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Gentech-Kur soll Sehstörungen im Alter heilen  
  Die Altersbedingte Makuladegeneration ist die häuftigste Ursache von Sehstörungen im Alter. Bisherigen Therapieansätzen fehlte der durchschlagende Erfolg. Nun wurden erstmals gentechnisch hergestellte Netzhautzellen in Lebewesen transplantiert. Das hoffnungsträchtige Ergebnis: Blinde Ratten konnten wieder sehen.  
Allein in Österreich erblinden mehr als 25.000 Frauen und Männer an einem oder gar beiden Augen - jährlich kommen rund 3.000 Neuerkrankungen dazu. Der Grund: die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) - im Volksmund auch als "Netzhaut-Verkalkung" bekannt. Durch degenerative Prozesse kommt es dabei zur irreversiblen Schädigung der zentralen Netzhaut, dem Ort des schärfsten Sehens.

Gelungen ist nun die Transplantation gentechnisch hergestellter Netzhautzellen an Laborratten, die ihre Sehfähigkeit kurz nach der Geburt verloren hatten. Die Wissenschaftler hoffen, dass zukünftige Versuchsreihen dazu beitragen, auch für Menschen einen Ausweg aus altersbedingten Sehstörungen wie AMD zu finden.
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Altersabhängige Makuladegeneration (AMD)
AMD ist eine Sehstörung, die durch zunehmende Beeinträchtigung des zentralen, also scharfen Sehens gekennzeichnet ist. Sie führt vorerst nicht zur völligen Erblindung, die Orientierung im Raum bleibt erhalten, aber z.B. lesen und Auto fahren sind nicht mehr möglich. Die Häufigkeit nimmt mit steigendem Lebensalter zu. Frühformen der AMD findet man bei 35 Prozent der über 75-Jährigen, das Endstadium bei 5 Prozent derselben Altersgruppe. Die Ursache der AMD ist noch nicht eindeutig geklärt. Man unterscheidet zwei Formen, die häufigere trockene und langsam fortschreitende Makuladegeneration und die feuchte, dramatisch verlaufende Form.
->   Mehr über die AMD
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Gentech-Netzhautzellen transplantiert
Forscher des Instituts für Ophtalmologie in London haben gemeinsam mit Kollegen aus Sheffield und den USA menschliche retinale Pigmentepithele in Ratten eingepflanzt, die mit einer genetischen Veranlagung zu retinaler Degeneration und Sehverlust geboren wurden.

RPE-Zellen unterstützen die Netzhaut und sind essenzielle Bestandteile der Sehfähigkeit. Bei Menschen, die unter altersbedingter Makuladegeneration leiden, verlieren sie ihre Fähigkeiten.
Ratten konnten wieder sehen
Die gentechnisch veränderten RPE-Zellen wuchsen in Teströhrchen heran, ehe sie den Lebewesen transplantiert wurden.

Sie haben nicht nur überlebt, sondern auch das Sehvermögen der Ratten wieder hergestellt. Die Versuchstiere waren nach der Transplantation wieder in der Lage, sich zu orientieren und auf optische Reize zu reagieren.

Dies berichtet das Journal "Nature Neuroscience" in seiner aktuellen Ausgabe.
->   Nature Neuroscience
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Netzhaut und retinales Pigmentepithel
Die Innere Augenhaut wird von der lichtempfindlichen Netzhaut (Retina) und dem Pigmentepithel gebildet, das die Netzhaut umkleidet und den Stoffwechsel zwischen Netz- und Aderhaut unterstützt. Zwischen Pigmentepithel und Netzhaut besteht nur im Bereich des Sehnervenaustritts und am Ziliarkörper eine feste Verbindung. An den übrigen Stellen wird der notwendige Kontakt der Schichten durch den Augeninnendruck gewährleistet. Die Netzhaut enthält neben der Schicht lichtempfindlicher Sinneszellen, den Stäbchen und Zapfen, die dem Pigmentepithel aufliegen, weitere Schichten mit Nervenzellfortsätzen, die der Verschaltung der Lichtsinneszellen dienen und sich schließlich zum Sehnerven vereinigen.
->   Mehr über Funktion und Aufbau des Auges
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"Völlig einzigartig"
John Greenwood vom Institute of Ophthalmology meinte gegenüber der BBC, dass es sich bei der Transplantation um etwas "völlig Einzigartiges" handle.

Momentan gebe es kein wirklich erfolgreiche Behandlung der Altersabhängigen Makuladegeneration. "Unsere Arbeit ist da ein riesiger Schritt in Richtung einer möglichen Strategie," so Greenwood.
->   Institute of Ophthalmology, London
Versuche beginnen erst

Amsler-Netz-Sehtest (siehe Infobox)
Ein Sprecher des königlich britischen Blindeninstituts begrüßte in einer ersten Reaktion die Entdeckung, schränkte laut BBC aber zugleich auch ein: "Es ist wichtig zu wissen, dass diese Forschungen erst ganz am Anfang stehen."

Die neuen Forschungsergebnisse sollen zu neuerartigen chirurgischen Behandlungsmethoden führen, die kranke RPE durch gesunde ersetzen. Ensprechende Versuchsreihen mit Menschen sollen in Zukunft am Moorfields Eye Hospital in London durchgeführt werden.
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Der Amsler-Netz-Sehtest
Das Amsler-Netz (Bild rechts) ist eine Testfigur, um die Funktion der Makula zu testen. Wenn Sie den Punkt in der Mitte der Figur fixieren, erscheinen die Linien am Rande Ihrer Augen unschärfer; das ist normal. Verbiegungen der Linien und Verzerrungen der Quadrate jedoch sind Hinweise auf krankhafte Veränderungen der Netzhaut.
1. Tragen Sie Ihre Lesebrille und schauen Sie auf das Netz im normalen Leseabstand.
2. Bedecken Sie ein Auge.
3. Schauen Sie direkt auf das Zentrum des Netzes mit dem kleinen schwarzen Punkt.
4. Während Sie auf das Zentrum des Netzes schauen, achten sie darauf, ob alle Linien des Netzes gerade, bzw. ob sie in bestimmten Bereichen verzerrt, verschwommen oder unscharf sind.
5. Wiederholen Sie diesen Vorgang mit dem Partnerauge.
6. Erscheinen Linien krumm oder Quadrate verbogen, suchen Sie Ihren Augenarzt auf und schildern Sie Ihre Beobachtung.
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Therapieansätze bisher
Obwohl die altersabhängige "trockene" Makuladegeneration die häufigste Ursache für eine bleibende Sehverschlechterung darstellt, ist die Behandlung dieser Erkrankung bisher wenig erfolgreich.

Bei der feuchten AMD stehen einige erprobte Therapieansätze zur Verfügung. Bereits seit über 20 Jahren kommt der Laser bei der Behandlung der feuchten Makuladegeneration zum Einsatz.
Die Laserbehandlung
Bei der feuchten Form der Makuladegeneration kommt es zur Neubildung von Gefäßen. Diese Gefäßneubildungen werden entweder mittels eines thermisch wirkenden Lasers oder der photodynamischen Therapie verödet, wobei der Arzt entscheidet, welche Methode bei Ihnen den besten Erfolg verspricht.
Transplantation von Netzhautzellen
Eine weitere Möglichkeit ist die Verpflanzung körpereigener Netzhaut. Bei der entsprechenden Operation wird zuerst der Glaskörper, der das Auge zu 80 Prozent ausfüllt, entfernt, um an die Netzhaut zu gelangen.

Anschließend wird die Membranbildung unter der Netzhaut chirurgisch entfernt. Anschließend werden von jenen Teilen der Netzhaut, die der Patient zum Sehen nicht so notwendig braucht, Netzhaut- und Epithelzellen aufgesammelt und in einer kleinen Spritze zentral unter die Netzhaut transplantiert.
Weitere Ansätze
Daneben gibt es eine Reihe weiterer Therapieansätze der AMD (Strahlentherpapie, Makulachirurgie, Netzhautrotation, Mikrochips) der AMD, die teilweise noch in Verwendung stehen oder die erst erprobt werden.
 
 
 
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01.01.2010