News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 
Blut-Hirn-Schranke kurzzeitig geöffnet  
  Wissenschaftlern an der Georg-August-Universität Göttingen ist es gelungen, die Blut-Hirn-Schranke für Krebsmedikamente kurzzeitig zu öffnen. Die Forscher testen die Methode nun erstmals bei Hirntumoren von Tieren.  
Überlebenschancen bei Gehirntumoren gering
Gehirntumore sind nach den Leukämien die zweithäufigste Krebsform bei Kindern. Während die Heilungschancen vieler krebskranker Kinder in den letzten 20 Jahren durch eine gezielte Chemotherapie erheblich verbessert werden konnten, stagnieren die Überlebensraten beim Hirntumor - trotz der Kombination von Operation, Bestrahlung und Chemotherapie.
Der Grund: Hirntumoren können sehr unterschiedlich sein und müssen deshalb ganz individuell behandelt werden. Außerdem verhindert die so genannte Blut-Hirn-Schranke, die als Barriere das Hirngewebe vom Blutkreislauf trennt, dass die meisten bei einer Chemotherapie verwendeten zellzerstörenden Medikamente (Zytostatika) in das Gehirn gelangen.
...
Blut-Hirn-Schranke
Die Blut-Hirn-Schranke besteht aus sogenannten Endothelzellen, die die Innenseiten der Blutgefäße im Gehirn auskleiden. Sie übt eine für den Stoffwechsel des Gehirns entscheidende Funktionen aus: Sie gewährleistet als Barriere ein konstantes chemisches Milieu im Gehirn. So wird durch sie die Zufuhr von Nährstoffen und Signalmolekülen, aber auch der Abtransport von Stoffwechselendprodukten und überschüssiger Neurotransmitter kontrolliert. Außerdem dient sie der Abwehr von Giftstoffen. Um diese Funktionen zu erfüllen, schließen sich die Endothelzellen zu dicht verzahnten "Rasen" zusammen, die die Kapillaren im Hirn lückenlos auskleiden. So wird verhindert, dass Stoffe aus dem Blutkreislauf unkontrolliert durch die Gefäßwände in das Nervensystem eindringen.
...
Erfolg im Tierversuch
Bernhard Erdlenbruch und Max Lakomek von der Abteilung Kinderheilkunde, Hämatologie und Onkologie an der Kinderklinik der Georg-August-Universität Göttingen konnten eine Verfahren entwickeln, mit dem die Blut-Hirn-Schranke kurzzeitig geöffnet werden kann.
Alkylglycerine steuern die Wirkung
''Durch die Verabreichung kleinmolekularer fett- und wasserlöslicher Substanzen, der so genannten Alkylglycerine, ist es uns im Tierexperiment gelungen, die Blut-Hirn-Schranke kurzfristig zu öffnen'', so Erdlenbruch. Gleichzeitig verabreichten die Wissenschaftler Zytostatika, die in das Hirngewebe gelangen und sich dort bis über das 500-fache des bisher möglichen zu verbreiten.
Das Ausmaß der Verbreitung konnte im Tierversuch durch die Wahl geeigneter Alkylglycerine und die Variation ihrer Konzentration sehr gut gesteuert werden. ''Akute Nebenwirkungen wurden nicht beobachtet'', betonte Erdlenbruch.
...
Krebs bei Kindern
Die häufigsten Krebsdiagnosen im Kindesalter sind Leukämien, Tumore des zentralen Nervensystems und Gehirntumoren sowie bösartige Erkrankungen des lymphatischen Systems. Außerdem treten Neuroblastome, der Wilms-Tumor - eine Krebserkrankung der Niere -, Knochenkrebs und Keimzelltumoren immer häufiger auf. Die Ärzte haben die Überlebenschancen der kleinen Patienten erheblich steigern können: Während noch vor 30 Jahren fast jedes krebskranke Kind starb, werden heute rund 70 Prozent der Betroffenen geheilt. Bei manchen Krebsarten liegen die Heilungschancen sogar noch höher.
...
Bisher keine Nebenwirkungen
Zur Zeit testet die Göttinger Arbeitsgruppe die Methode zur Behandlung von Hirntumoren bei Tieren. ''Wir wollen den Mechanismus, der zur erhöhten Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke führt, eingehender abklären. Außerdem untersuchen wir mögliche spät auftretende Nebenwirkungen'', sagten die Wissenschaftler.
Die Deutsche Krebshilfe verspricht sich von dem Projekt ein neues therapeutisches Konzept für die Behandlung von Hirntumoren bei Kindern, aber auch bei Erwachsenen. Insgesamt stellte die Spendenorganisation für die Forschungsarbeiten der Göttinger Arbeitsgruppe bereits rund 560.000 Mark bereit.
->   Deutsche Krebshilfe
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010