News
Neues aus der Welt der Wissenschaft
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Wissen und Bildung 
 
Chinesische Medizin bald als Heilmethode anerkannt  
  Österreich übernimmt im Bereich der chinesischen Medizin eine Vorreiterrolle. Das österreichische Gesundheitsministerium erkennt erstmals die traditionelle chinesische Medizin als eine Heilmethode an, die der Schulmedizin gleichwertig ist.  
Das hat Konsequenzen für die Patienten. Die Behandlung mit Methoden der traditionellen chinesischen Medizin soll in Zukunft den Versicherungen und Krankenkassen verrechnet werden können. Die Verhandlungen beginnen.
Rund 1.700 Therapeuten in Österreich
Rupert Lenhart ist Schulmediziner mit einer Ausbildung in der traditionellen chinesischen Medizin. Er ist einer von rund 1.700 Therapeuten in Österreich, die sich der chinesischen Heillehre verschrieben haben, und wendet bei seinen Patienten unter anderem Akupunktur an.
...
Akupunktur gegen Leberschäden
"Ich habe meine Ordination im Weinviertel, wo die Anhäufung von lebergeschädigten Patienten durch die Umgebung gegeben ist. Unsere Gesellschaft ist - wie die Chinesen sagen würden - sehr leberbetont durch Stress", so Lenhart.

"Die Beschwerden reichen von Oberbauchbeschwerden, Thoraxenge bis Kopfschmerz, Bluthochdruck. Da ist es wichtig, dass man die Funktion der Leber wieder in Ordnung bringt, und das geht auch mit Akupunktur", erläutert der Mediziner.
...
Als Heilmethode bereits anerkannt
Die Akupunktur ist die Methode der traditionellen chinesischen Medizin, die sich am besten etabliert hat. Durch die feinen Nadeleinstiche können mehr als 100 Beschwerden behandelt werden. Bisher war die Akupunktur die einzige Methode aus dem alten China, die in Österreich als Heilmethode anerkannt wurde
...
Akupunktur
Dünne, weniger als fünf Zentimeter lange Nadeln werden an bestimmten Punkten des Körpers durch die Haut gestochen, um Schmerzen zu lindern, Stress abzubauen und, nach Ansicht mancher Befürworter dieser Therapiemethode, die Heilungskräfte innerer Organe anzuregen.
->   Mehr zu Akupunktur in www.akupunktur-aktuell.de
...
Wende des Gesundheitsministeriums
Das Gesundheitsministerium machte jetzt allerdings eine Wende: Es ordnet die gesamte traditionelle chinesische Medizin den ärztlichen Leistungen zu, sagt Andreas Bayer von der TCM-Akademie in Wien, der größten Ausbildungsstätte für traditionelle chinesische Medizin.

Erstmals sei die chinesische Medizin als Modell anerkannt worden, so Bayer. "Gleichzeitig wurde definiert, dass es aus drei Hauptrichtungen besteht: Akupunktur, Tuina-Pharmakologie oder Kräuterheilkunde, wie es bei uns fälschlicherweise heißt, und die erweiterten Methoden: Tschi-Gung, Tai-Chi-Tschan und Fengh-Shui", erläutert der Experte.

Der große Unterschied zu früher: "In diesem Fall wurde die chinesische Medizin als eigenständige Medizin, auf demselben Niveau stehend wie die Jour-Medizin, definiert - wenn auch noch nicht nach unseren Kriterien sämtliche wissenschaftlich erforderlichen Nachweise der Wirksamkeit der einzelnen Methoden erbracht wurden."
Konkrete Auswirkungen auf Patienten
Dass diese Form der Behandlung nun in Österreich anerkannt ist, hat ganz konkrete Auswirkungen auf die Patienten: Sie können die Kosten von den Krankenkassen einfordern, meint Bayer mit Blick auf die Zukunft.

"Derzeit arbeiten wir mit den Versicherungen einen eigenen Katalog aus, mit dem wir ein einheitliches Verrechnungsschema entwickeln wollen, denn das ist dann zielführend. Sonst würde es zu einer enormen Kostenexplosion führen", erklärt Bayer die Problematik.
...
Erweiterte Methoden wie Feng-Shui einbezogen?
Vor allem ein Punkt muss seiner Meinung nach geklärt werden: Ob und in welchem Ausmaß die so genannten erweiterten Methoden, die vom Ministerium als ärztliche Behandlungen eingeführt wurden - wie Qi-Gong, Tai-Chi und Feng-Shui - im ärztlichen wie auch im kassenrechtlichen Sinn refundierbare Leistungen sind.

Doch einiges ist bereits geklärt, wie Bayer erklärt: "Auf jeden Fall ist es aber ab jetzt schon möglich, Akupunktur, Kräuterheilkunde und manuelle Medizin mit den Kassen zu verrechnen."
...
Möglicherweise "Modellprozesse"
Mit den Gebietskrankenkassen hat die TCM-Akademie noch keine Verhandlungen aufgenommen. Möglicherweise müssen aber auch einige Modellprozesse geführt werden, prognostiziert Bayer.
Offene Details
Derzeit ist noch völlig offen, wie viel verrechnet werden soll und ob ein Selbstbehalt für die Patienten bleibt. Vorausgesetzt wird allerdings immer, dass es sich um eine ärztliche Leistung handelt.

Arzt zu sein genügt, eine spezielle Ausbildung in der chinesischen Medizin muss nicht erbracht werden. Etwas mehr chinesisches Denken würde so manchem Mediziner allerdings nicht schaden, meint Lenhart.

"Was mich begeistert an der früheren chinesischen Praxis, dass Ärzte dafür bezahlt wurden, dass Patienten gesund bleiben, während sie die Behandlung bei Erkrankung kostenlos durchführen mussten. Das wäre ein wunderschönes System, das auch unsere Kassen entlasten würde - und würde von den Medizinern verlangen, dass sie präventiv tätig sind und nicht kurativ", meint der Mediziner.

Ulrike Schmitzer, Ö1-Wissenschaft
->   Gesundheitsministerium
->   TCM-Akademie Wien
->   Informationen zur traditionellen chinesischen Medizin
Artikel zum Thema in science.orf.at:
->   Chinesische Kräuter gegen Morbus Crohn
 
 
 
ORF ON Science :  News :  Medizin und Gesundheit .  Wissen und Bildung 
 

 
 Übersicht: Alle ORF-Angebote auf einen Blick
01.01.2010