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Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Wissen und Bildung 
 
Internet und Pädagogik  
  Wenn der Leitspruch: ¿Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir¿ endlich pädagogische Wirklichkeit werden soll, muss sich in der tradierten "josephinischen" Schulbürokratie manches ändern. Der Einzug des Internet hat dem Imperativ, einen Struktur- und Bewertungswandel der Pädagogik rasch zu vollziehen, besondere Dynamik verliehen.  
Kinder und Jugendlichen praktizieren den Umgang mit den "neuen" Medien schon selbstverständlich, wo die Eltern und Lehrer oft noch skeptisch abwartend "draußen¿ stehen, wenn es um die Anwendung multimedialer Hilfsmittel im Bildungsbereich geht.
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Anforderungen und Anforderungsprofile an Schule und LehrerInnen der Zukunft: "Manager, Moderator, Mediator und Coach"
Ein Gastkommentar von Dr. Franz Witzeling. Der Autor ist Psychotherapeut, Motivforscher und Mediensoziologe, sowie Leiter des Humaninstituts Klagenfurt.
->   Humaninstitut
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Ein neues Bildungsverständnis
Gastkommentar von Franz Witzeling

"Das Medium ist die Botschaft¿ war der paradigmatische Leitsatz von Marshal Mc Luhan, der einen einschneidenden Wandel im Verständnis von Gebrauchswert von Wissen und Information einleitete.

Das war auch für viele Lehrer und Lehrerinnen unbemerkt der Beginn der Entwicklung eines neuen Bildungsverständnisses charakterisierbar durch den Wandel des Leitsatzes: "Wissen ist Macht, in Richtung die Verfügbarkeit von Wissen ist machbar¿.
Rollenwandel
Was dieser Bewertungswandel von Wissenswert zum Informationswert für das Rollenverständnis des traditionellen Lehrers(in), für die Leistungsfeststellung bei den ihnen überantworteten Schülern bedeutet, ist zu hinterfragen.

Das Kontrollieren und Zensurieren der Abrufbarkeit von pädagogisch präpariertem Wissen definiert die Dienstleistung der Lehrkräfte an der Gesellschaft.
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Frustrierendes "Know how"?
Die neue Realität des lockeren Umgangs mit jederzeit abrufbaren "Know hows¿ von elektronischen Datenträgern macht gepauktes Wissen zum frustrierenden konditionierten Reflex.
Das Motivieren der Schüler im Vermitteln der Sinnhaftigkeit und Notwendigkeit, reproduziertes Wissen wiederzugeben, wird für die Lehrkräfte immer schwerer.
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Keine Lust auf Bildung
Frust statt Lust auf Bildung macht sich breit. Neben der menschlichen Kluft, die sich oft zwischen Lehrern(innen) und Schülern auftut, die sich nicht selten mit Angst füllt, geht die Schere zwischen Bildungsrealität und Anforderung an die Bildung für die Zukunft immer weiter auseinander.

"Da muss etwas geschehen¿, hört man von Politikern, der Wirtschaft und vor allem von Eltern, die sich über die Chancen ihrer Kinder für die berufliche Zukunft Sorgen machen.
Schmoren im eigenen Saft
Experten werden mit Forschungsaufträgen betraut, in der Erwartung, den "gordischen Knoten¿ zu lösen oder den "Stein des Wissens¿ zu finden. Wie es in Österreich so üblich ist, schmort man gerne im eigenen Saft oder bleibt lieber unter sich, um den heiligen Gral der Bildungsmacht zu bewachen. Man redet von Projektunterricht, praxisorientierter Lehrplangestaltung und Entrümpelung eben derselben.
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"Nix is gschen, gut is goan¿ hört man manche verantwortliche Bildungsverantwortlichen leise sagen, wenn sie vorsichtig mit ihren Köpfen wieder auftauchen, nachdem diese zuvor aus Angst vor dem Verlust ihrer Kompetenz, aber vor allem wie Schüler hinter den Schutzpulten der Macht wieder auftauchen.
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Die Lösung liegt bei den Schülern
Wie so vieles in unserer Gesellschaft ist manches nur radikal im wahrsten Sinne des Wortes zu lösen (wenn man einmal brav Latein gelernt hat). Die Wurzel der Lösung liegt sehr nahe bei denen, die es eigentlich betrifft, betreffen sollte, nämlich bei den Schülerinnen und Schülern, die selbst genau wissen, wo es lang geht.

Die Auszubildenden haben schon längst die Möglichkeiten, die die neue Kultur- und Bildungstechnik bietet, zur Hand genommen und sich zu Nutze gemacht. Wissen und Informationsmedien werden vom Gebrauchswert auch in ihrer "Doppelnatur¿ benutzt .
Die "Bildungswirklichkeit"
Die Funchance von online Games und Chats wird voll gegen den Frust des grauen Schulalltags eingesetzt. SMS und WAP ergänzen das Spektrum von Kommunikationsformen und Netzwerken zwischen den Jugendlichen, wo die Lehrer großteils draußen stehen.

Die Zweiweltenwirklichkeit ist also schon längst Realität, mit der sich die Lehrer und Lehrerinnen rasch auseinandersetzen müssen, wenn sie nicht sich selbst durch ihr Beharrungsvermögen ins Out der Bildungswirklichkeit stellen.
Vom Lehrer zum Mediator
Neben dem beschriebenen Wert- und Wertungswandel von Wissen und der Leistung, dieses unreflektiert zu reproduzieren, ist ein Rollenwandel des Lehrerbildes längst überfällig.

Der Weg geht von der Bildungsbürokratie und Verwaltung zum Bildungs- und Informationsmanagement. Von der Vermittlung von Inhalten ist der Wandel vom frontal unterrichtenden Lehrer zum Mediator zu vollziehen.
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Mediatoren
Der Mediator vermittelt nicht nur Bildungsinhalte und Medien, wo diese abzurufen sind. Mediatoren und Mediatorinnen sind vor allem Mittler und Katalysatoren beim Pflegen von kooperativen Gruppenprozessen im Schulalltag. Der Rollentausch vom Wissenscontroller zum Bildungscoach wird an der Kernidentität des Lehrer(innen)bildes der Zukunft am meisten ändern und - falls er gelingt - bedeutende Auswirkungen auf unser Bildungssystem haben.
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Schlüsselkompetenzen
Im Zentrum aller Überlegungen steht der Mensch in der Person des Schülers und des Lehrers, wobei das Anforderungsprofil des Lehrers und der Lehrerin sich durch folgende Schlüsselkompetenzen auszeichnet:

- Emotionale Stabilität im Umgang mit sich und den überantworteten Kindern und Jugendlichen, wobei noch ein großes Maß an Frustrationstoleranz und Empathie abverlangt wird.
- Soziale Kompetenz in Form von Überblick, "Mitschwingungsfähigkeit" und dem Willen, kooperatives Lernen und Problemlösen zu fördern.
- Logistische Qualität in Richtung strategische Vernetzungsfähigkeit bei der Planung und Umsetzung von Lehr- und Lerninhalten.
Frage an das Orakel
Eine Frage, welche in der Antike an das Orakel von Delphi gerichtet worden wäre, lautet: "Bestimmt und prägt der Mensch -der Lehrer und die Lehrerin - das Schulsystem, oder wird er von der Schuladministration bestimmt und navigiert?¿ Diese Frage kann nur durch selbständiges Handeln beantwortet werden.
 
 
 
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01.01.2010