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Das Ich sitzt rechts  
  In den Spiegel schauen und sich selbst erkennen: Das ist keine Selbstverständlichkeit. Verantwortlich dafür ist unsere rechte Gehirnhälfte, wie jüngste Forschungen bestätigen.

 
Selbstwahrnehmung und Bewusstsein
Die Wahrnehmung des Gesichts im Spiegel als eigenes ist etwas, das wir Menschen mit den Menschenaffen gemein haben, ein Zeichen höheren Bewusstseins. Neue Erkenntnisse diesbezüglich lieferten nun Julian Paul Keenan und Kollegen vom Institut für Neurologie an der Harvard Medical School in Boston/Massachussetts.



Wie "Nature" in seiner jüngsten Ausgabe (Vol. 409, 305) berichtet, untersuchte Keenan das Phänomen anhand einer Gruppe von Epileptikern, deren Gehirnhälften zu Untersuchungszwecken betäubt wurden.
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Testanordnung: Vermischte Portraitfotos
Die Forscher zeigten den Epileptikern während der Narkose Fotos, auf denen eigene Gesichtsportraits mit den Portraits berühmter Persönlichkeiten (siehe Bild links: z.B. Marilyn Monroe) vermischt worden waren. Vier von fünf Patienten, deren rechte Gehirnhälfte narkotisiert war, meinten nach der Betäubung, dass ihnen das Foto einer berühmten Persönlichkeit vorgelegt worden war. Umgekehrt gaben alle Patienten mit betäubter linker Gehirnhälfte an, dass es sich um ihr eigenes Portrait gehandelt habe. Der Schluss der Wissenschaftler: Die Fähigkeit der Selbstwahrnehmung sitzt in der rechten Gehirnhälfte.
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Kontrollgruppe bestätigt Resultate
Die Forscher der Harvard Medical School überprüften ihre Ergebnisse auch anhand einer Kontrollgruppe mit gesunden Testpersonen.


Zehn Freiwilligen wurden ebenfalls Fotos gezeigt, auf denen graduell unterschiedliche Mischungen aus Selbstportraits und Berühmtheiten zu sehen waren. Zugleich wurde die Aktivität der beiden Gehirnhälften gemessen. Die Tests ergaben, dass die rechte Gehirnhälfte umso aktiver war, je mehr Elemente des eigenen Portraits in den Fotos vorhanden waren.
Neue Aufschlüsse für Gehinerkrankungen?
Die Testergebnisse könnten nach Auskunft der Bostoner Wissenschaftler auch neue Aufschlüsse über neuronale Erkrankungen geben - wie z.B. der Asomatopagnosie, bei der Patienten auf Grund einer geschädigten rechten Gehirnhälfte die eigenen Extremititäten nicht erkennen können.


"Es ist denkbar, dass die neuronalen Aktivitäten der rechten Gehirnhälfte den Schlüssel für unsere Selbstwahrnehmung darstellen, ein Kennzeichen unseres Bewusstseins", so Keenan abschließend.
->   Nature Magazine
->   Harvard Medical School
 
 
 
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01.01.2010