mit Keimen bewirkt. Bisher hatte man geglaubt, dass vor allem der leicht saure pH-Wert an der Hautoberfläche ein wichtiger Schutzmechanismus wäre.

Mit der Entdeckung von Dermcidin muss diese Ansicht laut den Tübinger Forschern korrigiert werden, da der Schutz hauptsächlich durch diese aktive antimikrobielle Substanz selbst bewirkt werde.
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Schweiß
ein wässriges Drüsensekret mit maximal ein Prozent gelösten Stoffen wie Natriumchlorid, Ammoniak, Harnsäure und flüchtige Fettsäuren. Letztere bedingen den Geruch. Das Wasser wird vom Blut aus den Wasserspeichern bereitgestellt. Bestimmte Körpergegenden sind stärker mit Schweißdrüsen ausgerüstet (Fußsohlen, Achselhöhlen).

Die Schweißabsonderung dient der Wärmeregulation: Durch Verdunsten des Schweißes auf der Körperoberfläche wird ihr Wärme entzogen. Die Fähigkeit zum Schwitzen ist individuell sehr unterschiedlich, damit hängt die unterschiedliche Verträglichkeit hoher Temperaturen zusammen. An Hitze angepasste Menschen können einen stärker verdünnten Schweiß in großen Mengen ausscheiden.
->   Aufbau von Schweißdrüsen
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Zu häufiges Waschen ungesund
Die Entdeckung von Dermcidin trägt auch zur Erklärung der von Hautärzten immer wieder gemachten Beobachtung bei, dass Hautinfektionen und Entzündungen (Ekzeme) gehäuft bei Personen auftreten, die sich sehr häufig waschen.

Der mit Dermcidin aus dem Schweiß entstehende antibiotische Schutzmantel wird durch häufiges Waschen wahrscheinlich zu stark reduziert.
Abwehr an der wichtigsten Grenze des Körpers
Die Entdeckung des Dermcidin ist von grundlegender Bedeutung für das Verständnis der Abwehr von Infektionen an der Haut als der wichtigsten Grenzfläche des Menschen zur Umwelt.

Es ist vorstellbar, dass die Anwendung von Dermcidin längerfristig eine therapeutische Bedeutung bei Neigung zu vermehrten Hautinfektionen und Hautentzündungen erlangen kann. Auch ein prophylaktischer Einsatz erscheint den Wissenschaftlern aus Tübingen nahe liegend.
->   Hautklinik der Universität Tübingen, Sektion für Dermatologische Onkologie
 
 
 
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01.01.2010